St. Lucia
Nach drei Wochen Barbados freuen wir uns schon auf die Überfahrt und auf die nächste Insel, die ja wesentlich karibischer sein soll. Unsere Freunde Karin, Toni und Enzo haben schon im Accrahotel etwas südlich von Bridgetown zum Akklimatisieren eingecheckt und wir treffen uns gleich mal am Sonntag. Leider hat Enzo durch eine noch nicht ganz auskurierte Verkühlung ein schmerzendes Ohr und Fieber von der Flugreise mitgebracht, also ist die erste Station die medizinische Ambulanz um sicher zu stellen, dass kein Loch im Trommelfell ist und doch noch Antibiotika auszufassen. Nachdem Badevergnügen noch warten müssen erkunden wir gemeinsam mit einem Mietauto den Süden der Insel. Barbados gibt landschaftlich wirklich nicht viel her, ist zersiedelt, mit mehr oder weniger landwirtschaftlichen Flächen. Die Strände, an denen man auch ins Wasser gehen kann sind, logischerweise alle an der Westküste, gesäumt von Hotels. Angenehmerweise muss der Strand öffentlich zugänglich sein und man kann sich auch an den schönen gepflegten Hotelstränden gemütlich niederlassen und picknicken.

Am 26.1. dann die Übersiedlung mit Sack und Pack aufs Schiff und endlich Anker auf, kurzer Stopp und Übernachtung in Port St. Charles, ausklarieren und bei etwa 20 Knoten Wind Kurs Richtung Sankt Lucia legen. Wir starten so, dass wir die Strecke über Nacht schaffen und in der Früh Vieux Fort zum Einklarieren erreichen können. Gelingt auch gut, mit Sonnenaufgang ankern wir vor dem Fischerhafen, drei weitere Yachten stehen auf der anderen Seite der weitläufigen Bucht. Hier ist einklarieren sehr kompliziert, man muss zum ca. drei Kilometer entfernten Flughafen zur Immigration, nur der Skipper und wenn dann irgendein Dokument fehlt, womöglich nochmals hin und retour. Robert doch etwas übernachtig von der Überfahrt legt sich nochmals kurz nieder und wir zücken nochmals das Hafenhandbuch um Alternativen auszuloten. Jetzt wo wir aus der Atlantikdünung draußen sind und angenehmes Küstensegeln vor uns liegt werden die seekranken Geister, die wir leider durch die Nacht schippern mussten, wieder fit, wir segeln weiter nach Soufriere, dem nächsten Einklarierungshafen.
Ich überlege mal rasch was es braucht um das Karibikklischee zu erfüllen? Sandstrände mit türkisem Wasser, eingesäumt von Riffen, die ideal zum Schnorcheln und Tauchen sind und da sollte es viele bunte Fische geben, nicht so wie im Mittelmeer, wenige und bevorzugt graues bis farbloses Meeresgetier. Mangrovenwälder und im Hinterland vielleicht noch unberührte Natur, hier sollte es Regenwald sein, freundliche und entspannte Menschen und Reggae-Musik. Die Schattenseiten der Karibik sind aufdringliche Boat Boys, korrupte Beamte und Unmengen an Yachten und Partybooten mit Zwangsbeschallung über die ganze Nacht.

Schon weit vor der Bucht hat uns so ein Schatten in seinem Fischerboot verfolgt und wollte uns an eine Boje lotsen, wir sind aber unbeirrt weit in die Bucht hinein gefahren um anschließend zur Polizei nicht allzu weit mit dem Dingi fahren zu müssen. Bei unserem Manöver eine Boje zu angeln huscht er noch vor den Bug, ideal zum Niederfahren und drängt uns seine Hilfe auf. Uns fehlt noch die Erfahrung, wer was bezahlt bekommt und wo man ablehnen darf, er bekommt schlussendlich 5 EC, was ihm als zu wenig uns mehr als ausreichend erscheint, die Boje kostet uns dann bei dem sichtlich Zuständigen noch umgerechnet 17 Euro. Die anderen mehr oder weniger aufdringlichen Angebote für Wanderungen, Taxis, Restaurants, Müllentsorgung, Früchte und Fisch lehnen wir vorerst dankend ab, kommen uns aber sehr überfallen vor. Dann ein kapitaler Fehler der uns gleich einen arroganten, schikanösen Beamten beschert, wir verlassen alle das Boot und warten nicht, bis der Skipper mit dem Papierkram fertig alle abholt. Beim Ausfüllen der Formulare braucht es Angaben über die Flugtickets, wäre also der Fall von wieder zurück zum Schiff, Crew befragen, ausfüllen und zweiter Anlauf. Dieser Schritt geht problemlos, wir bekommen alle Papiere und Stempel und Robert geht mit entschuldigender Geste zurück zum bereits sehr aufgebrachten Polizisten. Er meint wir haben jetzt ein großes Problem, weil wir illegal an Land waren, etwas weg geschmissen und mit jemanden geredet haben. Er spielt alle Stücke, möchte auch gern was verkaufen und eine Gebühr verrechnen. Blöd, wenn man in der Defensive ist, wir rechnen schon mal mit einer Geldstrafe, kommen aber schlussendlich, dank Roberts Geschick so davon. Der unangenehme Einstieg vergällt uns die Bucht, die sonst ein idealer Ausgangsort für Ausflüge wäre, der seekranke Teil der Crew freut sich auch schon wieder auf festen Boden unter den Füßen, so fällt die Entscheidung bereits am nächsten Tag gemütlich bis zur Rodney Bay, dem Ziel des kurzen Segeltrips zu cruisen. Landschaftlich erfüllt St. Lucia alle meine Karibikwünsche, leider haben wir alle negativen Umstände auch gleich mit dabei, inklusive Beschallung in der Rodney Bay, nicht ganz so aufdringlich wie in Bridgetown verstummt sie meist schon ab zehn.
Die Rodney Bay ist wie ein Binnensee den man durch einen Kanal erreicht, drinnen ist die Marina mit Dingidock und einige Bojen, ebenfalls von der Marina verwaltet. Platz gäbe es drinnen genug, aber heraußen ist auch eine große Ankerfläche auf der bis nach Pigeon Island so ungefähr hundert Schiffe locker verteilt ankern. Es ist ein reges Kommen und Gehen und ein stetiger Dingiverkehr in die Bucht. Auf der Halbinsel stehen noble Villen und Hotels, die besseren haben den Strand gleich dabei, die von der zweiten Reihe müssen ein Stück wandern. Am Ende der Bucht ist die Einkaufsmeile mit allerlei Boutiquen, Supermärkten und Lokalen. Wir ankern vor dem Hotelstrand an dem wir uns auch treffen und gemütliche Tage verbringen. Ein Ausflug nach Pigeon Island, dem historischen Fort an dem Engländer und Franzosen die Insel jeweils verteidigten, führt uns auch hinauf auf den Berg mit wunderbarem Ausblick über die Bucht. Auch hier gab es mehrere Machtwechsel, deshalb haben die Orte französische Namen, die Bevölkerung spricht eine französisch-kreolische Mischung und Amtssprache ist Englisch, ein Dialekt, den man, wenn sie sich nicht bemühen kaum versteht.

Mit dem Leihauto besuchen wir noch die Marigot Bay, Anse La Raye, Canaris und Anse Cochon. Die sehr kurvenreiche Straße führt durch die üppig grüne Insel, mit traumhaften Ausblicken auf die Küste, die Buchten und Orte. Die Abfahrten sind teilweise extrem steil auf holprigen Pisten, ein Erlebnis allemal. Die Menschen durchwegs freundlich, man bekommt einen Eindruck wie knapp touristische Hot Spots und Dörfer in die sich kaum ein Tourist verirrt neben einander liegen. In Canaris ist es besonders ruhig, keine Souveniergeschäfte, kleine Läden, Bars, Fischer und ein Waschhaus am Strand in dem die Wäsche gewaschen, die dann vor den Häusern zum Trocknen ausgelegt wird. Schön die Insel mal von der Landseite aus zu sehen, nächste Woche können wir ja noch mal den einen oder anderen Ort mit dem Schiff besuchen.
An den Strandtagen probieren sich alle mal im Stand-up paddeln, ein Paddelboot und ein Kat kann auch mal geliehen werden. Schnorcheln ist hier nicht der Renner, kaum Fische zu sehen, ist wo anders sicher interessanter. Freitags ist in Gros Islet, dem Stück Dorf und Strand zwischen den Hotels ein Straßenfest mit Grill und Musik, leider können wir dann doch nicht hin, weil es ab Mittag mit bis zu 60 kmH pfeift, Boote durch die Bucht triften und wir so unser Schiff nicht alleine vor Anker lassen wollen. Die Dingifahrt wäre bei der Welle und dem Wind sicher auch ein nasses Vergnügen, nicht gerade spaßig beim Ausgehen. Die Woche vergeht sehr rasch, wir treffen uns auch abends einmal mit Barbara und Christoph von der Segelyacht Taurus, die schon einmal rund herum sind und sind mal auf der Saga zu Gast. Man erfährt immer wieder Interessantes, auf jeden Fall gibt es noch einiges, was wir upgraden sollten bevor wir in den Pazifik segeln, Christoph meint, ist die schönste Gegend, sollte man nicht auslassen.
Jetzt, wo wir schon einige Zeit da sind und einige Informationen von anderen Seglern, aber auch von Land, von der Hotelseite und Preisvergleiche aus den Supermärkten haben, können wir mit den Gebräuchen schon besser umgehen. Hier in der Rodney Bay ist zum Beispiel ein sehr netter Gemüseverkäufer mit urigem Schiff, er fragt freundlich ob man was braucht, hat vernünftige Preise und ist auch nicht beleidigt wenn man mal nichts nimmt. Die Boat Boys, die einem die Bojen vermitteln, passen einem schon am offenen Meer ab, sie haben ein Wettrennen um die Kunden und wenn einer mal an dir dran ist, ziehen die anderen ab, der hat dann das Rennen gemacht. Bezahlt wollen sie so 20 Ec haben, sie sind mit 10 Ec, wie es im Hafenhandbuch empfohlen ist, aber auch zufrieden, oder zumindest protestieren sie nicht und ziehen ab.

Wir haben am Weg Richtung Süden wieder mal Soufriere angesteuert, weil es die Strecke gut teilt und wir bei hoher Welle genau gegen an die letzten zehn Meilen sicher nicht vor Sonnenuntergang schaffen werden. Diesmal wollen wir nicht vor dem Ort, sondern in der Nachbarbucht zwischen den beiden Pitons stehen, werden auch, wie gehabt von Boat Boys hinein begleitet und dann, wollen sie uns an die Begrenzungsboje, an der maximal vier Knoten steht, dranhängen. Kommt uns komisch vor, wir lehnen ab, fahren weiter in die Bucht, sie folgen uns und geben uns dann die einzige noch freie Boje, die, allerdings, so erfahren wir später nicht der Naturparkverwaltung gehört, sondern einem Fischer, der dann halt auch kassieren wird. Und wegen der Sicherheit, wissen sie nicht, hält oder auch nicht, ist unser Risiko, sie kassieren ihre Leinengebühr und verschwinden. Ich schnorchle mal zur Boje, möchte mal sehen an welchem Ding wir da dran hängen. 15 Meter zum Grund sieht man nicht, aber was man sieht ist eine Kette unterschiedlich aneinander geknüpfter Leinen, in der dicke unserer Festmacherleinen an Bord, sollte reichen, trotz heftiger Fallböen, die zeitweise über den Petit Peton herunterpfeifen. Eine ruhige Nacht wird es unter diesen Umständen allerdings nicht, der Trost am Morgen, es war keiner da um was zu kassieren und alles hat gehalten. Eine Boje gibt es noch, rot markiert, reserviert, ein amerikanisches Schiff schnappt sie und dann beginnt das Schauspiel. Sie wurde nicht für ihn reserviert, also muss er weg, er geht aber nicht. So geht's auch, kommt das Naturparkboot und fischt hinter uns eine Boje aus dem Wasser an die der Amerikaner drangehängt wird. Eigenartig, gibt es da noch mehr versteckte Bojen? Muss man nur frech sein um eine zu bekommen? Also wir haben es noch nicht kapiert wie hier der Hase läuft, sollten wir den Boat Boys mehr vertrauen und nehmen was sie uns anbieten?
Kurz bevor alles im Dunkel der Nacht verschwindet kommt eine große maltesische Yacht an die reservierte Boje und die vier Knoten Boje wurde auch noch vergeben. In der Früh geht's weiter Richtung Laborier, ein Fischerdorf drei km nördlich von Viaux Fort, das wir ja nicht unbedingt noch mal anlaufen wollen. Mal sehen ob es sich dort besser liegt und wir eventuell das Schiff auch mal einen Tag alleine lassen können um einen Ausflug zu machen. Auf jeden Fall ist es dort nah genug um Doris und Joachim vom Flughafen abzuholen. Die zehn Meilen haben es in sich, gegen Wind, Welle, die heute zum Glück noch nicht so hoch sind wie gestern Abend und leider auch gegen den Strom, kämpfen wir uns mit 1,5 bis maximal drei Knoten vorwärts. Ein Versuch Richtung Bucht zu kreuzen wird rasch beendet, denn durch den Strom segeln wir nahezu dorthin zurück wo wir hergekommen sind, also wieder umlegen und soweit Richtung Süden, bis wir die geringste Distanz gegen den Wind haben und in die Bucht hinein motoren können. Drei Meilen mit zweieinhalb Knoten, da kommt das Land langsam auf uns zu und wir haben genug Zeit die Riffe zu begutachten, die den Ort umgeben und die Ansteuerung sehr gefährlich machen und Fischernetzen, die an fast durchsichtigen Plastikflaschen hängen, also praktisch nicht zu sehen sind können wir auch noch in letzter Sekunde ausweichen. Wir Ankern in der Bucht nahe dem Ort, hineinfahren ist uns zu heikel. Hier rollt die Welle etwas herein, ein schaukeliger Platz, mal sehen ob unsere Gäste das aushalten, wir sind seit der Überfahrt sichtlich einiges mehr gewohnt. Der Flughafentransfer funktioniert problemlos. Mit einem Kleinbus, der auf der Fahrt noch andere Fahrgäste mitnimmt kostet uns die Extratour zum Flughafen inklusive etwas Warten nur umgerechnet 20 Euro. Zurück am Schiff eine bewegte Nacht, so fallen Entscheidungen, keine zweite Nacht hier, wir segeln nach Soufriere, bekommen Geleit von einem Boat Boy und eine Boje nahe dem Piton. Der Fußweg in den Ort ist überschaubar und jetzt am zweiten Anlauf ist es hier relativ ruhig, wenig Keiler, die Ausflüge verkaufen wollen.

Mit dem öffentlichen Kleinbus fahren wir am nächsten Tag nach Fond Sankt Jacques, dem Ausgangsort für eine Regenwaldtour, die ihrem Namen alle Ehre macht. Es regnet fast den ganzen Tag. Trotzdem eindrucksvoll die üppige Natur, wir ernten Grapefruits, Mangos, eine Kokosnuss, Kaukaufrüchte und Muskatnuss. Nächster Stopp ist Anse La Raye, Freitag zum Fischerfest. Hungrig geht's ab in den Ort, komisch wenig los für ein beginnendes Fest, ein paar Griller werden gerade angeheizt, schaut aber eher nach privatem Grill aus, lokale gibt es nur die kleinen Holzhütten, die häufig Geschäft und Lokal vereinen. In der größten Bar bekommt man zum Beispiel Installationsmaterial und vieles anderes Nützliches. Auf unserem Weg durch den Ort, wir fallen ja als Touristen auf, werden wir angesprochen ob wir bei einem privaten Grill was auflegen lassen wollen, fest gibt es nämlich keines, weil Fastenzeit ist. Wir entschließen uns in eine kleine Bar zu gehen die in einer Vitrine Teigtaschen und anderes gebratenes hat, bestellen Bier, Fladenbrote und Fisch und bekommen den einzigen Tisch mit vier Sessel hergerichtet. Dafür müssen einige andere Gäste aufstehen, ein komisches Gefühl, man ist auch die ganze Zeit beobachtet. Die Nacht beschert uns die erste Gelsenattacke, wollten eh nicht länger bleiben, ein kurzer Zwischenstop in der Marigot Bay, muss man gesehen haben und Sundowner inklusive Ausklarieren in der Rodney Bay. In dieser Woche haben wir das St. Lucia Kontrastprogramm erlebt, vom ursprünglichen Dorf, Hinterland bis zum Hotelstrand eines Nobelressorts mit Schnorchel Hotspot und Touristenzentrum, alles dabei.
Wir verlassen in den Morgenstunden St. Lucia, eine Insel, die sehr karibisch ist und uns sehr gefallen hat.