Whangarei

 

Sonntag brechen wir auf und segeln fürs erste Mal nur ums Kap Brett, jenen berühmten Felsen mit Loch zu dem alle Ausflugsschiffe hinfahren. Ein Leuchtturm thront auch auf dem letzten Felsen der Küste (Otuwanga) und man fährt sehr eindrucksvoll zwischen dem Kap und den vorgelagerten Felsen (Tiheru und Motukokako) hindurch. Die Küste ist steil, bis zum Wasser dicht bewachsen und wo es etwas flacher ist breiten sich satt grüne Wiesen aus. Interessanterweise ohne Schafe oder Kühe obwohl alle behauptet haben Schafe seine hier überall und zahlreich. Bisher können wir sie fast noch an den Händen abzählen, größere Herden waren nicht dabei. Die Sonne scheint, der Wind bläst schwach, es geht langsam voran. Abends liegen wir dann als einziges Schiff in der Outu Bay umringt von drei kleinen Sandstränden, die, so wie es aussieht, nur vom Wasser aus zu erreichen sind. Robert fiebert ein wenig, eine Verkühlung bei den doch ungewohnten Temperaturen. Wir bleiben an Bord und rasten uns aus, der Blick in die Landschaft ist eindrucksvoll, in der Nacht, die sehr dunkel war, fast gespenstisch. Und es ist ungewöhnlich still, nur selten durchdringt der Ruf eines Vogels oder eine Böe die Stille.

 

Wie vorhergesagt startet der Montag bewölkt mit leichtem Wind, wir brechen zur nächsten Etappe, bis zur Tutukaka Bay auf. Rund um uns immer wieder Regen, wir bleiben trocken und segeln dem schlechten Wetter davon. Um drei Uhr fällt der Anker in der Kowharewa Bay, einer seitlichen Ausbuchtung der großen Bucht in der alle Schiffe liegen. Dahinter geht es zur Marina, die, dem Mastenwald zu schließen, gar nicht so klein ist. Wieder umgeben uns einige Sandstrände, diesmal mit Straßen und Häusern in der Umgebung. Alles sieht gepflegt und teuer aus, man merkt, dass man näher an die großen Städte der Nordinsel kommt. Auf der Straße sind es jetzt gerade mal 29 km bis Whangarei, außen rum etwa das Doppelte. Dies geht als Vorort von Whangarei schon fast durch und Neuseeländer lieben es in Strandnähe zu sein, die Häuser sind groß und modern, offen mit breiten Glasfronten.

 

Auch hier rasten wir und genießen das schöne Ambiente. Der Himmel zieht gegen Abend zu, mal sehn ob wir noch Regen bekommen. Angesagt ist für die nächsten Tage immer wieder Regen, es zieht wieder mal eine Front durch.

 

Kalle und Karin von der SY Moana laufen abends auch noch ein und wir vereinbaren in der Früh die kurze Wanderung zum Leuchtfeuer zu machen. Der Leuchtturm, der nur eine größere Lampe auf einem Sockel ist, steht auf einem vorgelagerten Felsen auf den man bei Ebbe über den Strand kommt. Steile Stufen erleichtern den Abstieg zum Strand und der Weg auf den Felsen ist im Wald gut angelegt. Der Ausblick ist trotz trüben Wetter wunderschön, man sieht weit ins Land hinein und die Küste verblasst in der Ferne und vereint sich mit dem unendlichen Meer. Für mich emotionale Momente, der Abschied vom Meer steht vor der Tür, schon bald liegen wir in einem Fluss in einer Marina und später wieder an Land. Vorbei ist das Schaukeln in einsamen Buchten, das Rauschen des Meeres, die Weite des Ozeans- ich werde es vermissen. An Land ist vieles bequemer aber es fehlen der Horizont und die kühle Luft die draußen immer durch die Haare streift.

 

Zurück am Schiff geht es gleich nach dem Frühstück los zur letzten Etappe. Für heute ist noch viel Wind angesagt, dann soll wieder Flaute kommen, also nehmen wir die bis zu 30 Knoten Rückenwind in Kauf und surfen mit gereffter Genua dem Ziel entgegen. Erst um das Huck (Bream Head) hinter dem sich die große Mündungsbucht des Hatea Rivers auftut, wird es richtig unangenehm. Zuerst kein Wind, dann gegen an, wenig, dann viel und Böen über 40 Knoten. Fliegendes Wasser, spritzende Wellen und kaum Fahrt gegen an. Drohend ziehen schwarze Wolkenwände auf, noch mehr Wind und Regen, das sieht nicht gut aus. Da gibt es nur eines, gleich die erste Bucht, die Smugglers-Caves ansteuern, Anker fallen lassen und abwettern. Insgesamt dauert es keine Stunde, dann strahlt wieder die Sonne und der Wind ist wie abgestellt. Sanft schaukeln wir vor einem wunderschönen Sandstrand mit grüner Wiese und Kühen dahinter. Ein Wanderweg führt hier auch zum Cup das ebenfalls wieder einen Leuchtturm hat.

 

Als uns die Wasserrettung entgegen kommt wundern wir uns, denn ringsum sieht es nicht nach Seenot aus. Schlussendlich bringen Sie ein kleines Schiff in die Bucht welches an der Küste vor den Felsen gelegen ist, sie hatten bei dem Wind keine Chance, also doch eine wichtige Rettungsaktion.

 

Mit dem Abendrot schieße ich noch ein Foto - letzte Ankerbucht für heuer, ich habe mich ans Leben an Bord so gewöhnt, dass alles andere jetzt eine große Umstellung ist. Wir sind ja noch zwei Monate in Neuseeland und auch sicher noch einige Zeit am Schiff, also ist meine Abschiedsstimmung vielleicht verfrüht. Wahrscheinlich scheue ich ein bisschen das Marinaleben, das Wasser ist schmutzig, die Schiffe stehen knapp beisammen und es ist lauter. Das wiegt die Infrastruktur nur zum Teil auf, obwohl wir den Luxus von Waschmaschinen und Duschen sicher genießen werden.

 

Drei Stunden dauert die Flussfahrt, vorbei an der großen Marsden-Cove Marina, Industriehafen und schönen Ankerbuchten, der Fluss ist so breit, dass man glauben könnte auf einem See zu sein. Im letzten Drittel wird der Fluss immer enger und seichter ringsherum Mangroven und später dicht an dicht Werften und Marinas. Hier sind wir also, hier wird unser Schiff bleiben, sieht wie überall nach Arbeit und Staub aus.

 

Der Fluss windet sich in einer S-Kurve, Meander, mit Sandbänken die aus dem Wasser gucken und einer Tiefe um die zwei Meter, zwei Stunden vor Hochwasser, das ist nicht viel. Und dann eines der Highlights der Fahrt, eine Brücke wird für uns geöffnet, die Autos angehalten und wir schieben uns durch die entstandene Lücke. Sieht immer verdammt knapp aus und unter den Brücken hat es auch immer mehr Strömung, also konzentriert durch. Nach unserer Anmeldung über Funk fährt man auf die Brücke zu, welche punktgenau gehoben wird und ebenso schnell hinter uns wieder zugeht. Das ganze dauert keine zehn Minuten. Diese Brücke ist auch ein Kunstwerk, denn der sich öffnende Teil ist einem Angelhaken nachempfunden und die Brücke wird zu ehren der Maoris "Te Matau a Pohe" genannt. In der Nacht ist sie beleuchtet, was besonders gut aussieht. Wir radeln später noch öfter drüber und bewundern den kippenden Angelhaken.

 

Hinter der Brücke geht es ins Zentrum von Whangarei, hier ist die Down Town Marina, Liegeplätze im Wasser direkt an der Stadtprominade, einem Platz mit Uhrenmuseum, Industriebetrieben und den Einkaufszentren. Und direkt am Wasser wird gerade ein Museum nach Plänen von Hundertwasser gebaut, erste bunte Türmchen und eine Rampe sind schon zu bestaunen, sieht gut aus.

 

Wir haben über Telefon unseren Liegeplatz zugeteilt bekommen und können gleich anlegen. Wir haben uns für einen Platz zwischen zwei Pollern (Holzpfosten) entschieden, das hat zwar den Nachteil dass wir mit dem Dingi an Land müssen, dafür stehen wir nicht so in Greifweite zum Land und nicht so eng. Immerhin sind zwischen den drei Bootsreihen noch Fahrstraßen und die Schiffe hinter und vor uns stehen immer Bug an Heck, also man sieht sich nicht in den Suppentopf.

 

Bei der Anmeldung in der Marina werden wir freundlich begrüßt und auch gleich zum abendlichen Event eingeladen. Wir kommen gerade rechtzeitig zum Meet and Greet welches die Marina jedes Jahr veranstaltet. Ein Treffen für Segler, Informationen was man wo bekommt und richten kann, eine super nette Tanzeinlagen von Schulkindern und live Musik. Wir sitzen mit einer Gruppe deutscher Segler zusammen und lernen neue Crews kennen. Das Buffet ist reichhaltig und der Abend schnell vergangen, Kiwis sind keine Nachteulen, zumindest die menschlichen in ländlichen Regionen, denn nach acht ist Sperrstunde und alle ziehen sich auf ihre Schiffe zurück. Angeblich findet man nach zehn kaum noch offene Lokale.

 

Die Idee, dass man es in Neuseeland länger aushalten könnte und auch gerne länger bleiben würde haben fast alle, für Pensionisten aber nicht leistbar, da ist das jährliche hin und her, Pazifische Paradiese und über den Jahreswechsel Neuseeland die beste Option, von einigen schon zigmal gemacht, wir profitieren von dem Erfahrungsschatz. Wenn da nicht diese 1000 Meilen Strecke mit Wetterlotterie wäre und die Saison ohne Zyklone etwas länger, dann hätten wir gar keine Bedenken. So wiegt jeder Erfahrungsbericht von Troubles schwer, denn man muss immer, trotz guter Vorhersagen mit Stürmen und rauer See rechnen, da sind Schäden am Schiff keine Seltenheit. An Schiffsbruch, Rettungsinsel oder Ertrinken will man gar nicht denken.

 

Hier in Whangarei sind wir weit weg vom Meer und bekommen Wetterkapriolen wie Landbewohner mit. Gestern Abend gab es ein Gewitter, erstmals hatten wir Blitz und Donner, jedoch einige Kilometer weg und auch der Regen zog vorbei. Jetzt eben regnet es, seit langem erstmals etwas mehr, jedoch auch nur für 20 Minuten, dann scheint die Sonne wieder und alles duftet frisch.

 

Die Tage vergehen hier rasch, jeden Tag erledigen wir etwas fürs Schiff und drehen Runden durch den Ort und in die Umgebung. Die Segel sind schon beim Segelmacher, nächste Woche bekommen wir Bescheid ob sich die Reparatur noch lohnt, Leinen werden abgeschlagen und gewaschen und wieder einmal wird aus- und umgeräumt um das Schiff trocken und sauber für das Jahr am Yard gut vorzubereiten.

 

Trotzdem sind wir in Urlaubsmodus und viel mit dem Rad unterwegs. Wir besuchen die Abbey Caves, welche uns nicht wegen der Höhlen begeistern, sondern der kurze Rundweg durch eine Almlandschaft mit großen alten Bäumen ist sensationell. Noch eindrucksvoller sind die Rundwanderwege bei den Pukenui Falls, erstmals müssen wir unsere Schuhe mit Bürsten und Desinfektion reinigen- zum Schutz der Kauribäume, die hier zu bewundern sind. Kauribäume gehören wie der Kiwi zu Neuseeland, sie sind die ältesten und größten Bäume Neuseelands und bei den Maori werden sie auch in der Mythologie verehrt. Leider bedroht sie ein Pilz, der zur Wurzelfäule führt und von Wanderern verschleppt wird. Steil geht es in die Schlucht hinein und dann eine lange Brücke in Höhe der Baumkronen, dicht vorbei an den Kaurigiganten. Wenn man so vor den Kauribäumen steht kann man sich gar nicht vorstellen, dass sie durch Pilzbefall absterben können, sie wirken unverwüstlich und stehen teilweise schon über 1000 Jahre hier. Wir haben die Schuhe gut geputzt und so hoffentlich zu ihrem langen Leben beigetragen. Rund um Whangarei gibt es noch viele Wanderwege und auch einige Radwege, hier werden wir noch viel unterwegs sein.

 

Aber zuerst geht es mal los zu unserer ersten Rundreise. Diesmal haben wir unsere Buchungen ganz gut hin bekommen (mit neuem Handy, lokaler Sim-Karte und den passenden Apps, geht's deutlich besser). Über Aukland geht es mit dem Bus nach New Plymouth und Wellington. Von dort dann zurück mit dem Panoramazug- Northland Explorer, eine historische Strecke quer durch einige der Nationalparks der Nordinsel. Überall haben wir ein paar Tage gebucht, so bekommen wir mal einen ersten Eindruck von diesen drei Städten und der Landschaft dazwischen und wir brauchen nicht selbst mit dem Auto zu fahren, immerhin wären das so um die 1500 Kilometer.