Werft und endlich Aufbruch, Marquesas

Die Arbeit geht schleppend voran. Ein Tag geht fast für all die Schleif- und Grundierarbeiten drauf und man findet kein Ende, denn dort und da gäbe es was zum Ausbessern. Wir beschränken uns mal aufs Heck und versuchen das so einigermaßen wieder hin zu kriegen. Lackieren wäre ja recht rasch erledigt wenn man nicht so viel ab picken müsste. Auch das Antifouling fürs Unterwasserschiff ist so zäh zum Streichen dass mir nach der halben Fläche die Arme abfallen. Robert übernimmt und walzt den Rest, ich pinsle alle Kanten und Stellen wo man mit der Walze nicht dazu kommt. Ist übrigens auch schwarz und man kann nicht genug aufpassen und hat sich dort und da mitlackiert, geht aber zum Glück ganz gut runter.

Motorservice - Filter und Ölwechsel, kennt jeder vom Auto, ist ja schnell erledigt, oder auch nicht. Beginnen tut der Arbeitstag damit, dass wir alles vorbereiten um eine Wasserkühlung mit Süßwasser, wir sind ja noch nicht im Meer, zu installieren. Dazu muss man den Schlauch vom Filter ziehen und in einen Kübel stecken, dieser wird kontinuierlich mit Wasser aus dem Gartenschlauch nachgefüllt, soweit die Theorie.

Der Schlauch lässt sich nicht vom Filter lösen, müsste man abschneiden und dann ist er zu kurz, also den Filter abschrauben, geht auch nicht, da muss man schon das gesamte Brett abschrauben, wobei natürlich eine Schraube kaputt geht. Dann den Filter samt Schläuchen aus dem Motorraum ausfädeln und in den Kübel stecken. Start-Stopp, es kommt kein Wasser aus dem Gartenschlauch, ist aber aufgedreht. Wir haben den blödesten Tag erwischt, die Aranui V, das Versorgungs- und Kreuzfahrtschiff und die Taboro IX, ein Versorgungsschiff, sind im Hafen und brauchen das gesamte Wasser, da ist kein Druck mehr in der Leitung. Also warten, in ein paar Stunden rinnt es wenigstens langsam nach. Der Motor läuft problemlos, das ist die gute Nachricht und der Ölwechsel und die Filter machen dann auch keine weiteren Probleme, trotzdem ein halber Tag ist weg und wir müde. Wir radeln noch in den Ort und kaufen mal das Wichtigste für die nächsten Monate, denn auf den Tuamotus gibt`s wieder kaum was zu kaufen. Freitag radle ich nochmals in den Ort, denn jetzt gibt es am ehesten auch Gemüse, Joghurt, Käse und so frische Sachen. 30 Eier und  der Laden ist leer gekauft, die Satteltaschen sind voll und ich muss zurück über den Berg. Am Weg sammle ich noch alle brauchbaren Mangos auf, die aber alle gleich verarbeitet gehören, runtergefallen kann man sie nicht lagern. Ein Kuchen versüßt uns den Abend den wir mit Christian und Dagmar von der SY Taitonga verbringen. Sind auch gerade zurück auf ihrer Ovni, da gibt es genug zum Fachsimpeln. Jetzt werden die Abende schon etwas länger, wir haben uns an den Rhythmus hier gewöhnt und sind nicht um drei schon wach. Sechs Uhr früh ist man dann trotzdem auf, denn erstens ist es hell, kühl zum Arbeiten und die Hähne krähen sich die Kehle aus dem Leib. Wir leben hier fast wie auf einem Bauernhof, heute hab ich allein um unser Schiff herum 10 erwachsene Hühner, teilweise mit ihren Küken unterwegs gezählt. Eine brütet seit Tagen direkt unter uns im Wassergraben, ziemlich blöd, denn nach einem kurzen aber heftigen Regenguss steht sie ganz aufgeregt, lautstark gackernd  daneben und bejammert, dass ihr Küken ertrinkt. Ich fische es raus und übergebe es ihr, das arme Kleine kann noch kaum stehen, ist aber gerettet und die Mutter kümmert sich auch wieder gut um ihren Nachwuchs. Am Nachmittag sieht man das Kleine dann schon recht flink hinter der Mutter herlaufen. Ich beobachte die Hühner gerne und denke mir immer wieder, irgendwie schade eines davon umzubringen wegen dem bisschen Fleisch. Mal sehn ob wir das wirklich schaffen würden, auf jeden Fall sind auch all die gefrorenen Hendlkollegen jetzt mal sicher vor mir, ich hab eine Beziehung aufgebaut zu den niedlichen Tieren. Und immer wieder muss ich sie retten, denn sie picken genüsslich mitten auf der Straße an einem Brot und dabei ist letztes Jahr ein Küken überfahren worden. Dumm wie ein Huhn kommt wahrscheinlich daher, die merken sich sowas nicht. Dann gibt es noch den Hund, nicht besonders hübsch aber sehr aufmerksam und anhänglich. Jeder der in die Marina kommt wird mal begutachtet und auch mal verbellt und dann, besonders wenn er was essbares mit dabei hat angebettelt. Wahrscheinlich fällt immer wieder was ab, auch so ein gut konditioniertes Exemplar, der jedem Einbrecher auch aus der Hand fressen würde.

Der Sonntag geht fürs zweite streichen des Unterwasserschiff und alle rauen Flächen mit Kiwigrip (einem speziellen Lack) drauf und weil noch dies und das an Arbeiten offen ist, verschieben wir unseren Krantermin auf Ende der Woche oder auf nach Ostern. Wir wollen vor allem auch noch ein bisschen hier in der Gegend herum radeln oder wandern, bisher sind wir nur in den Ort und wieder zurückgekommen. Robert ist frustriert weil er außer arbeiten und schlafen und das mit einem zunehmenden Muskelkater noch nichts erlebt hat. Das Leben hier ist härter als zuhause, zumindest was die Arbeit betrifft, wenn man fertig werden möchte. Aber wir haben die Freiheit Termine zu verschieben und wir haben danach, unterwegs wieder viel mehr Zeit für uns und um die Seele baumeln zu lassen. Auf jeden Fall scheint man mit selbstgewähltem Arbeitsdruck auch nicht zufriedener zu sein als mit angeschafften. Naja, ich glaub das ist der typische Lagerkoller der einem nach 10 Tagen Yard erwischt.

Nachdem wir unseren Krantermin auf Montag nach Ostern verschoben haben, geht es uns wieder besser. Wir radeln mal so eine Nebenstraße entlang und staunen nur so, welche Anwesen hier so gebaut wurden. Dazwischen normal große Häuser und auch sehr Einfache, wie überall hier alles sehr sauber und gepflegt. Außer Mangos finden wir nichts was wir ernten oder aufsammeln können, Bananen hängen zu hoch und alles ist auch hinter Zäunen, also eindeutig privat.

Dafür bekommen wir in der Marina von einem Mitarbeiter der am Nachbarkat schleift und laminiert zwei Grapefruit und ein andermal Avocados, geschenkt, er will kein Geld, wir bedanken uns mit Mannaschnitten, die sind hier was Besonderes und er freut sich auch sichtlich.

Die meisten Tage arbeiten wir doch und erledigen einiges, was wir sonst an einem Ankerplatz machen wollten. Wir nähen Seitenteile für unser Bimini, da ist es gleich angenehm kühl weil den ganzen Tag schattig, wobei man trotzdem schwitzt das einem die Tropfen in die Augen rinnen. Dank Taitonga haben wir auch ein Muster für den Zwickel der, wenn er dann mal ganz angepasst ist auch den Regen abhalten soll. Zum Zuschneiden nutzen wir wieder die große Fläche im ersten Stock des neuen Hauses, der Segelmacher ist ja immer noch nicht eingezogen, der Boden zwar staubig, aber glatt. Bei uns ist der Zwickel deutlich größer und wir müssen stückeln, denn so groß sind unsere Stoffteile auch nicht. Insgesamt sitze ich volle zwei Tage an der Nähmaschine und das Ergebnis lässt noch immer etwas zu wünschen übrig. Nachdem alles in irgendeine Richtung gebogen ist und wirklich nirgends ein rechter Winkel, kann man nur immer wieder anprobieren und da und dort noch einen Abnäher rein machen. Das neue Hauberl für den Beibootmotor ist dafür ganz schön geworden, schon fast ein Meisterstück und nebenbei hab ich noch ein paar Hosen geflickt und einen Polster umgefüllt. Der Bezug hatte zuviele Stockflecken, die möchte man nicht die ganze Nacht unterm Kopf haben. Zuletzt hat mein Polster noch einen neuen Bezug bekommen. Jetzt reißt die alte Bettwäsche, ein Stück nach dem anderen. Die Sonne, die Handwäsche und die eher ruppigen Münzwaschmaschinen haben sie mürb gemacht.

Die letzten Tage steht ein Pferd hinter unserem Schiff am Hang, angepflockt an einem alten Schiffstrailer der dort lagert. Das Pferd kann mit dem technischen Ding nichts anfangen und wickelt die Leine regelmäßig so rum, dass es sich fast würgt. Zuerst rufen wir Vorbeikommenden zu sie mögen das Pferd befreien, funktioniert gut, dann übernimmt Robert die Rettung und zuletzt muss auch ich nochmal die Leine befreien. Ich pflock das Pferd dann gleich woanders an, denn wer macht den Job in der Nacht und das Pferd scheint auch dumm wie eine Pute zu sein.

Donnerstag ist es dann soweit, wir kommen auf den Trailer und verlassen unseren, schon fast liebgewonnenen Platz über dem Klo. Sie stellen uns mitten am Platz ab, etwas exponiert aber am halben Weg zum Wasser. Jetzt sind Feiertage und danach geht's gleich um sechs Uhr rein, da ist Hochwasser. Freitag nimmt sich Robert ein Herz und beginnt mit der Fehlersuche des Windanzeigers. Wir haben schon ohne ihn leben gelernt, aber gut wär es schon wenn man wieder sieht wie der Wind so bläst. Steuersäule wieder mal aufgeschraubt und Backskiste mit all den Leinen ausgeräumt um die insgesamt drei Lötstellen zu überprüfen. Zwei Drähte werden nachgelötet, die Anzeige bleibt stumm. Jetzt gibt es nur mehr zwei Stellen, am Mastfuß und am Masttop. Robert möchte gar nicht raufklettern und ich weiß nicht was ich mit den Kabeln da oben machen soll, also Mastfuß zuerst. Dort ist alles in Ordnung und bevor wir uns geschlagen geben, ein Wunder, die Anzeige geht wieder. Manchmal hat man Glück und das muss man nutzen und so richtet Robert auch noch die Fernbedienungsbuchse der Ankerwinsch am Steuerstand. Die ist ganz wichtig, denn wenn Robert schnorchelt um mir beim Ankern Anweisungen zu geben, muss ich den Anker bedienen und steuern.

Die letzten Stellen am Unterwasserschiff werden auch noch gestrichen und nebenbei beginnt das große Wegräumen. Stauen heißt ja nochmal alles aufmachen und all die Dinge, die man lange nicht mehr brauchen wird unten rein. Der Freitag ist so auch rasch um, abends kann man dann noch ein bisschen Internet nutzen, ist hier echt Luxus.

Leider begegnen uns seit gestern vermehrt Kakerlaken, die großen Fliegenden, auf der Toilette gleich mehrere und an Deck huschen sie auch an dir vorbei. Gerade eben hab ich eine mit Gift abgesprüht, sie ist im Boden verschwunden und unauffindbar. Hoffentlich verkriecht sie sich nicht irgendwo und wir verschleppen sie uns doch noch ins Schiff. Auf jeden Fall bin ich froh dass wir alle Fenster und die Türe mit Moskitonetzen abgesichert haben, so kommen sie zumindest nicht leicht herein. 

Samstagabend besuchen wir gemeinsam mit Christian und Dagmar die Ostermesse in Atuona und genießen die Stimmung und den schönen Gesang. Leider haben sie unheimlich viel Lesungen, man hat das Gefühl sie wollen uns ein ganzes Buch vorlesen, alles in polynesisch, klingt für uns eintönig, einschläfernd. Dazu räuchern sie was das Zeug hält und kratzt der Hals und zuletzt tränen schon fast die Augen. Nach der französischen Predigt verlassen wir das Fest und begeben uns zum einzigen Lokal zum reservierten Tisch. Voll mit Pizza geht's nur mehr ab in die Werft und aufs Schiff, wir brauchen alle noch unheimlich viel Schlaf.

Sonntag unseren letzten Tag an Land beginnen wir mit der Radtour ins Dorf. Ein letztes Mal die Bierflaschen umgetauscht und dann alle Seitenstraßen ab radeln ob wir nicht doch noch Früchte finden. Und wir haben Glück und füllen unsere Netze mit Grapefruits, Limetten, Maracuja, Papaya, Mango, Sternfrüchten, Brotfrucht und drei Sorten Bananen. Am Weg zu einem Schotterwerk waren die Stauden an einem steilen Abhang, etwas schwer sie zu ernten, aber dafür gehören die Stauden sicher niemandem. Mal sehen wie lange die uns grün begleiten und wann das große Bananenessen beginnt.

Mittags zurück am Schiff kümmern wir uns um die letzten Arbeiten, Wasser füllen, letzte Wäsche waschen, Räder putzen und verstauen und auch sonst wirklich alles fertig zum Ablegen machen. Man erinnert sich, alle Kästen mit Geschirrtüchern auspolstern damit sich Teller und Gläser in der Welle nicht bewegen können. Den Abend lassen wir noch gemütlich bei einem Sundowner bei Dagmar und Christian ausklingen, dann ab ins Bett für eine unruhige Nacht. Schon komisch, dass man immer wieder so nervös sein kann, nicht dass man spezielle Ängste hat, einfach nur so eine Unruhe, vielleicht auch deshalb, weil man nichts mehr machen kann, einfach hoffen, dass alles passt.

Der Wecker geht um fünf, ein Kaffee geht sich noch aus und dann geht alles rasch. Vincent, seine Frau Maria und die Mitarbeiter sind so professionell, dass sie im Halbschlaf alles perfekt handeln. Wir müssen sogar an einem vor der Slipstelle abgestellten Auto und zwei Bootsanhängern knapp vorbei, dann wird der Traktor an die Seilwinde gehängt und ab geht's ins Wasser. Wir schwimmen auf, Vincent gibt das Kommando Motor starten, alles ok, dann los, auf Wiedersehen und gute Reise. Wir hören das piepsen vom Trailer wenn er zurück fahrt, ich konzentriere mich aufs steuern, muss an all den Bojen und Ankerliegern vorbei raus aus der Bucht. Ein letzter Blick zurück, Abschied von einem Platz, der uns sehr vertraut geworden ist, von Menschen, die wirklich tolle Arbeit leisten und hier die polynesischen Ruhe und Gastfreundschaft leben.

 

Wieder im Wasser, Tahoata

Robert ist übel vor Anspannung und das wird auch nicht gleich besser, denn es hat locker zwei Meter hohe Wellen, die seitlich schieben und das Schiff ganz schön schaukeln. So fühlt sich das an, müssen wir wieder neu speichern, aber der Motor läuft ruhig, die Bilge bleibt trocken und dann zieht uns die Genua gerefft bei bis zu 28 Knoten mit 5-6 Knoten raus aufs Meer und durch die Passage zwischen den Inseln. Nach eineinhalb Stunden fällt der Anker in der Hanamoneoa Bucht auf Tahoata. Hier stehen schon sieben Yachten, aber es ist Platz genug und wir wollen uns heute ausrasten und uns ans Schaukeln gewöhnen, dafür ist es hier perfekt. Weißer Sandstrand mit Palmen, klares, angenehm warmes Wasser, Blick aufs Grün der Insel vor uns und aufs unendliche Blau des Pacific hinter uns. Langsam fällt der Druck ab, wir liegen und genießen die Sonne und den Wind, der doch etwas Kühlung bringt, ja genau deswegen liegt man gerne vor Anker und steht nicht an Land, denn heraußen ist es deutlich kühler, das Wasser einladend zum Schwimmen, was wir dann auch gleich tun.

Schwimmen bedeutet hier immer auch schnorcheln und gleich einen Blick auf den Anker werfen, der leider nicht besonders gut liegt. Die Kette ist zwischen mehreren Korallenköpfen zickzack gespannt und der Anker nur zur Hälfte eingegraben. Schräg vor uns ist ein riesiger Sandbereich, dorthin Ankern wir uns dann um, so steht es sich besser und man schläft ruhiger. Die Sonne senkt sich auf den Horizont und verfärbt ihn für kurze Zeit orange, immer wieder ein wunderschöner Moment. Die Nacht wird schön, wir schlafen lange draußen unter dem übervollen Sternenhimmel, bis uns dann ein Regenschauer vertreibt. Obwohl der angesagte Wind bis 20 Knoten weht und auch hier so manche heftige Böe über den Berg runter pfeift steht es sich hier sehr ruhig. So stellt man sich das Leben an Bord vor, wir lassen uns so in die nächsten Tage treiben, basteln und werken so vor uns hin, endlich ohne Druck.

Die ersten Schnorchelausflüge bescheren mir einen leichten Sonnenbrand an den Oberschenkeln und mein Strandspaziergang ist auch eher kurz, weil zwischen den Palmen ein Stacheldraht gespannt ist und Schilder auf privat und betreten verboten hinweisen. Kein Blick also ins Grün der Bucht, nur einmal in der prallen Sonne den Sand auf und ab und dann zurück aufs Schiff. Schade, die Neugierde würde mich ins Landesinnere ziehen, welche Pfade durchbrechen das Grün, auf welchen der umliegenden Hügel könnte man hinauf? Auch die Berge im Hintergrund, an denen sich immer die Wolken verhängen, haben eine fast magische Anziehung auf mich. Hier unerreichbar, trotzdem hat dieser Ort etwas Besonderes und man ist gerne hier. Wir schaukeln entspannt im Schatten bei Musik und Buch, welches für hier und die dahinfließenden Tage vielleicht doch zu schwere Kost ist. Einige Reparaturen stehen noch an, bis Mittwoch haben wir sie uns gekonnt vom Leib gehalten, jetzt sollten wir es langsam angehen. Und auch die Kurzwelle und das mailen über Pactor müssen sich langsam einspielen, denn sonst haben wir auch keine Wetterinfos mehr. Mein Mail an Kerstin mit dem letzten Teil unseres Artikels hat leider eine Größe die das System überfordert. Kurz bevor alles durch ist fallen wir aus der Leitung, die ja gar keine ist. Man sollte besser sagen irgendwo im Universum haben sich unsere Datenpakete verirrt, sind an der Station, die sie uns netterweise weiterleiten sollte nicht angekommen. Also aufteilen in kleinere Mails und nochmals schicken. Auch das funktioniert zweimal nicht und weil immer zuerst alles raus muss kommt auch nichts rein. So vergehen 24 Stunden in denen wir es oft probieren und nichts zusammen bringen. Wie es aussieht gibt es nur ganz früh am Morgen, das verschlafen wir noch und am späten Nachmittag gute Bedingungen. Unsere Entspannung beginnt sich schon wieder etwas zu verkrampfen, die Stimmung beginnt in genervt zu kippen. Die kleine Erfolgsgeschichte einer Notoperation am kaputten Außenlautsprecher wird von einer gescheiterten Inbetriebnahme des Wassermachers getrübt. Der Ersatzteil den wir mitgebracht haben scheint zumindest nicht alles zu sein was unser Wassermacher braucht um wieder zu arbeiten. Sehr unangenehm, eine wichtige Reparatur mit wenig Ideen woran es liegt, einem offenen Boden, entleerten Kasten und einer Betriebsanleitung die wir jetzt von vorn nach hinten und quer durch studieren. Nach zwei Stunden Auf und Nieder und einmal Werkzeug raus und wieder verstauen, geben wir mal auf. Eine Nachdenkpause löst vielleicht unser Problem, nicht dass wir auf eine Wunderheilung hoffen, aber manchmal funktionieren die Dinge beim zweiten Anlauf wieder oder es kommt ein zündender Gedanken. Nebenbei zwitschert die Kurzwelle und nach mehreren Stunden " No answer" geht endlich wieder mal was durch. Jetzt heißt es dran bleiben und hoffen, dass uns nicht gleich wieder das Glück verlässt. Nachdem wir da wirklich nix technisch dran rumschrauben oder verbessern können, heißt es sich dem Schicksal fügen. Warum fällt das so schwer.

Robert sieht schon wieder dunkle Reparaturwolken aufziehen. In den Tagen in denen wir hier liegen sind fast alle Schiffe wieder gefahren und neue gekommen, einen haben sie mit Motorproblemen an einen Ankerplatz geschleppt und gestern ist ein Dingi eingegangen, unschwer am verzweifelten paddeln des Mannes zu erkennen. Unser Motor lacht auch noch vom Heck und überlegt sich ob er uns Probleme machen kann, meint Robert. Wir werden es beim ersten Versuch sehen. Auch diesen Event scheinen wir vor uns her zu schieben, bisher paddle ich mit dem Kajak durch die Gegend und Robert hat das Schiff seit der Werft noch nicht verlassen. 

Freitag raffen wir uns auf und verlegen uns die vier Meilen nach Süden vor den Ort Hapatoni. Ein kleiner Ort, gerade mal etwas über 100 Menschen leben hier und man ankert auch in der Nebenbucht, weil es hier mehr Sandflächen gibt. Fünf Schiffe stehen schon hier, einsam sind die Marquesas nicht mehr, trotzdem genug Platz und wir ankern gut in Sand. In der Nacht bescheren uns Winddreher dann trotzdem ein unangenehmes Kettengeräusch und Rupfen, wir scheinen doch irgendwo mit der Kette an Felsen zu schrammen. Zum Glück beruhigt es sich rasch und wir können bleiben und die Situation in der Früh begutachten.

Die Bucht strahlt etwas seltsames aus, der Kontrast zur weiten Sandbucht könnte nicht größer sein, hier fallen die Berge fast senkrecht ins Meer und die Küste besteht aus schwarzen Felsbrocken, welche ein Anlanden so gut wie verhindern. An den Hang geklebt stehen die Kokospalmen dicht an dicht, dahinter bunt gemischt andere Bäume und die Gipfelregion sind bedeckt von einer Grasmatte. Eine kleine Hütte, sieht eher aus wie ein Unterstand, duckt sich zwischen die Palmen und wir beobachten den ganzen Tag einen Mann, der  zur Quelle mit Süßwasser geht, in der Hängematte schaukelt und Abend Feuer entfacht. Er wohnt hier, denn in die Dunkelheit strahlt das Licht seines Hauses, man hört Stimmen und Musik, die sich angenehm über die Bucht legen. Die Sonne kommt hier erst gegen Mittag über den Bergkamm und die Kurzwelle findet keinen Weg hier raus. Vom Schiff aus betrachtet liegt man hier sehr abgeschieden.

Auch an Land scheinen die paar Kilometer in den Ort anstrengend zu sein. Bei genauer Beobachtung sieht man zwischen dem dichten Grün eine Straße und selten auch mal ein Auto, welches sich so langsam dahin bewegt, dass man den Zustand der Straße eher als Piste bezeichnen kann. Und dann muss es ja an jeder Seite irgendwo über die Hügel gehen, Serpentinen winden sich hinauf, man kann sie nur erahnen.

Im kleine Hafen beim Ort liegen die wenigen Fischerboote und eine alte, ausgebrannte Fähre, eine Marienstatue bewacht das Ambiente und eine rote Fähre verbindet den Ort regelmäßig mit Atuona auf Hiva Oa. Damit ist das Magazin, welches es vor einigen Jahren noch gab verschwunden. Wir sind an einem regnerischen Tag unterwegs, treffen deshalb auch nur ein paar Menschen, kein Kunstmarkt und auch direkt beim Erzeuger müsste man erst finden. Wir sammeln am Wegrand wieder Früchte und besuchen Sonntag noch die Messe. In der kleinen Kirche versammeln sich 30 Leute, die wirklich sehr viel und schön singen. Trotzdem wirkt alles ein bisschen unpersönlich, auffällig, dass viele der Einheimischen sich gegenseitig kaum Grüßen und nach der Messe rasch wieder verschwinden. Keine Geselligkeit nach der Messe, vielleicht haben die das hier nicht nötig, weil sie ohnehin immer Zeit haben und zusammen sind. Wir besorgen uns von einem amerikanischen Seglerpaar noch die neueren Wetterdaten und entscheiden noch Sonntag Richtung Fatu Hiva, der südlichsten Insel der Marquesas aufzubrechen. Was hier wirklich besonders ist, Delfine schwimmen den ganzen Tag in der Bucht auf und ab, manchmal sieht man sie springen, dann Jagen oder langsam vorbei ziehen. Nur wenn man ins Wasser geht um sie zu treffen sind sie weg, am anderen Ende der Bucht.

Um Mitternacht geht's los, es ist sternenklar aber trotzdem recht dunkel, der Mond geht erst um drei in der Früh auf und der Wind bläst mit über 20 Knoten. Endlich frei von der Abdeckung der Insel geht's dann zügig dahin, leider war eine Luke nicht ganz geschlossen und Salzwasser hat sich ins Schiff ergossen. Shit, auch die Polsterung ist nass geworden und auch sonst so ziemlich alles, zum Glück hat der Computer überlebt. Kaum haben wir uns von dem Schrecken erholt kommt das nächste Missgeschick. Der Computer mag es gar nicht wenn er zwei Aufgaben gleichzeitig erfüllen soll, blauer Bildschirm voller Fehlermeldungen und dann endloses checken und Wiederherstellen. Nach über einer Stunde geht er dann endlich wieder. In der Zwischenzeit haben sich unsere Angeln gefangen und verdrillt, eine halbe Stunde entwirren, na heute ist nicht unser Tag.

Trotzdem muss man sagen, ein Traumsegeltag, 15 Knoten Wind, kaum Welle, da ist auch gegen an ein Genuss und die Strecke so überschaubar, dass wir um 14 Uhr den Anker in der Bay of Virgines, oder früher auch Penisbucht genannt, fallen lassen.

 

Fatu Hiva

Wirklich eindrucksvolle Felsformationen vor steilen Bergen, mal sehen wie hier der Wind durchpfeift. Auf jeden Fall sollte die nächsten Tage hier wenig Wind sein, über den Tuamotus zieht ein Sturm, bis 40 Knoten, gut, dass wir noch nicht dort sind.

In dieser fast in jedem Reisebericht erwähnten, angeblich schönsten Bucht der Welt, liegen wir nun mit sieben anderen Yachten. Recht viel mehr haben nicht mehr gut Platz, denn hinter uns fällt der Grund rasch auf 25 und dann auf über 30 Meter ab, für uns zu tief zum Ankern. Man staunt, in den nächsten Tagen sind bis zu 14 Schiffen hier vor Anker und es ist immer noch mehr Platz als im Sommer in Kroatien.

Auch hier wieder ein Kommen und Gehen, interessant wie unstetig die Leute sind, kaum jemand bleibt länger wie zwei Nächte, trotzdem sind wir hier rasch mit einigen im Gespräch. Da ist Simon, ein Einhandsegler der sich von uns Tipps für die Windsteuerung holt weil sie bei ihm noch immer nicht funktioniert und mit dem wir am nächsten Tag den Ort und den Wasserfall erkunden. Der Ort liegt malerisch in dem weiten Tal, Platz genug für Gärten reich an Früchten, ein Bach gibt ausreichend frisches Wasser und die Hänge mit den schroffen Felsen lassen nur den Blick zum Strand und raus aufs Meer frei. Zwischen der grünen Vegetation breiten sich die schwarzen und braunen Felsformationen aus, die der Insel diese besondere Note geben. Die Menschen sind zurückgezogener und wirklich deutlich geschäftstüchtiger als auf den anderen Inseln der Marquesas. Man bekommt gleich Essen für 17 Dollar angeboten, gerne würden sie uns bekochen und auch sonst alles Mögliche gegen Bezahlung. Noch lieber hätten sie Alkohol, den wir aber ohnehin nicht haben, weil wir auch schon zu lange hier in Polynesien sind. Neu Ankommende von Panama sind da eine gute Quelle und deshalb wird jeder einmal zur Sicherheit gefragt. Im einzigen kleinen Laden gibt es tatsächlich kein Brot und auch keinen Alkohol, wir nehmen zwei Kilo Mehl und backen wieder selbst. Am Abend dann geschäftiges Treiben im Ort und am kleinen Hafen, die Taboro IX kommt und rasch wird Ware gebracht und einiges mitgenommen. Das große Schiff passt nicht in den kleinen Hafen, es bleibt weit draußen hinter all den Segelschiffen und eine Art Floss wird beladen dann an Land geschickt. Nach zwei Stunden verschwindet die Taboro wieder Richtung Horizont und morgen wird sie wahrscheinlich schon bei einem Atoll der Tuamotus Halt machen. Auch am nächsten Tag begeben wir uns wieder an Land für eine kleine Erkundungstour und außerdem müssen wir wieder mal einen Gecko aussetzen. Seit der Werft fangen wir immer wieder mal Babygeckos an Bord, irgendwo scheinen sie uns ein Nest hinterlassen zu haben. Sie lassen sich leicht fangen und ich finde sie sollen zumindest eine Chance auf ein gutes Leben haben. Hier an Bord würden sie wahrscheinlich verhungern und außerdem will sie Robert nicht als Gäste durch den Ozean schippern. Wir kommen wieder mit reichlich Früchten zurück, in den Tälern ganz hinten, bevor die Wände steil empor ragen und nahe am Fluss gibt es verwilderte Bäume und Stauden, voll mit reifen Früchten die hier sichtlich nicht mehr geerntet werden. Leider ist mein französisch immer noch nicht gut genug um mich zu unterhalten, hier wird gerne getauscht und da würde sich schon so einiges ergeben. Schuhe zum Beispiel sind hier sehr begehrt, da könnte man ein Paar Turnschuhe gegen einen Holztiki tauschen, ca. 100 Euro im Kaufpreis.

Auf unserer Wanderung nach Omoa, den zweiten Ort der Insel, treffen wir Claude einen Franzosen vom Ankerplatz, den wir schon einige Male am Hafen getroffen haben. Er plaudert gerne und versucht mir sehr nett alles auf Französisch und Englisch zu erklären, wobei sein Englisch etwa so gut ist wie mein Französisch, aber wir unterhalten uns ganz gut.

Der Weg, besser die Straße und Piste geht 17 Kilometer über die Berge in die an der Küste 3 Meilen entfernte Bucht. Der Ausblick von oben ist wunderbar, die Landschaft teilweise sanfte, zart grüne Hügel, dahinter die Felsformationen, die porös in großen Felsen abbröckeln. An der Ostseite hängen die Wolken und alles ist grün und dicht mit Regenwald bewachsen. Man sieht in einen Krater, wahrscheinlich auf den Boden eines der Vulkane die die Insel entstehen ließen, die ausladenden Baumkronen der Mimosengewächse stehen gerade in voller Blüte und dominieren die Hänge, Vogelstimmen erfüllen die Luft. Nach drei Stunden sieht man dann Omoa und steigt in vielen Serpentinen zum Ort hinab. Omoa ist deutlich größer und scheinbar auch wohlhabender als Hanavave mit der besseren Infrastruktur. Claude kennt dort eine Familie und vereinbart für uns um 14 Uhr den Rücktransport per Schiff nach Hanavave, wobei in der Früh die erste Aussage war, dass man bei dem Wind und den in die Bucht brechenden Wellen gar nicht fahren kann. Es ist leider der windigste Tag seit wir hier sind und die Wellen stehen auch bis in den kleinen Hafen hinein und überspülen die Mole, wirklich beängstigend. Wir nutzen die Zeit, besuchen eine Tapawerkstätte (aus Holz wird Stoff erzeugt der dann meist bemalt wird), gehen das sehr gepflegte Tal entlang und bestellen zu Mittag beim Bäcker Baguette. Ab 13 Uhr sitzen wir dann dort und warten mit einer immer größer werdenden Schar Einheimischer, Brot holen ist hier ein Event und man bekommt genau das, was man reserviert hat, keines mehr und ohne Bestellung gar nichts. Danach finden wir uns bei der Familie ein die unseren Rücktransport organisieren wird und auch dort warten wir noch eine gute Stunde bis es endlich losgeht. Wenn schon gefahren wird, dann wird auch gleich was transportiert und so kommen wir um 3000 polynesischen France wieder zurück. Die Frau der Familie unterhält sich mit Claude und sie erzählt uns, dass hier viele Menschen krank sind, viele Schilddrüsenprobleme und auch Krebs haben, wahrscheinlich eine Folge der Atomtests. Für Operationen müssen sie nach Tahiti, oft aber auch nach Neuseeland oder nach Frankreich, unvorstellbar. Auf der Insel selbst gibt es nur eine Krankenstation ohne Arzt und auch keine Apotheke, da muss man zumindest nach Hiva Oa.

Ein toller Tag geht mit einer Regen- Sonnenstimmung und böig pfeifendem Wind zu Ende, das Wetter passt zu all dem was wir heute erfahren haben. So paradiesisch die Insel ist, so ist sie einsam, entlegen und weit weg von Infrastruktur und die Jugend zieht auch weg, wenn sie die Möglichkeit bekommt. Auch scheinen sich hier die Anreize der modernen Welt und Statussymbole den Weg in die Familien zu bahnen, noch unsinniger als sonst wo. In Omoa gibt es bereits 60 Autos, Allrad Pickups für ca. 5km Straße im Ort und eben den 17 km zum anderen Ort der Insel. Auf dem Weg sind uns lediglich zwei Autos begegnet, vor dem Bäcker sind ein halbes Dutzend angefahren um Brot zu holen und auch Kinder wurden von der Schule abgeholt. Jeder Liter Treibstoff kommt in Fässern und wird direkt in die Tanks umgefüllt, es gibt keine Tankstelle. Noch gibt es kaum Autoleichen, in einigen Jahren werden sie dann zahlreich in den Gärten stehen, denn niemand wird sie je wieder abtransportieren.

Gestern waren wir noch bei Mark und Christina auf der SY Savage zu Besuch und wie es auf Schiffen eben ist, geht gerade der Generator ein. Robert hilft bei der Fehlersuche, was sich als ziemlich kompliziert entpuppt. Abends genießen wir bei Ihnen ein tolles Fischessen, sie haben viel gefangen und eingefroren, die Segen der Technik. Wir tauschen Erfahrungen aus, sie sind schon viel rumgekommen und weil sie sowohl spanisch als auch französisch gut können haben sie viel mehr Kontakt in den bereisten Ländern und tolle Erlebnisse.

Samstag kommt die National Geografic und später noch die Aranui V und die Insel bereitet sich auf Tanzvorführungen und Kunstverkauf vor. Das lassen wir uns auch nicht entgehen und besuchen mit all den anderen das Fest. Vorher streifen wir noch durch den Ort und besuchen mit den Schweizern eine Schnitzerfamilie mit denen sie schon Tauschgeschäfte gemacht haben. Und so bekommen wir auch drei Hühnerhälften geschenkt, echt super. Die Tänzerinnen sind typisch polynesischen gekleidet, wunderschön mit Blättern und Blumen geschmückt und die Tänze wie immer lieblich anmutend. Nach den Tänzen löst sich die Gruppe langsam auf und die Kreuzfahrtgäste werden zum Schiff zurück gebracht, Mittagessen steht bei Ihnen am Programm. Wir haben am Nachmittag Martin und Lydia von der SY Cheglia zum Kaffee. Ihr Aluschiff ist moderner und größer als unseres, manche Probleme scheinen aber ähnlich zu sein.

 

Sonntag ist wieder mal Aufbruchsstimmung, gleich vier Schiffe, darunter auch die zwei Schweizer Schiffe verlassen die Bucht, ein kanadisches Schiff kommt an. Auch wir bereiten uns auf die nächste Etappe vor, Montag oder Dienstag werden wir Richtung Tuamotus starten.