Südinsel Nordküste
Picton, der Ankunftsort auf der Südinsel erwartet uns mit dem typischen Flair von dem uns alle berichtet haben, die Südinsel ist anders, entspannter, freundlicher.
Nachdem wir uns auf der Nordinsel auch sehr wohl gefühlt haben, konnten wir uns nicht recht vorstellen was da noch anders werden soll und man kann es wahrscheinlich gar nicht richtig beschreiben. Auf der Südinsel leben gerade mal 800 000 Menschen, es gibt nur ein paar größere Städte und viele kleine Orte, Picton gehört zu den kleineren. Der Hafen und die zwei riesen Molen an denen die Fähren anlegen dominieren den Ort. Eine Straße und ein bisschen Häuser, Geschäfte und Betriebe rund herum, ein paar Parks, das war's. Deutlich mehr Cafés, Lokale und Souvenir Geschäfte als anderswo und ein Straßenmusiker schon um 10 am Vormittag. Wir haben Programm, Waschsalon und tanken, dann kann es los gehen, die Panoramastraße, den Queen Charlotte Drive durch die Sounds. Zum Glück bin ich nochmal zur Touristeninformation um mir die Zufahrt zu unserer Wanderung auf den Mt. Stoke zeigen zu lassen, leider ist sie gesperrt und die Wanderung fällt damit gleich mal aus. Unwetter im Winter haben die Straßen so stark beschädigt, dass nur die notwendigsten Strecken, teilweise einspurig zu befahren sind. Stellenweise ist wirklich eine ganze Fahrspur im Abgrund verschwunden und Muren sind notdürftig zur Seite geschaufelt. Später warnt ein Schild das ab 1.11. bis Mitte Dezember die Straße ganz gesperrt wird, man muss großräumig ausweichen. Da haben wir mal Glück und rutschen am 31.10. noch durch, die Ecke bleibt uns dann wahrscheinlich versperrt. Wir kommen nur langsam voran, genießen unzählige Ausblicke und nehmen dann den Aussi Camp Ground direkt am Wasser. Ein perfekter Platz mit Miesmuscheln zum Nachtmahl die wir beim Strandspaziergang einfach ernten mussten.
Am nächsten Tag geht es weiter über Havelock, ein weiterer kleiner Hafen und Muschelhauptstadt. Besonders Greenlippmuscheln werden hier gezüchtet und groß vermarktet, deswegen lachen auch überall Muscheln mit Augen von Simsen und Lokalen. Ab hier wird die Straße breiter und es geht, trotz weiterer Bergstraßen und Schadstellen zügig nach Nelson. Die Landschaft erinnert an die Steiermark, dichte Wälder dominieren die Hügel, nur zeitweise gibt es massiven Kahlschlag und Aufforstung, die hoffentlich gelingen wird, sonst haben sie Karst erzeugt. In diesem Zustand sehen die Berge erbärmlich aus, da hilft der gelbe Ginster der gerade reichlich blüht auch nicht.
Nelson ist hier die größere Stadt und tatsächlich sehen wir erstmals eine gute Abend- und Nachtlokalszene und viele Geschäfte. Es ist wenig los, aber alle sehr gepflegt und einige gut ausgeschilderte Parkplätze fürs freie übernachten. So mögen wir das. Marco hat abends die Fähre gebucht und besucht quasi seine alte Heimat und kann uns einiges hier zeigen. Schön ihn am nächsten Morgen gleich neben uns parken zu sehen. Wir ziehen auch gleich gemeinsam los, zuerst der Hafen, dann die Kathedrale und Innenstadt mit vielen Geschichten zu Lokalen und alten Handelshäusern. Sicher nicht gefunden hätten wir den kleinen Juwelier der den Ring für "den Herr der Ringe" entworfen und erzeugt hat und auch die Sprachschule in der Marco seine Englischkenntnisse für das Permanent Resident Visa erworben hat. Sein Lehrer unterbricht sogar erfreut den Unterricht um Marco zu begrüßen und mit uns ein paar Worte zu wechseln, herzlich, entspannt, deswegen lebt man hier gerne.
Marco bricht bald auf Richtung Motueka, wo sie ihr Haus in Neuseeland erworben haben, ihre neuseeländische Heimat, wir bleiben noch ein bisschen und besteigen den Aussichtsberg, den Mittelpunkt Neuseelands. Schon ein Glück für den Ort dass der hier so günstig liegt. Nelson ist für uns perfekt, können wir mitten in der Stadt bei der öffentlichen Super Loo Toilettanlage um 2 NZD duschen, das Leben kann so schön und einfach sein.
Mittwoch ist es früher als erwartet bewölkt, über den Bergen braut sich dickes Schwarz zusammen und der Wind frischt auf, 25 Knoten und mehr. Kurzerhand streichen wir unsere Radtour am Meer entlang, durchstreifen lieber die Orte am Weg und nachmittags Motueka. Zu unserer Freude gibt es überall Second Hand Läden, wir stöbern Sie durch um noch fehlende Dinge für unsere Reise zu finden. Donnerstag ist es wieder sonnig, sodass wir rund um Motueka und die Küste entlang radeln, so haben wir auch einen Teil des Great Taste Highway gesehen, da wir nicht vier Tage Strecke fahren und Unterkünfte nehmen wollen, bevorzugen wir Runden um am selben Tag wieder bei unserem Auto zu sein.
Für Freitag buchen wir den Wassertaxiservice im Abel Tasman Nationalpark um in die Anchorage Bay zu kommen. Um neun Uhr ist Start, gleich drei Motorboote mit 250 PS Außenborder stehen hinter Traktoren auf Trailern. Kurz erklärt welches Boot wohin fährt, auf Listen kontrolliert ob man auch gebucht hat, einsteigen, Rettungsweste anlegen und los geht's. Mit dem Traktor geht es zur Slipstelle, das Boot wird losgemacht und rutscht sanft ins Wasser. Bei Ebbe muss der Traktor mit dem Anhänger über die weite Sandflächen fahren und das Schiff weit draußen abholen, ein geniales System unabhängig von Ebbe und Flut slippen zu können. Abgesehen vom Transfer machen wir noch einen kleinen Abstecher zu einer sonderbaren Felsformation und zu vorgelagerten Inseln an denen neben Brutplätzen von Vögeln sich auch Robben zur Paarung treffen. In der Ancorage Bay gibt es keinen Steg, das Motorboot fährt so weit möglich zum Strand, klappt die Gangway runter und dann muss man so gut geht auf den Strand springen, was nicht immer trockenen Fußes gelingt. Die Landschaft ist traumhaft, goldene Sandstrände, unberührt, türkises Meer mit dichter Vegetation dahinter. Die Vögel zwitschern und rufen hier besonders laut und Wekas, sind so neugierig, dass sie einem zwischen die Füße laufen. Abends besuchten uns nochmals zwei der niedlichen Vögel, interessierten sich für unsere Pantoffeln und freuten sich über ein paar Häppchen, die wir für die ausstreuten. Der Weg ist angenehm zu gehen, meist den Hang entlang, immer wieder bieten sich Abstecher zu Aussichtspunkten oder Stränden, bei Traumwetter ein echter Genuss. Die Strecke ist mit 13 km angegeben, durch die Abstecher kommen noch etwa zwei dazu, gut, dass wir den ganzen Tag Zeit haben. Fast in jeder Bucht ist ein Campground, in vielen auch die berühmten Huts die man buchen muss. Die Hütten sind toll ausgebaut, Schlafsäle mit Stockbetten, eine Küche, Gemeinschaftsraum. Allerdings muss jeder sein Zeug mitbringen, inklusive Gaskocher, das ist nicht so praktisch, denn so kommt schon einiges an Gepäck zusammen was man dann den ganzen Tag tragen muss. Auch das ist ein Grund warum wir uns für einen langen Tagesausflug entschieden haben. Wenn man die Strände und die Idylle der Camps sieht versteht man aber, dass es toll ist in dieser Umgebung zu übernachten und den Tag gleich am Strand zu beginnen. Auf jeden Fall ist hier alles gut organisiert, ein wirklich gelungener Tag. Richtung Westen geht es steil über den Takaka Hill, ganz oben übernachten wir auf einem Parkplatz mit freiem Blick über das Tal in dem Wein und Äpfel angebaut werden. Die Netze über den Obstplantagen erinnern an das Apfelland um Weiz, überhaupt ist uns die Landschaft sehr vertraut. Was hier wirklich besonders ist, ist der Kontrast von Berg- und Almlandschaft mit nahtlosem Übergang in Strand und Meer. Die Strände sind endlos mit feinem goldenem Sand- Golden Beach ist wirklich nicht übertrieben.
Takaka ist als Hippiedorf bekannt, Samstagvormittag ist Markt und die Leute so bunt wie es sich für Hippies gehört. Das Angebot auf den Ständen passt auch dazu, inklusive Kartenlegern, Musik und Tanz. Soweit man in Lokale und Geschäfte hinein schauen kann ist auch alles sehr bunt, teilweise skurril, auf jeden Fall mit Witz und Scharm. Unsere Übernachtungsplätze werden immer einsamer, wir stehen an einer Flussmündung, direkt am Strand ein paar Kilometer entfernt vom Naturschutzgebiet um Cape Farewell, der Mond scheint in der Nacht unheimlich hell, wir ziehen nur deswegen die Vorhänge zu. Trotzdem sind wir früh munter und noch vor acht am Weg Richtung Leuchtfeuer. Ein Fernblick, Wärme der ersten Sonnenstrahlen, Natur pur, ich wiederhole mich - ein Traum. Von hier oben überblickt man den 35 km langen und 800 Meter breiten Sandstrand (Farewell Spit), der sich seit der Eiszeit, seit 14.000 Jahren kontinuierlich aufbaut und verändert. Umgeben von Sümpfen und Teichen ist hier ein wertvolles Vogelparadies. Die Wanderungen in der Umgebung vermitteln beeindruckend die Weite und Unberührtheit der Natur, wie immer mittels Zaun getrennt vom Weideland, hier bewohnt von Schafen. Der Wanderweg führt sogar ausnahmsweise über die Weiden, die Zäune werden mittels Holztreppen überwunden.
Zurück beim Auto hat sich der Parkplatz schon etwas gefüllt, überfüllt ist es hier derzeit aber noch lange nicht. Hier ist das Nordwestende von Neuseelands Südinsel, ein paar tausend Meilen Wasser bis Australien, bzw. Tasmanien oder mit dem Auto zurück bis Motueka. Dort geht es dann weiter Richtung Süden und nach Westport, die Berge dazwischen könnte man über den Heaphy Track 80 km in mehreren Tagen durchwandern und ebenfalls auf Hütten übernachten. Früher waren das wichtige Wege der Maoris und später europäischer Goldsucher. Heute kann man hier sportliche Herausforderung mit Einsamkeitsfaktor finden.