Frühling in Neuseeland
9.9.2022 wir fliegen zurück nach Neuseeland und hoffen endlich im Frühling anzukommen. Winter in Neuseeland ist nicht nach unserem Geschmack und tatsächlich ist es Anfang September deutlich wärmer und sonnig. Es wäre zu schön, wenn alles wie geplant klappt. Man bereitet alles minutiös vor, erkundigt sich, rechnet genug Zeit ein damit man am Flughafen sicher nicht zu spät beim Einchecken ist - und es ist gut so.
Wir sind rechtzeitig um 5 Uhr bei der Busstation, nur wenige Menschen sind so zeitig unterwegs, der Bus fährt vor und auf der Anzeige steht Airport, nicht lange, dann wechselt die Schrift auf einen Ort, den wir nicht kennen. Der Fahrer behauptet überzeugt, dass er nicht und auch kein anderer Bus zum Flughafen fahrt, auch nicht mit Umsteigen. Wir können bis Paita mitfahren und von dort ein Taxi nehmen, meint er. In Paita, 20 km vom Flughafen entfernt, dann tatsächlich keine weiteren Busse, wir beschließen mal Auto zu stoppen. Wir haben vergessen wie frustrierend es ist wenn dutzende Autos vorbei fahren, nach einer halben Stunde bleibt endlich wer stehen. Wie immer die ältesten Kisten, ein nettes Pärchen bringt uns direkt zum Terminal. Der Flug hat Verspätung, es geht sich alles gut aus. Einklarieren in Neuseeland- wir geben, so denken wir, alles was wir so mit haben am Formular, welches sie im Flugzeug austeilen an.
Zuerst ein kurzer Schreckmoment, das Laufband mit dem Gepäck ist schon fast leer und unsere Tasche nicht zu sehen, wir haben bei einem anderen Flug geschaut, hier ist nichts angeschrieben. Unser Laufband ist am anderen Ende der Halle und alles ist gut. Bei der Passkontrolle nur eine kurze Diskussion, warum wollt ihr so lange bleiben, kein Rückflug sondern Schiff, trotzdem, hier gibt es nur ein Visum für drei Monate, den Rest muss man natürlich wieder extra ansuchen.
Jetzt heißt es bei der Gepäckskontrolle anstellen, vor uns eine lange Schlange und was man sieht verheißt nichts Gutes. Alles wird auseinander genommen, jedes Kleidungsstück geschüttelt, alles genau untersucht, ein Hund darf schnüffeln und dann die Familie mit einem Berg von Zeug in eine Ecke gestellt. Wie man das wieder in die Taschen bringt? Bei anderen werden alle Schuhe ausgepackt und in eine Desinfektionslösung gelegt, die Passagiere müssen durch ein Desinfektionsbecken latschen, so soll das Einschleppen der Mund-Fußkrankheit verhindert werden. Der Flug kam aus Malaysia. Neukalidonien ist nicht auf dieser Liste, uns bleibt diese Prozedur erspart, aber wir erinnern uns, dass wir unseren Fund der Nautilusschale nicht angegeben haben. Was jetzt tun? Die Schale sieht man in der Durchleuchtung und wenn sie unser Gepäck auch so ausbeuteln, dann fällt sie zu Boden und wir sind dran- empfindliche Strafe, wir wissen noch immer nicht ob sie nicht auch unter den Artenschutz fällt. Dank meiner vorausschauenden Packlogistik fummel ich sie rasch und unauffällig heraus und Robert geht mit dem Tagesrucksack zur Toilette und übergibt sie einem Mistkübel. Schade um das schöne Fundstück. Nach langem Anstellen dann eine recht unkomplizierte, rasche und freundliche Kontrolle, unser Zelt überzeugt an Sauberkeit und auch wir sehen vertrauenswürdig aus, welcome in New Zealand.
Vor der Türe die Suche nach der richtigen Busstation zu unserem Parkplatz im Industriegebiet, bei Tageslicht deutlich einfacher. Das Auto springt an und wir starten sofort zu unseren ersten Terminen, Camper anschauen.
In Auckland gibt es einige Firmen die Camper ausbauen und groß im Geschäft sind. Die, die sie in Facebook anbieten sind natürlich immer gerade verkauft, das was dann rumsteht ist entweder scheußlich oder teuer. Was wir aber bei all dem rein und raus krabbeln aus den Autos spüren ist, dass ein Hochdach den Komfort deutlich verbessert. Nicht so eines in dem man oben schläft, nur ca. 30 cm, 1,60 Raumhöhe und ich kann aufrecht stehen, voila.
Für Samstag vereinbaren wir die Besichtigung einiger privater Vans, die Stimmung hat sich seit Juli deutlich geändert, es scheint wenig Angebot und viel Nachfrage zu sein. Die Grenzen sind offen, Touristen und Backpacker rüsten sich für ihren Neuseelandtrip aus.
Samstagabend haben wir noch immer keinen vernünftigen Camper besichtigt und einige haben noch bei der Anfahrt abgesagt, die Preise klettern stündlich in die Höhe. Was vorher um die 10 000 NZD zu haben war, kostet jetzt zwischen 13- und 15 000 und von der Nähe sieht vieles schrecklich aus was auf den Fotos ansprechend war. Wir schlafen schlecht in unserem Airbnb Zimmer und hoffen auf den Automarkt Sonntagvormittag. Alles zusammen packen und zeitig los, um 08:00 startet der Verkauf und weil wir die ersten sind können wir beobachten wie die Verkäufer ankommen und vom Organisator Zettel bekommen an denen die Preise angeschrieben werden. Bald stehen 15 PKW und zwei Camper da und Armier, der Organisator des Marktes hat in einem Camper sein Büro aufgeschlagen. Aus den zwei uralten Camper werden Sessel, Tische und Kocher ausgegraben und aufgestellt, soll gemütlich und praktisch aussehen. Es dauert nicht lange und Scharen von jungen Leuten entern den Platz, gut zwei Dutzend Interessenten, fast ausschließlich für Camper, da gehen viele leer aus. Wir haben Glück und können den Bürocamper von Armier kaufen, schnell entschlossen bleib ich gleich in der Nähe um das Geschäft zu fixieren. Zu Mittag machen wir noch eine Probefahrt und dann vereinbaren wir, nach der erfolgten Überweisung Ende der Woche den Camper zu holen. Es ist unser Wunschfahrzeug - Toyota Hiace Diesel Automatik mit Hochdach, Kühlschrank, zweite Batterie, Bett, aufklappbar zu Bänken und Tisch, Kocher innen, Fenster zum Lüften und die Tanks für Wasser und Abwasser fix im Boden eingebaut. Das spart Platz im Auto und erspart den ständigen Ausbau und schleppen. Pickerl (Wof) für ein Jahr, bezahlte Steuer, Self contained bis 2025 und die Dieselsteuer, die man per km kauft hat auch noch 1000km gut. Gewöhnungsbedürftig ist der perfekte Innenausbau in schwarz, warum konnte man da nicht eine freundlichere Farbe wählen, auch die Vorhänge sind dunkel, die Polsterung grau. Nachdem wir das Auto ja nicht ewig haben, ergänzen wir alles, was wir noch einbauen in schwarz und grau und nennen es einfach gediegen und edel. Robert haut sich ins Zeug, verbessert die Elektrik, montiert 100 Watt Solar aufs Dach und konstruiert hinter dem Herd noch eine Küchenwand, Gewürzbord und Messerleiste inklusive. Ich kümmere mich um Vordach, Moskitonetze und ein Stück Polsterung muss auch noch ergänzt werden.
Dort und da Hacken um die Jacken aufhängen zu können, Ventilator oder Lampe über Bett oder Tisch und viele Kleinigkeiten, da kann man sich echt austoben. Nebenbei wird am Schiff weiter geräumt, Überzähliges verkauft und Gewand, welches wir nicht mehr benötigen zum Second Hand getragen. Irgendwie ist Aufbruchstimmung, unsere Zeit als Camper kann beginnen.
Es scheint uns zu verfolgen, wir wollen campen und es regnet. Auch diesmal verschieben wir den Start auf Sonntag, da soll es langsam besser werden. Wir starten gegen Mittag bei strömendem Regen, es kann nur besser werden. Tatsächlich gibt es ab und an einige sonnige Momente, doch auch wenn man es sich schön reden will, der Tag bleibt ein Regentag.
Ich hab die Runde schon mit der schlechten Wetterprognose geplant, zuerst gegen West nach Dargaville. Dort gibt es ein sehenswertes Museum über die Geschichte in dieser Region. Nicht nur die Maoris haben hier ihre Vergangenheit, auch erste Siedler haben hier ihr "Gold" gefunden - Gumdiggers. Kauriharz, ein begehrtes Material wurde hier aus dem Boden gegraben, gereinigt und verschifft. Zuletzt wurde das Harz als Rohmaterial für Linoleum benötigt, da wurden Tonnen davon auch nach Österreich verschifft. Die ersten Siedler und Geschäftsleute waren Briten, danach kamen gerade in diese Region viele Dalmatiner, die damals noch zu Österreich gehörten. Einige Lebensgeschichten schildern vom Dienst in der Wehrmacht, dem Aufbruch ins Ungewisse, der harten Arbeit hier als Gumdigger und dem Aufstieg zu Grundbesitzern mit veritablem Weingut. Viele Gebrauchsgegenstände der damaligen Zeit werden hier ausgestellt, für viele exotisch, für uns ein Stück Heimat, denn all die Dinge gab es bei uns zu dieser Zeit. Siemens Nähmaschinen, erste Druckmaschinen, Stubenwägen, Klaviere und Akkordeons und vieles mehr.
Eine zweite Ausstellung befasst sich mit dem Attentat auf die Rainbow Worrior, dem Greenpeace Schiff welches in Auckland 1985 versenkt wurde. Auch diese Geschichte wird mit den Bildern, Filmen, Interviews und Resten des Schiffes wieder lebendig. Greenpeace war damals im Pazifik unterwegs um auf all die kolonialen Missstände und Verbrechen aufmerksam zu machen und die Atomtests der Franzosen in Polynesien und der Amerikaner am Bikini Atoll zu stoppen. Die Franzosen dürfte das so sehr gestört haben, dass sie eines Nachts das Schiff zur Explosion gebracht haben. Dass sie damit Greenpeace zu weit mehr Reichweite und Unterstützung verholfen haben und letztendlich 1995 endgültig mit ihren Atomtests aufhören mussten, war sicher nicht so geplant.
Ein Stück Zeitgeschichte mit erdrückender Aktualität. Wie kann man heute am besten den Wahnsinn der Welt stoppen? Das Thema so brisant wie damals.
Nach einem kurzen Bummel in Dargaville entscheiden wir uns beim Museum am Parkplatz zu campen. 15 NZD die Nacht mit Toilettenanlage, Blick auf den Fluss und den Ort für uns ganz alleine. Von wegen vor buchen, es ist wieder Ferienzeit.
Montagfrüh nochmal in den Ort, denn dort muss Robert seine Identität bei einer AA Versicherungsstelle bestätigen lassen. Diesen Schritt benötigen wir um in den Genuss einer elektronischen Unterschrift zu kommen um damit die Visa für unsere Verlängerung online beantragen zu können. Manchmal sehnt man sich nach Papierkram zum Ausfüllen.
Dargaville ist hier im Westen eine der größeren Städte. Das erkennt man an mindestens zwei Nebenstraßen und einem Countdown und Warehouse und einer Straße mit all den anderen Geschäften. Die AA Versicherung ist hier auch nur ein Computer in der Tankstelle und wenn die Frau uns mit Foto und Passabgleich bedient steht das Tankgeschäft still. Zum Glück hat hier niemand Stress.
Alles erledigt geht es die Straße gegen Norden mit einem ersten Stopp bei den Kai Iwi Lakes.
Es regnet noch immer oder schon wieder, die Seen sind in grüner Landschaft eingebettet, mit Sandstränden und Dünen gesäumt, ein seltsamer Anblick. Es gibt zwei Campgrounds wobei einer nur mit Toilettenanlage ist, diesen nehmen wir zum Übernachten. Es ist Nebensaison und die Büros sind noch nicht besetzt, wenn man es schafft soll man im Internet bezahlen, das erfahren wir beim größeren Campingplatz am anderen Ende des Sees. Weil nachmittags der Himmel hellgrau ist radeln wir einmal um den See herum, ein wunderschöner Track, vorbei an den schönen Stränden und lauschigen Plätzen. Die Seen sind die größten Steppenseen Neuseelands, gespeist von Regenwasser, ohne Zu und Abfluss. Ein Paradies für Wassersport und Angler, die ebenfalls erst gegen Sommer hier eintreffen werden, wir sind auch diese Nacht alleine.
Tag drei geht es weiter gegen Norden, zuerst mit kleinen Sidesteps zu den berühmten Kauris im Waipoua Forest. Den Lookout verpassen wir, der Track ist gesperrt, genauso der Weg zu den vier Schwestern. Wir können lediglich die zwei ältesten und berühmtesten der Kauris bestaunen, Te Matua Ngahere (der Vater des Waldes) und Tane Mahuta (Lord des Waldes) über 1000 Jahre alt. Beide Bäume wurden schon von den Maoris als heilig verehrt, wenn man davor steht weiß man warum. Am Weg durch den Wald stehen schon viele große, eindrucksvolle Kauri, Zwerge im Vergleich zu diesen zwei Riesen. Sie sind so groß, dass man sie nur schwer auf ein Foto bekommt und wenn einer von uns als Vergleich davor steht, hat man noch einen Punkt zusätzlich am Foto. Die Stimmung an dem Ort lässt sich ohnehin nicht einfangen, man kann es nur ehrfürchtig genießen. Neben den gesperrten Wegen gäbe es in dieser Region noch einige Tracks durch die dichten Wälder, das Wetter ist immer noch unbeständig und wir sind froh nicht im Regen herum laufen zu müssen, beschließen daher gleich nach Omapere weiter zu fahren, zu den Hokianga Heads. Dort gibt es ebenfalls ein paar kurze Wege zum Leuchtfeuer und für lohnende Ausblicke über die Klippen, zu den Sanddünen und raus aufs offene Meer. Wenn man die tosende Brandung sieht, kann man sich gar nicht vorstellen, dass hier die ersten Maoris und später auch die Europäer Neuseeland betreten haben. Die Küste hat es aber in sich, gesäumt von Schiffswracks, legt sie Zeugnis von ihrer Gefährlichkeit ab.
Im großen Fjord, dem Hokianga Harbour, sieht man keine Anlegestellen und auch keine Yachten, ob heute noch jemand die Einfahrt wagt bleibt uns verborgen. Der Tag ist noch jung und die Sonne betört uns erstmals mit ihrer Kraft, jetzt schon einen Platz für die Nacht zu wählen scheint uns zu früh, noch dazu ist diese Gegend kein gutes Revier für Freedom Camping. An jedem Parkplatz hängt gut sichtbar ein Schild overnight camping dick durchgestrichen. Wir könnten längsseits neben der Straße parken, das scheint uns etwas zu ungemütlich, da muss es was Besseres geben. Man kann nicht alles haben, das hiesige Museum, welches die Geschichte von Kupe, dem ersten Maori der Neuseeland betreten hat berichtet, lassen wir leider aus.
Die Fähre, die bei Rawene auf die andere Seite des Golfs übersetzt fährt stündlich, wir erreichen sie kurz vor ihrer Abfahrt und sind mit 20 NZD dabei.
Freedomcamping ist gar nicht einfach, die Landschaft ist wunderschön, jedoch eingezäunt, durchbrochen von Einfahrten, öffentliche Parkplätze oder Ausweichen sind echte Mangelware. Auch wenn man darf findet sich so kaum ein Platz. Eine Straßensperre auf der Hauptstraße zwingt uns zurück auf die Nebenstraßen (wollten wir ursprünglich ohnehin fahren), Ziel Ahipara, jener Ort an dem die berühmte 90 Miles Beach beginnt.
Das fahren auf den engen, kurvenreichen Straßen ist anstrengend, Durchschnittsgeschwindigkeit liegt bei 60 km/h, da sind 100 km schon eine gute Tagesleistung, jeder geeignete Platz ist uns ab jetzt willkommen. Tatsächlich finden wir einen Rastplatz mit Tisch und Bänken, Mistkübel und Toilette in Broadwood, einem der Straßendörfer der Strecke. Wie sich am nächsten Tag heraus stellt ist es auch der einzige Platz auf dieser Strecke, den Campground bei einer Farm sehen wir auch nicht angeschrieben, müsste man erst suchen. Ahipara ist wieder eines der typischen Touristenorte, bzw. Zweitwohnsitzgegenden. Mitten am Vormittag wie ausgestorben, kein Zentrum, nicht einmal die übliche Einkaufsstraße mit Cafés, oder wir haben sie nur nicht gefunden. Wir wandern ein Stück die 90 Miles Beach entlang, ziehen uns aber wegen beißendem starken Wind zurück. Die 90 Meilen, die eigentlich nur 90 Kilometer sind, wollen wir weder laufen, noch fahren. Für viele ist es das Highlight hier am Sand entlang zu rasen, Allrad ist empfohlen und wenn man doch im Sand stecken bleibt wird die Bergung teuer. Man könnte die Strecke auch mit dem Fahrrad fahren, aber auch dafür ist sie zu lange und wenn der Sand nicht wirklich fest ist, ist es mit unseren Rädern zu anstrengend. 90 Meilen klingen noch eindrucksvoller, deswegen haben sie den Abschreibfehler wahrscheinlich nicht ausgebessert, in Wirklichkeit sind es 90 km. Der Strand zieht sich über einen langen Bogen, bis er im Meer verschwindet. Die Wellen rauschen heran und brechen sich weiß schäumend, im Hintergrund Dünen, Sand soweit das Auge reicht. Gleich dahinter beginnt es grün zu werden, Weidefläche und teilweise auch Ackerbau, die Humusschicht scheint nicht all zu dick zu sein, überall leuchtet Sand durch.
Auf dem Weg Richtung Norden bleiben wir noch in Kaitaia stehen, der Ort ist eines der Zentren mit jugoslawischer Tradition, eine Fotoausstellung zeigt auch hier wieder den Beginn der Zuwanderung durch Arbeit als Gumdigger und einige Fotos zeigen wie die Hauptstraße seinerzeit ausgesehen hat. Das Wetter bleibt wechselhaft und windig, nicht sonderlich einladend um herum zu laufen, wir entschließen uns gleich mal bis Cape Reinga zu fahren und sondieren am Weg alle Möglichkeiten für unsere nächste Übernachtung. Die Twin Beach Wanderung, die ich gerne gegangen wäre ist leider auch geschlossen, damit fällt mein Plan für den nächsten Tag aus. Wir bleiben an einem sehr schönen Aussichtspunkt über Nacht, absolute Ruhe, der Wind beutelt zeitweise das Auto, Regen prasselt kurz und heftig um vom Mondschein und Sternen abgelöst zu werden. Unser Van hat sich schon bewehrt, wir kochen und essen gemütlich im Auto und sind froh die Türe nur kurz zum Lüften aufmachen zu müssen.
Cape Reinga hat einen schönen Leuchtturm und der Blick auf das offene Meer erinnert uns an das Capo Sao Vicente in Portugal, das Ende Europas mit Blick auf den Atlantik. Hier sieht man den Pazifik und die Tasmansee, angeblich in unterschiedlichen Farben, wir sehen nur schäumende Wellen aus West, der Wind ist so extrem, dass wir uns dagegen stemmen müssen.
Donnerstag ist es wenigstens die meiste Zeit sonnig, nur ein paar Squalls ziehen über uns hinweg und legen auf den ohnehin schon starken Wind noch eins drauf. Wir fahren gleich in der Früh auf den Kapawairawa Campground an der Spirit Bay, eine große Wiese hinter den Dünen mit einem WC Block und ein paar Wasserhähnen. Die 16NZD pro Person bezahlt man wieder über Internet, diesmal schaffen wir es. Wir teilen uns den Platz mit zwei Zelten und drei weiteren Autos und gehen von hier aus ein Stück des Küstentracks auf dem man am Cap Reinga vorbei wandern könnte. Ein schöner Weg zwischen den Dünen oder am Strand entlang, insgesamt sind wir über vier Stunden unterwegs. Es tut gut sich wieder ausgiebig zu bewegen. Am Nachmittag quatschen wir mit einem der anderen Camper, ein junger italienischer Backbacker der uns allerhand von den Vorzügen und Nachteilen des Work and Travel erzählt. Es ist kalt und wir laden ihn in unseren Van zu Café und Kuchen, ein wirklich netter Austausch, könnte unser Sohn Julian sein. Eine wunderschöne Nacht mit Sternen und Mond, durchsetzt mit Wolken. Wir genießen den Ausblick aus unserem Auto, denn unsere Fensterscheiben sind getönt, man sieht gut raus, aber nicht rein, daher brauchen wir nicht unbedingt Vorhänge. In der Früh noch Tee und Café in der wirklich einzigartigen Natur genießen, verabschieden und dann geht's los, ein Stück zurück zu den berühmten Sanddünen. Auch hier ist es einsam, nur zwei weitere Autos sind am Parkplatz und ganz oben auf den Dünen sieht man drei Punkte wandern. Wir suchen den Übergang über den kleinen Bach, finden ihn nicht und beschließen die Wanderung barfuß zu machen. Hose Aufstricken, kurz durchs Wasser und dann rauf auf die erste Düne. Ein wahnsinnig toller Ausblick in alle Richtungen, goldgelbe Dünen dahinter Wiese und Wald, die Sonne blinzelt durch, das Blau von Himmel und Meer macht die Stimmung perfekt. Obwohl es sehr anstrengend ist im Sand zu stapfen laufen wir ausgiebig einige der großen Dünen ab, machen Fotos und Videos, faszinierend das sich ausgerechnet hier so hohe Dünen gesammelt haben. Zur Attraktion kann man sich Bodysurfbretter leihen und an einigen Stellen den Hang hinunter surfen. Der Container wird gerade bei unserer Rückkehr geöffnet, heute wird das sicher kein großes Geschäft, im Sommer ist hier was los.
Auch hier ist über Nacht zu bleiben verboten, wir fahren jetzt mal Richtung Süden, mal sehen in welcher Ecke uns ein nächster Platz zu übernachten einlädt. Schlussendlich bleiben wir in Mangonui stehen, genießen den kleinen netten Ort und das uns empfohlene Fish and Chips Lokal und nutzen den dort ausgewiesenen Parkplatz für die Nacht. Hier treffen wir erstmals auf mehrere andere Camper, der Platz ist über Nacht mit 8 Campern gut gefüllt.
Samstag fahren wir die Küstenstraße weiter, wo immer möglich bleiben wir stehen, wandern Strände entlang, besuchen die wenigen Häfen und Orte und erklimmen jeden Hügel der uns zusätzlichen Ausblick gewährt. So vergeht auch dieser Tag, einfach schön so durch die Gegend zu streifen, dabei bekommen wir ein Gefühl für die Möglichkeiten und Einschränkungen die wir als Freedom Camper haben. Besonders in Städten kann es kompliziert werden einen Platz zu finden und fast überall wo es was zu sehen gibt ist über Nacht zu bleiben verboten. An den Landstraßen gibt es wenig Picknickplätze oder Ausweichen, Neuseeland ist eingezäunt und privat, an das müssen wir uns noch gewöhnen. Whangaroa ist eine kleine verschlafene Marina, hier steht man gut mit seinem Boot, an Land hat nicht mal der kleine Laden geöffnet, Nebensaison bei Wind und Regen.
In der Matauri Bay ist etwas mehr los, der Campground ganz gut besucht und einige sind mit ihren Booten draußen zum Fischen. Eine Gruppe Taucher macht sich auch gerade bereit, hier ist der Tauchspot zum Wrack der Rainbow Worrior. Das Wasser ist so kalt, dass ich mir das nicht als Vergnügen vorstellen kann. Wir wandern auf den Aussichtspunkt und rufen uns an den Schautafeln die Ereignisse von 1985 wieder in Erinnerung.
Am Nachmittag sind wir in Kerikeri und wandern durch den historischen Hafen. Hier stehen die ältesten Missionshäuser der Europäer und auch die Lage der maorischen Pa's sind noch gut zu sehen. Schöne Parkanlagen laden zum Spazieren ein, ein Wanderweg am Fluss entlang führt bis zu den Rainbow Wasserfällen. Leider kann man hier auch nicht über Nacht bleiben, daher gehen wir nicht die ganze Strecke und fahren noch abends weiter bis Kawakawa.
Nicht all zu weit vom Hafen entfernt liegt am Fluss eines der ersten Wasserkraftwerke. Reste sind zu besichtigen und die Geschichte wird anschaulich dargestellt.
1928 sollten hier mehr europäische Siedler angelockt werden, aber die englischen Ladys haben sich geweigert hier her auszuwandern wenn es keinen Strom gibt. Also haben englische Ingenieure das kleine Kraftwerk geplant und zum schaufeln der Wasserzufuhr hier bereits ansässige Gumdigger engagiert, 1929 war dann Eröffnung. Noch gar nicht so lange her, unsere Eltern wären dann hier als Kinder aufgewachsen, wenn ihre Eltern ausgewandert wären.
Kawakawa ist ein besonderer Ort, im Prinzip ein Straßendorf, man würde wahrscheinlich nicht extra stehen bleiben, wenn sie nicht durch Friedensreich Hundertwasser zu einem sehr inspirierten Ort geworden wären. Hier hat Hundertwasser Land erworben, gelebt und es wieder der Natur überlassen und er hat den bewussten Umgang mit der Natur mit Respekt und Bescheidenheit hier auch in die Köpfe der Menschen gepflanzt. Die öffentliche Toilette ist von ihm gestaltet, das Kulturzentrum mit Bibliothek in Anlehnung an seine geschwungenen Formen gebaut und mit Fliesenmosaiken verziert. Die Toiletten und Duschen sind öffentlich, bunt und sauber, Warmwasser gibt es mit Münze und dahinter am Parkplatz sind Camper über Nacht willkommen. So geht es auch, es sollte mehr solche Orte geben.
Jetzt sind es nur noch etwa 80 km bis Whangarei, die Strecke nehmen wir gemütlich am Sonntag und abends ziehen wir schon wieder in unserem Schiff ein.
Eine schöne Runde, wir sind mit unserem Camper zufrieden und bereiten uns jetzt auf den Trip Richtung Südinsel vor.