Guadeloupe
Die nördliche Ecke von Dominika hat es in sich, nicht nur in der Bucht von Portsmouth bläst es deutlich heftiger als südlich davon, Richtung Norden ist so ein richtiger Kap Effekt. Wir bekommen 35 Knoten um die Ohren und dazu hohe eher steile Wellen. Das Groß im dritten Reff, die Genua auch locker auf die Hälfte reduziert geht es aber vernünftig voran und aus der Düse mal draußen geht's dann mit angenehmen 25 Knoten bis auf Höhe der Les Saints. Wie man sich an Umstände gewöhnt, früher wären uns 25 Knoten eher viel vor gekommen, jetzt empfinden wir es als guten Segelwind und sind eher enttäuscht wenn der Wind dann unter 10 Knoten fällt. Er lässt dann auch wirklich noch nach und wir müssen ausreffen um weiter voran zu kommen, schaffen es aber bis Nachmittag nach Pointe a Pitre, Dingi rein ins Wasser und ab zum Anlegesteg in der Stadt, wo wir die Freunde von Julian abholen wollen. Anlegesteg ist zu viel gesagt, die Bucht, die im Buch zum Anlanden beschrieben ist, hat relativ hohe Mauern, mit scharfen Muscheln bewachsen und praktisch nichts, wo man ein Boot anhängen könnte, wir nehmen eine schmutzige Ecke und hängen uns an das Warnschild, schön weggespannt von der schneidenden Molenwand, wir wollen uns ja das Schlauchboot nicht verletzen. Dann das SMS, sie sollen zum Markt Darse kommen, müsste für den Taxifahrer eine bekannte Adresse sein. Wir nutzen die halbe Stunde um uns mal in der Innenstadt von Pointe a Pitre umzusehen und sehen vorerst praktisch nichts, nur verschlossene, verriegelte Fassaden, keine Menschen, keine offenen Lokale, es ist Ostermontag sechs Uhr. Kommt uns irgendwie bekannt vor, Forte de France war ja auch abends um sieben wie ausgestorben, scheint hier so üblich zu sein. Die Adresse ist dem Taxifahrer zwar bekannt, weil dort aber weit und breit kein Hotel ist und auch nichts touristisches hinterfragt er das angesagte Ziel recht genau, auf französisch, was gleich mal eine Herausforderung für unsere Gäste ist. Abgesetzt am menschenleeren Platz erkennen wir die weißen Rucksacktouristen gleich und weil ein kleiner Imbiss beim McD gar nicht möglich ist, rauschen wir gleich zurück an Bord und werfen Nudeln in den Topf. So beginnt die gemeinsame Urlaubszeit recht unkompliziert.

Für den Dienstag ist wieder mal größer einkaufen angesagt, was dann eine recht schweißtreibende Angelegenheit wird. Supermärkte sind ja überall an den Stadtrand verbannt, meist im Industriegebiet, Autobahnverteiler und so, zu Fuß einfach super zu erreichen. Also latschen wir am Rande der breiten Straßen, vorbei an gesichtslosen Wohnblöcken, Werkstätten, Straßenmärkten, suchen uns in den auf Kühlhaustemperatur gebrachten Regalfronten das Notwendige zusammen und flüchten wieder raus in die Hitze. Also es sind 30 Grad, für uns eh ganz erträglich, aber wenn man gerade mal knapp über null gewohnt ist, haut einem das schon ganz schön um und dann kommt gleich mal die erste Röte dazu, so gut kann man sich anfangs gar nicht einschmieren, dass man sich in der Sonne aufhalten kann. Alles im Griff haben wir auch diese Herausforderung gemeistert, niemand hat einen echten Sonnenbrand, zurück an Bord dann rein ins Wasser, was hier am Anker vor der Werft auch nicht der Hammer ist. Es ist zwar sauber genug zum Baden, man sieht aber nicht auf den Grund, es ist eine grüne Suppe, so gar nicht karibisch. Dafür gibt's gutes Gegrilltes am Abend und für den nächsten Tag ist dann eh der Aufbruch geplant, nichts wie weg von hier, Pointe a Pitre ist keine ideale Stadt für Segler, die Marina wäre vielleicht eine Option, wenn man länger bequem liegen möchte, vor Anker ist hier alles etwas unpraktisch, ist aber bei den meisten Städten so, sollte einem also nicht wahnsinnig wundern, eher erfreulich, wenn es mal bequemer geht und man einen Supermarkt in Reichweite hat und halbwegs gut liegt.

Da wir nächsten Sonntag noch einen weiteren Freund erwarten, wollen wir nicht allzu weit vom Flughafen weg, zuerst mal an einen schönen Strand an der Südküste am östlichen Flügel vom Schmetterling  Guadeloupe, Grande Terre. Gosier ist ein überschaubarer Ferienort, man liegt hinter einem sichelförmigen Riff und einer vorgelagerten Insel in türkisem Wasser, Blick auf den Ort, die Insel, Palmen und den weiße Brandungsstreifen, der die Wellen gut abhält. Wir liegen gut, bei bis zu dreißig Knoten Wind, die die nächsten Tage mit heftigen Regenschauern so über uns hinwegziehen auch gut so, man hört das Pfeifen des Windes und das Rauschen der Wellen, die Kette ist maximal gespannt, der Anker tief eingegraben. Das hätten wir uns früher nicht vorstellen können, dass wir unser Schiff bei so einem Wind alleine lassen, in den Ort einkaufen gehen, den Markt besuchen, einen Ausflug machen. Vielleicht war es aber auch eine gute Fügung das Robert recht verkühlt eh die meiste Zeit das Boot und Bett gehütet hat, die Tage zum auskurieren nutzte und wir so das Schiff doch nicht ganz unbeaufsichtigt lassen mussten. Die nächste Bucht, die schön zum ankern beschrieben ist, erreichen wir unter den Bedingungen nicht, bei dem Wetter und krankem Personal bleiben wir erstmal hier. Das Riff ist recht schön zum Schnorcheln, etwas zu seicht, die Insel am Abend ein idealer Ort für die Jugend für kleine Strandpartys mit Lagerfeuer und im Ort bekommen wir auch ein Leihauto für den Sonntag. Die erste Woche vergeht recht rasch und gemütlich, da gibt es außer einer kleinen Verletzung, einer kaputten Taucherbrille und Flosse nichts Aufregendes zu berichten, geht unter Bruch und Schwund. Zum Glück haben wir ja Reservebrillen und Flossen an Bord, dem Unterwasservergnügen steht auch so nichts im Wege. Und was die Verletzung betrifft, die Platzwunde an Annikas Stirn musste nicht mal genäht werden, ordentlich desinfizieren, Verband über die erste Nacht, dann mal nicht gleich nass machen, war die größte Herausforderung, etwas Kopfweh, aber sonst gleich wieder fit. Kontrollblick die nächsten Tage, es heilt gut und es bestätigt sich, dass Patienten eh wissen was ihnen gut tut, jedenfalls hat die Wunde das Wasser recht rasch wieder vertragen.
Das große Highlight in Guadeloupe war dann unsere Wanderung auf den Soufriere, 1460m, Vulkan mit Schwefelquellen. Mit dem Leihauto, welches hier supergünstig war, haben wir gleich eine halbe Inselrundfahrt gemacht, der Vulkan ist nämlich von der Westküste, dem anderen Flügel, Basse Terre, aus zugänglich. Rüber auf die bergige Seite der Insel, die Küste ganz in den Süden und dann von Basse Terre, der zweiten größeren Stadt auf Guadeloupe über St. Claude die Bergstraße rauf bis zum Parkplatz von dem es zur Wanderung losgeht. Wir sind so gegen elf Uhr dort und es kommt uns vor wie wenn hier Wochenende am Badeteich mit Freibier wäre. Die Straße entlang stehen schon massenhaft Autos mehr oder weniger in den Graben geparkt, ständig muss wer zurückschieben um entgegenkommenden Platz zu machen. Wir fahren mal unbeirrt bis zum Parkplatz, dort kann man ja wahrscheinlich umdrehen und sich dann irgendwo in der Autoreihe einen Platz suchen. Zum Glück sind die ersten von ihren Ausflügen schon wieder zurück und wir bekommen einen Platz gleich oben beim Einstieg, ist wie Joker beim Kartenspiel. Rucksäcke raus, Schuhe an und los geht's. Zuerst auf gepflastertem Weg vorbei an einem Vulkanbecken mit warmen Süßwasser, welches zum Baden einladet, dann auf gut ausgebautem weg mit Steinstufen, die zwei Stunden bis zum Gipfel, geht ganz schön in die Oberschenkel und unsere Kondition ist auch gefordert. Die Jugend rennt da recht rasch rauf, ich halte ganz gut mit und Robert hütet noch das Bett, die Wanderung muss er leider auslassen, dafür ist er noch nicht fit genug. Wir haben zum Glück einen recht sonnigen Tag erwischt, der Gipfel ist zwar auch an diesem Tag immer wieder mal im Nebel, aber er ist nicht dicht mit Wolken behangen, immer wieder mal ein schöner Ausblick, mystische Stimmung zwischen Felsen, Spalten, Löchern aus denen es gelb schwefelig rausdampft und stinkt, eben Schwefel. Oben ist es windig und damit doch recht kühl, da hätte man sich fast eine Windjacke mitnehmen sollen, oder halt bei Zeiten wieder runter. Da wird es Meter für Meter wieder wärmer und am Ende der Strapazen wartet ja jetzt das warme Bad, welches wir ausgiebig nutzen. Warmes, weiches, Süßwasser, gut für Haare und Haut, bis wir durchgeweicht sind bleiben wir in dem ca 90 cm tiefen Becken sitzen, so wie in einem Thermalbad. Zurück, kurz die Karte befragt ob sich noch ein lohnender Wasserfall oder was ähnliches ausgeht, ergibt sich nicht wirklich, wir nehmen den McD mit Internet und düsen dann noch zu einem als besonders schön beschriebenen Strand. Auch dort wieder enge Straße mit vielen Autos, Julian muss dreimal zurückschieben und den Entgegenkommenden vorbei lassen, die machen alle keine Anstalten sich aus dem Weg zu wuchten, überfüllter Parkplatz, Glück, dass auch hier schon wieder Aufbruchstimmung ist. Toller Ausflug, gut müde zurück an Bord, essen, rasten und gegen 22 Uhr dann noch zum Flughafen um Stefan abzuholen. Erledigt die Jugend, wir sind dann gerade mal wach um den neuen Gast zu begrüßen, müssen uns auch ausrasten, denn Montag soll es gleich zu den Les Saints gehen, 18 nm segeln, da sollten wir fit sein.

Traumsegeltag, wir starten bei Sonnenschein, über den Les Saints sieht man die Wetterfront, es regnet dort, ein Rest zieht über uns hinweg, ergibt ca 10 Minuten Regen mit der dazugehörigen Flaute, dann geht's weiter und wir segeln wieder Richtung Sonne, tolle Inszenierung, Julian fängt noch einen 2kg schweren Thuna und eine ein Kilo Makrele, das Abendessen ist gesichert und das vorgesehene Schnitzelfleisch wird mariniert und ergibt morgen das Pfannengyros, die Fladenbrote kommen aus unseren Reserven, sind mit uns schon über den Atlantik gereist.

In der Bucht hinter dem Pain de Sucre haben sie Bojen ausgelegt, wir nehmen uns eine, zahlen dafür die 10 Euro pro Nacht, ist ok, wir hängen gut und genießen das wunderschöne Ambiente. Es ist schön zum Schnorcheln, Julian harpuniert einen Kalamari mit wunderschönen großen blauen Augen und auch von Bord aus verlässt uns das Angelglück nicht, Annika angelt einen Red Snapper und Floh eine Pferdemakrele, perfekt.
Und wir treffen Bernd und Birgit von der Rebell wieder, da gibt es einiges auszutauschen, zum letzten Mal sind wir uns in Martinique über den Weg gelaufen, hatten aber keine Zeit für ein Bierchen und einen Tratsch, also diesmal ist ein Besuch bei uns an Bord schon angesagt.

Auch in dieser Bucht bricht die Jugend abends noch zu einem Strandevent mit Lagerfeuer auf, Musik liefert hier eines der Resorts, die bis zwei Uhr nachts Party haben, sie nehmen trotzdem ihre eigene Musik mit und machen halt eine kleine Gegenveranstaltung. In der Früh dann ein kurzer Schreckmoment, vom Strand her riecht es nach Rauch. Irgendwo brennt was, habt ihr das Lagerfeuer auch gut gelöscht, meine Morgenangstfrage? Zur Sicherheit fahren wir mit dem Dingi nochmals zum Strand nachsehen, im Ressort werden gerade Palmblätter verbrannt, entlastet die Jugend, alles ok. Bernd hat für uns heute Früh im anderen Resort dieser Bucht Brot mitbestellt, welches wir auch gleich anschließend holen. Wir brauchen vier Bargetts, Bernd und Birgit eines, das Ressort selbst auch gerade mal fünf, die Verwunderung über unseren Brotbedarf war bei der Bestellung recht groß, der Brotsack dann riesig, aber wir haben zum Frühstück gleich mal drei davon verdrückt, der Rest ist zur Jause und für morgen. Wir wollen noch rüber zur unbewohnten Insel, zum nächsten, lohnend beschriebenen Tauchrevier, da gibt es bis morgen Abend oder übermorgen nichts zu kaufen. Urlaubsorganisation am Segelschiff, für uns Alltag, wir sind da schon recht geübt und nur selten fehlt was oder muss improvisiert werden, ist ein Luxus auf so einer Reise, wir genießen es.

Die Ilet Carbit ist die Ziegeninsel, hier rennen sie, genauso, wie Hühner frei herum, es gibt ein paar Wege zu den drei Gipfeln, Aussichtspunkten und Resten alter Befestigungen, am Strand ein paar Grillplätze, Natur pur. Auch das Riff davor ist spannend zum Schnorcheln. Immer wieder entdeckt man neue bunte Fische, eine Seeschlange und Langusten, die auch den Weg auf unseren Grill nehmen und am Abend dann das ultimative Schauspiel. Neben uns platschen die Fische, hier wird gejagt, oder sie kommen und jausnen unsere Fischresten, die über Bord gegangen sind. Mit den starken Taschenlampen leuchten wir ins Wasser und sehen einige große Fische patrouillieren, sehen aus wie Haie, so 1,5 m groß. Große Aufregung, wenn es da Haie gibt kann man da noch ins Wasser gehen? Julian möchte einen rausholen, wollte ja immer schon mal einen Hai an der Angel, rein mit einem unserer Kalamari, interessiert die Fische nicht, Julian versucht einen mit der Harpune von Bord aus zu schießen und erwischt, zu unserer großen Verwunderung eine riesen Schuppe. Hat dem Kerl also nur ein kleines Loch geschossen und unsere Neugierde ist jetzt erst richtig geweckt, mit 4 cm großen Schuppen kann es kein Hai sein, die haben eine Haut wie Schmirgelpapier, was ist es dann? Unsere Fischbücher machen uns auch nicht schlauer, am nächsten Tag dasselbe Schauspiel, wieder eine Schuppe, aber wir sind sicher, das sind riesige Fische, sicher essbar und aus den Schuppen könnte man die hübschen Vorhänge machen. Reinhard unser Fischexperte, per Mail befragt, weiß das Rätsel auch tatsächlich zu lösen, es sind Tarpune, starke Kämpfer, daher besonders begehrt bei Hochseeanglern, also nichts, was man so nebenbei mal rasch aus dem Wasser holt, vielleicht bekommen wir aber trotzdem mal so einen Fisch an die Angel, jetzt wissen wir wenigstens mit was wir zu rechnen haben. Übrigens, die noch größeren Exemplare in den Flüssen sind als Killerfische bekannt, da findet man allerhand im Internet.

Freitags verlegen wir uns vor den Ort auf der Hauptinsel Terre de Haut, wir müssen ja jetzt langsam mal wissen wann die Fähren zurück nach Pointe a Pitre gehen, sonntags ist Abflugtag. Der Ort ist hübsch, ein netter Touristenort, beschaulich, nicht überfüllt, aber ein bisschen was los und einige Läden. Die Fähre fährt nur Montag, oder wochentags, Sonntag auf jeden Fall nicht, vielleicht ist der Ort deswegen so verschlafen. Also keine Fähre zurück, heißt, wir werden wieder zurücksegeln und damit wir auch verlässlich zu den Flügen in Pointe a Pitre sind, werden wir bereits Samstag bis Le Gosier segeln. Jetzt heißt es auch nochmals rasch zu überlegen, welche Aktivitäten sich noch ausgehen, was wollte man unbedingt machen, zum Beispiel mit dem Mofa die Insel erkunden. Nachmittags zieht die Jugend los, bekommt aber keine Mofas, etwas frustrierend. Sie erkunden dann zu Fuß die Umgebung und hängen ein wenig in den hübschen Bars ab, soll einem schlechter gehen im Urlaub. Wir wandern auf die höchste Erhebung dieser Insel und genießen den Ausblick auf das Archipel, die Weite des Meeres und sehen in der Ferne auch Dominica und Guadeloupe. Samstag gleich zeitig in der Früh verlassen wir die Les Saints, wenn wir bis zu Mittag in Le Gosier sind kann die Jugend vielleicht für Sonntag noch ein Auto bekommen und einen kleinen Ausflug, kombiniert mit den Flughafentransfers organisieren, wäre ein netter Ausklang. Wäre, denn auch Auto gibt es an diesem Sonntag keines, Alternativprogramm, nochmals baden, schnorcheln, welches hier, jetzt im Vergleich zu den Les Saints gar nicht mehr so spannend ist, trotzdem ist hier ein netter Platz und ein gemütlicher Ausklang. Die Flughafentransfers mit dem Taxi sind von Pointe a Pitre sicher leichter zu organisieren, mit Rückenwind geht es bequem ums Ecke rein auf unseren Ankerplatz vor der Werft.
Julian bringt seine Freunde mit dem Dingi zum Place de La Victoire und mit etwas rumfragen lässt sich auch ein Taxi auftreiben. Die französischen Inseln sind sehr europäisch, aber doch ein wenig karibisch, nicht alles funktioniert so, wie wir es von Urlauben in Europa gewohnt sind, bleib flexibel, dann wird sich schon was ergeben.

 

Zum Sonnenuntergang sind wir wieder zu dritt am Schiff, lassen den Tag ausklingen und bereiten uns auf den Weg Richtung Süden vor, Guadeloupe, Pointe a Pitre ist unser Wendepunkt, wir wollen nicht hetzen und noch genug Zeit für die Grenadinen und die Inseln auf der Strecke haben.