Nach Neuseeland

 

Noch sind wir in Tonga, nicht der schlechteste Ort um auf den passenden Wind zu warten.

 

Was braucht es alles um sich rundum wohl zu fühlen. Hier steht stabiles, schönes, warmes Wetter sicher oben auf der Liste, zu Hause im Winter darf es auch kalt sein und Schnee haben. Erst gestern haben wir mit befreundeten Seglern über den Wintersport geschwärmt.

 

Freundliche Menschen und das Gefühl der Sicherheit, hier wird scheinbar nicht gestohlen, niemand sperrt ab, auch die Dingis werden an der Mole nur angebunden und Kanister lässt man drin liegen. In Tonga Tapu, der Hauptinsel im Süden, wo Zweidrittel aller Tongeaner wohnen ist das sicher etwas anders. Dort gibt es Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot und Drogen, so wie in allen Ballungszentren. Hier am Land sind die Inseln dünn besiedelt, ältere Menschen bleiben und Kinder werden oft zur Schule und für die traditionelle Erziehung auf die Inseln geschickt.

 

Hin und wieder etwas Infrastruktur, ein paar kalte Getränke (Bier ist hier wieder leistbar) und etwas frisches Gemüse sind viel wert. Käse haben sie hier kaum, geht auch ohne, momentan ist Fisch fast täglich am Speiseplan.

 

Keine Korruption und dubiose Beamten, der Auftritt der Offiziellen in Neiafu war zwar etwas eigen aber man hatte nicht das Gefühl erpresst zu werden.

 

Der Beamte vom Custom hier in Pangai ist sehr bemüht und freut sich über die Segler die ihm etwas Arbeit und Abwechslung bringen. Gerne verwickelt er einem in einen Small Talk und wenn ihm ganz fad ist, kommt er mit aufs Schiff und lässt sich ein bisschen bewirten. Recht viel Arbeit gibt es hier nicht auf den kleinen Inseln der Ha'apai Gruppe, dafür haben sie auffällig viele Kinder und Schulen. Auf einem unserer Wege durch den Ort sprechen uns ein paar Mädchen an (so um die 8 Jahre alt) und probieren sich in Englisch. Wir tauschen Namen aus, Robert ist fast nicht auszusprechen für die Kleinen, das R scheint in ihrer Sprache nicht gesprochen zu werden. Schön, wenn man zur Belustigung beitragen kann. Schon die zweite Frage ist, ob wir Kinder haben- ja drei - und auch hier die Namen. Und wo arbeitet ihr für die Kinder? Bei uns zu Hause- Europa kennen sie nicht, ich sag Ihnen, dass es auf der anderen Seite der Erde ist, vielleicht haben sie ja schon mal eine Weltkarte gesehen.

 

Uns wird bewusst, dass hier eine der wichtigsten Einnahmequelle im Ausland arbeitende Familienmitglieder sind, wahrscheinlich haben sie erwartet, dass wir in Neuseeland oder Australien arbeiten, das wäre dann normal für sie. Die Kinder verabschieden sich mit good by, lachend. Eine nette Begegnung. Eine andere Begegnung mit Kindern stimmt uns etwas nachdenklich. Ein paar Burschen angeln am Steg und unser Dingi ist für sie natürlich eine Attraktion, gerne würden sie hinein klettern und starten. Im Weggehen beobachten wir sie, kehren noch einmal um und überraschen sie. Allein auf unser Kommen und Roberts Sager" don't touch the boot" ziehen sie gleich die Köpfe ein und schieben ab. Eine vorbeikommende Frau fragt was los ist, wir erklären, dass alles ok ist - nur die Kinder sollen nicht ins Schiff- worauf sie meint, wir können sie ruhig schlagen. Tonga ist noch sehr konservativ mit hierarchischer Gesellschaftsstruktur und Gewalt in der Erziehung gehört hier dazu.

 

Auf den Ha'apai Inseln gibt es ein paar Unterkünfte, kleine Ressorts, eines davon hat fünf Hütten für je 2 Leute, denen gehört dann der Strand exclusiv. Ich recherchiere ein bisschen im Internet, so ab 300 TOP pro Tag muss man rechnen, dafür bieten sie kostenlosen Parkplatz- welch Unsinn, hier gibt es kaum Straßen und überall Platz genug, falls man doch ein Auto leihen würde, was hier gar nicht so leicht sein wird.

 

Was auch Urlauber hier freuen wird ist gutes Internet, für uns nicht nur schön wieder mal mit Freunden und Familie telefonieren zu können, wir haben auch unkompliziert Wetterberichte, Netbanking und was sonst noch so ansteht.

 

Sauberes Wasser, man kann jederzeit vom Schiff aus schwimmen und schnorcheln gehen, ein Genuss. Unberührte Landschaft, hier gibt es beides. Die unbewohnten Inseln sind Natur pur, um die Siedlungen herum der übliche verteilte Mist in der Landschaft und hier auch Müllplätze die regelmäßig abgefackelt werden. Da stinkt es dann nach verbranntem Plastik und Metall bleibt verformt über. Das könnte besser sein, ist aber bisher überall so gelaufen, im Idealfall liegt wenig Dreck herum, aber überall fällt viel an und die Entsorgung ist ein Problem. Nur die großen Inseln haben ein Müllsammelsystem und eine Müllabfuhr, in den kleinen Orten muss jeder seinen Mist selbst verbrennen oder rumliegen lassen. Zum Glück sind sie hier noch weitgehend Selbstversorger, da fällt nicht so viel Plastik an.

 

Die letzten Tage vor unserem Start stehen wir 12 nm südlich von Pangai vor dem Ort Uiha, ein paar Erdpisten zwischen den Häusern und Feldern, einige wenige recht hübsche Häuser, die üblichen großen Kirchen und Schulen, viele rumlaufende Schweine und zwei oder drei Minimagazine. In einem davon geben wir noch die aller letzten TOP aus, drei Dosen Erdnüsse bekommen wir dafür. Wir unterhalten uns ein wenig mit der sehr netten alten Frau, die uns auch Kavapulver, ihr traditionelles berauschendes Getränk zeigt. Können wir jetzt nicht brauchen, sonst wär es schon mal interessant es auszuprobieren. Die Gelegenheit wird sich dann in Fiji ergeben, denken wir und lassen es im Regal liegen.

 

Das Wetter ist sehr wechselhaft, immer wieder eher bewölkt und ein recht rescher Wind, jeden Tag bricht wer auf und zieht Richtung Süden, zuletzt stehen wir alleine in der großen Bucht, ein komisches Gefühl. Wir bereiten uns für Dienstag den 29.10. vor, mal sehn ob die Wahl für unsere Reisegeschwindigkeit passt, auf jeden Fall sollte kein Sturm uns überraschen und nach ausgedehnter Flaute sieht es auch nicht aus. 

 

Jetzt noch etwas vorkochen, alles fertig stauen, Sicherheitsmittel zurecht legen und hoffen sie nie zu brauchen.

 

Kurz nachdem wir die letzten Riffe der Hapai Gruppe passiert haben und im tiefen Wasser Kurs Süd legen, zischt es neben mir. Zuerst denke ich, dass wir an einem der unzähligen Unterwasservulkanen vorbei segeln, die Karte hat viele eingezeichnet, mit Jahreszahl ihres letzten Ausbruchs. Man hat ein wenig das Gefühl auf einem Mienenfeld unterwegs zu sein, 150 nm nördlich ist gerade einer aktiv. Viel besser, Wale verabschieden uns. Zwei große Tiere, blasen abwechselnd Luft, machen einen Buckel, zeigen ihre schwarzen Körper und tauchen dann mit dem schönen Flossenschlag ab. Insgesamt drei Mal zeigen sie sich, leider etwas zu weit weg um sie auf Goprovideos gut drauf zu haben. Die Bilder bleiben im Kopf und das wunderbare Gefühl ist gespeichert.

 

Unsere Reise nach Neuseeland beginnt also gut, der Wind passt auch und wir passieren schon in der ersten Nacht Tonga Tapu. Dann lässt der Wind nach und dreht auf Süd, war das so vorhergesagt? Wir sind verunsichert und laden neue Gripfiles, Südwind bis zum Samstag und erst dann wieder brauchbarer Südost oder Ost. Robert würde am liebsten umdrehen und nochmal in Tonga Tapu auf besseren Wind warten. Ich hoffe, dass wir vielleicht das Minervariff erreichen können und dort, wenn es nicht anders geht noch ein paar Tage warten. Missmutig (Robert) segeln wir Südwest, noch passt die Richtung so halbwegs, ist aber zum Ziel schon mal ein Umweg, der uns sicher mindesten einen Segeltag beschert. Südlich von uns geht gerade eine Front durch und wir hören von Seglern, die in hohen Wellen  mit bis zu dreißig Knoten Wind kämpfen und schließlich wieder vor dem Wind ablaufen, zurück zum Minervariff. So gesehen erwischen wir es gerade doch nicht so schlecht. Am nördlichen Minervariff stehen derzeit 30 Schiffe, das ergibt ein riesiges Ankerfeld, wir sind mittels SSB am Laufenden. Wir bekommen ein bisschen Regen ab, gerade so viel, dass wir unser Schwerwettergewand wieder mal auslüften, Welle und Wind bleiben moderat, wir schaukeln so vor uns hin und unter Tags wird's auch wieder sonnig und warm. Auch der dritte Tag vergeht so mit der Gewissheit, dass wir weit nördlich und dann westlich am Riff vorbei segeln werden, das hatten wir letztes Jahr auf der Strecke nach den Marquesas auch, Zwischenstopp abgesagt, wir segeln durch. Abends funken wir mit Thomas von der SY Saga, die schon seit einem Tag am Riff stehen. 20 cm Schwell macht das Stehen etwas ungemütlich und der ständige Funkverkehr mit all der Nervosität wann man am besten wieder startet, macht alle etwas mürb. Das wäre, glaub ich eh nichts für uns, denn es ist schon so schwer genug Entscheidungen zu treffen und den Plan dann auch durch zu ziehen. Die Unsicherheit, ist für Robert kaum auszuhalten und so ziehen sich besonders die ersten Tage, wie lange dauert es noch, es wirkt endlos. Die ständige Änderung des Wetterberichtes und die Angst in einen Sturm zu kommen reisen mit. Erst vor einigen Wochen ist ein Schiff vor Neuseeland gesunken, die Crew konnte bis auf eine Person gerettet werden, heißt, dass leider Einer ertrunken ist.

 

Vor unserer Abreise haben wir auch überlegt uns von Bob McDavitt, einem Wetterguru ein Routing erstellen zu lassen. Wäre leistbar, ich denke aber es bringt nichts, denn er kann auch nicht hellsehen und er sagt in seiner Übersicht, die er jeden Sonntag ausgibt, dass Fronten so ein bis drei Tage früher durchgehen und stärker oder auch schwächer ausfallen können. Wir hätten einen Schuldigen wenn's gar nicht passt und wir hätten, als passionierte Zweifler ständig Zwiespalt ob wir uns auf den Bob oder unsere Sinne verlassen sollen. So übernehme ich die Rolle der Schuldigen und bin bis jetzt mit dem Vorankommen recht zufrieden.

 

Eine kleine Panne hatten wir an Tag zwei auch noch zu bewältigen. Der Motor war kurz an um bei der Winddrehung das Schiff stabil zu halten. Der Impeller hat sich zerbröselt, der Motor wird heiß, sofort abschalten. Robert tauscht den Impeller aus, was nicht allzu lange dauert, gut, wenn man die Dinger schon mal in der Hand gehabt hat und weiß auf was man achten muss. Letztes Jahr wurde die gesamte Pumpe ausgebaut und ersetzt, die alte hat Robert zerlegt und serviciert, sie fährt als Ersatzteil mit. Ein Startversuch gelingt, es kommt wieder Kühlwasser aus dem Auspuff, ein ungutes Gefühl bleibt, was war die Ursache und passiert es beim nächsten Motorstarten wieder? Ich hoffe, dass wir den Motor erst in Hafennähe wieder brauchen und wenn er dann nicht funktioniert könnten wir uns rein schleppen lassen. Neuseeland ist so gesehen wirklich ein besonders Ziel, weit südlich, für uns wahrscheinlich der Wendepunkt, alles andere ist wieder näher an Europa, also quasi der Rückweg.

 

Freitag der 1.11., Tag vier auf der Strecke bringt uns gut voran. 124nm Etmal, 200 Grad, wir segeln genau zwischen unseren Routen, die wir uns auf der Karte eingezeichnet haben dahin. Die Welle wird immer kleiner und die Schiffsbewegungen sanfter. So segelt es sich gut und wie auf allen längeren Strecken ist es besser nicht ständig zu rechnen wie weit es noch ist, wir kommen kontinuierlich dem Ziel näher, aber es wird noch dauern, auch für diese Strecke brauchen wir länger als wir uns das so erträumt haben. Wir hören in der Früh und am Abend den Funk, unsere Verbindung zur Außenwelt, sonst sind wir ja wieder vollkommen allein auf unserer Scheibe unterwegs. Tagsüber scheint die Sonne und es ist angenehm warm, in der Nacht nur kurz die kleine Mondsichel über dem Horizont, dann leuchten die Sterne, es ist erstaunlich hell. Freitag Früh sind 25 Schiffe aus dem Minervariff gestartet, alle mit Wetterinformationen, so wie wir oder auch Routings. Man kann allerdings nicht einfach so sagen, wenn die fahren passt es, denn die Meisten sind deutlich schneller als wir und damit haben sie vielleicht Flaute wenn wir noch Wind haben oder sie segeln schon rasch mit dem nächsten Wind, wenn wir noch in der Flaute tümpeln. Die Namen der Schiffe, die sich am Funk melden kennen wir alle, mit manchen haben wir schon geplaudert und  SY Saga, unsere Freunde sind auch wieder unterwegs. Die Seglerfamilie zieht wie die Zugvögel Richtung Süd, der Pulk etwa 30 Meilen östlich von uns. In Opua wird man alle wieder treffen, 30 Schiffe in ein, zwei Tagen einklarieren, da sind die Behörden ganz schön gefordert.

 

Samstag, 2.11., kurz nach fünf beginnt es hell zu werden, dann ein wunderschöner Sonnenaufgang, ein paar weiße Wolken, Wind um die 12-15 Knoten, ein strahlender Tag begrüßt uns und der neue Wetterbericht meint, es wird so bleiben. Die hohen Wellen, rote Flächen auf den Wetterkarten, die wir gestern vielleicht noch abbekommen hätten sind heute bereits gelb und grün, also kaum Welle und die Flaute scheint auch kleiner zu werden. Alles in allem fast eine bessere Prognose als gestern, nur die ständige Änderung macht es nicht einfacher sich über die guten Nachrichten zu freuen, denn morgen wird es, so sieht es aus, wieder anders sein. In der Früh krachen wir mal zusammen, Robert der Pessimist und ich, die die ständig schlechte Stimmung nicht mehr aushaltet. Man ist eng zusammen, obwohl man ohnehin  auch viel alleine ist, denn einer schläft ja meist, während der andere wacht und hin und wieder ein bisschen was an den Segeln oder der Windsteueranlage nachbessert. Trotzdem Anspannung, Schlafmangel und derzeit heftige Schiffsbewegungen mit dem dazugehörigen Lärm zehren am Gemüt. Zum Glück können wir nach einem emotionalen Gewitter auch wieder lachen und so starten wir dann doch wieder versöhnt und friedlich in den fünften Segeltag.

 

Sonntag, 3.11., prinzipiell ein guter Segeltag, die Richtung stimmt, voll gerefft liegt das Schiff gut in der Welle und 6 Knoten Fahrt sind echt erfreulich. Und schon wird auf der Karte die neue Linie zum Ziel gelegt, unter 500 nm, wir haben schon mehr als die halbe Strecke geschafft, das hebt die Stimmung, genauso wie frisches Brot und eine warme Mahlzeit, auch wenn es mühsam ist sie bei den Schiffsbewegungen zu erzeugen.

 

Gegen Abend lassen der Wind und auch die Welle wieder nach, wir reffen Schritt für Schritt aus und haben dann zu Beginn der Nacht wieder Vollzug stehen. Ich darf schlafen gehen, Robert wacht, wir fahren wie auf Schienen, die Wellen säuseln jetzt nur noch und selten schlägt eine wieder laut und hart gegen den Rumpf oder das Schiff knallt zitternd in ein Wellental. Da ist man dann wieder wach, so gut kann man gar nicht schlafen, dass man das nicht mitbekommt.

 

Gegen 23 Uhr dann der Weckruf, Veronika schnell wir müssen die Genua weg reffen, wir haben einen Riss im Topbereich. Gemeinsam ist das schnell erledigt, doch komischerweise steht sie auch auf halbe Größe gerefft nicht mehr gut, sie macht komische Falten. Also ganz weg rollen, mehr lässt sich in der Dunkelheit jetzt nicht machen und morgen bei Licht den Schaden begutachten und richten, na fein.

 

Mit Groß und Fock segeln wir so mit vier Knoten oder auch weniger dahin, immerhin wir segeln und verlieren nicht gleich eine ganze Nacht, denn Samstag sollten wir spätestens ankommen, da ist nicht viel Spielraum.

 

 

 

Montag, 4.11. ich starte meine Morgenschicht gleich mit der Schadensbegutachtung, das Schothorn ist gerissen, das Segel ist daher schon um einen guten Meter runtergerutscht und so etwas faltig aufgewickelt. Den Riss kann man jetzt nicht sehen. der zeigt sich erst wieder wenn das Segeln ausgerollt ist. Auf jeden Fall ist klar, dass ich in den Mast muss um den oberen Teil der Rollanlage und das Genuafall herunter zu holen. So gegen Neun, Robert ist gerade aufgestanden, besprechen wir die anstehende Arbeit und auch die Option die Genua bis Neuseeland einfach zu vergessen. Ich bin dagegen, denn bei dem wenigen Wind der noch mindestens zwei Tage angesagt ist brauchen wir sie unbedingt, sonst müssten wir alles unter Motor fahren und wer weiß ob der das aushält. Die Kombination der Schäden, die wir auf dieser Strecke zu verzeichnen haben ist blöd.

 

Gesichert mit Klettergurt am Spifall besteige ich mit einer Leine den Mast, hänge sie an der Rollanlage ein, ein Versuch ob sie sich bewegt, ok, ich komm wieder runter. Nächster Schritt, Genua ausrollen und runterziehen, dabei aufpassen, dass sie nicht über Bord geht.

 

So funktioniert es nicht, denn der Rollteil dreht sich mit dem Segel mit und unsere befestigte Leine wickelt sich um das Segel, was natürlich das Ausrollen verhindert. Da hilft nichts nochmal rauf, die Leine wieder weg, zuerst das Segel ausrollen und dann das Fall runterholen. Insgesamt bin ich dann dreimal im Mast, mit der neuen Erkenntnis, dass es durch die stabile Lage bei der langsamen Fahrt nicht ungemütlicher ist als auf einem Ankerplatz. Einmal kommt sogar die Kamera mit für ein Bild von oben.

 

Zwei Stunden kostet uns der Rest der Reparatur dann noch, Riss kleben, Schothorn wieder annähen, Segel wieder setzen und - Voila - wir geben Gas, 5-6 Knoten statt müden 3-4.

 

Die Sonne scheint, die Stimmung ist wieder gut, wer geht jetzt wieder schlafen?

 

Dienstag, 5.11., den Rest vom Montag hat der Südostwind gut durchgehalten, die Welle wurde immer weniger, wir konnten zeitweise 7 Knoten segeln. So haben wir dann auch wieder etwas aufgeholt und konnten ruhig in der Nacht mit immer schwächer werdenden Wind langsam weiter segeln. Die Tage werden jetzt deutlich länger und auch das Abendrot verfärbt den Himmel großflächig und lange. Erst um 20:30 wird es dunkel und der Mond leuchtet mit einem Lichtkegel auf die ruhige dunkle Fläche. So schön kann segeln sein, die Nacht ist wieder deutlich wärmer als die vorherigen, es feuchtelt und in der Früh ist alles durchnässt vom Morgentau. Im Osten geht die Sonne auf, wieder ein schönes Schauspiel, ich liebe es, es ist eines der Dinge, die man nur hier draußen auf See so intensiv erlebt. Bald ist es warm und die Sonne taucht das Meer in eine glitzernde Fläche. Heute tanzen Sterne über das Meer, ein Albatross schwimmt wie eine Badeente hinter uns her, wir stehen fast, jetzt ist Flaute. Eingetaucht in die sagenhafte Ruhe duftet es schon nach dem frischen Brot und der Eiaufstrich ist auch schon fertig, dazu Tomaten.

 

Unser Speiseplan richtet sich nach all dem, was noch gegessen gehört, weil man es sonst in Neuseeland entsorgen müsste. Noch haben wir vier Tomaten, eine Zwiebel, fünf Eier, etwas Trockenmilch und Butter. Der Rest ist haltbares Essen in Dosen oder Nudeln, fix verpackt, die sollten kein Problem sein, nur Frisches wollen sie nicht und keine Milchprodukte.

 

Nach einiger Zeit Dahintreiben starten wir dann doch mal den Motor und lassen uns langsam über die Fläche schieben. Etwas Ruß kommt aus dem Auspuff, wir sollten auch mal wieder schneller fahren, jetzt aber nicht, die Segel ziehen etwas mit, Motorsegeln nennt man das.

 

Am Nachmittag kommen die Segel dann runter, null Wind, da ziehen sie auch nicht mehr mit und flappen wollen wir sie nicht lassen. Das Meer wird spiegelglatt, blaue Strahlen weisen in die unendliche Tiefe und immer wieder schwimmen Spanische Galeeren vorbei. Diese hochgiftigen Quallen sehen hübsch aus, wir Fischen zwei mit dem Netz heraus um sie näher betrachten zu können. Dabei kommen zwei silberne Asseln und ein kleiner Fisch mit. Wir bekommen eine  Vorstellung was in dem klaren Wasser so alles schwimmt, da ist ganz schön Leben drin.

 

Der Motor läuft rund und verlässlich und wir tuckern so, nach einem feudalen Nachtmahl, wir essen von Tellern und haben ein Glas Wein nebenbei stehen, in die Nacht. Wann kommt endlich der versprochene Nordwind?

 

In der Nacht nicht, um zwei Uhr stellen wir den Motor aus und lassen uns treiben, gehen beide schlafen, über einen Knoten Strom schiebt uns bis in der Früh immerhin fünf Meilen in die richtige Richtung.

 

Mittwoch 6.11., wieder beginnt der strahlende Tag mit einem sensationellen Sonnenaufgang, sonst ist alles beim Alten, wir starten den Motor und mit Cafe und Tee in den Tag.

 

Um 10 Uhr setzen wir den Gennaker, ein Hauch von 6 Knoten Wind soll uns ein wenig voran bringen, wir schaffen knapp fünf Knoten Fahrt - ausreichend um am Freitag anzukommen.

 

In der Früh zieht ein Orca Wal hundert Meter am Schiff vorbei, mehrmals zeigt es uns seinen Rücken, ein unglaublich großes Tier, beeindruckend.

 

Wenn man rasch was per Kurzwelle verschicken oder abrufen möchte geht's besonders schleppend. Fast den ganzen Vormittag benötigen wir um ein Mail zu beantworten und den Wetterbericht zu laden.

 

Die angesagten 15 Knoten Wind hat es dann pünktlich vor der Dämmerung, so können wir noch vor der Nacht Groß und ausgebaumte Genua setzen und platt vor dem Wind durch die Nacht schaukeln. Bis in die Morgenstunden funktioniert das auch ganz gut, dann lässt der Wind wieder aus und der Hauch von gestern ist wieder da.

 

So beginnt der Donnerstag, 7 .11. wieder zuerst unter Motor und nach dem Frühstück kommt der Gennaker wieder raus. Wer hätte gedacht, dass wir mit absolutem Leichtwindsegeln Neuseeland erreichen. Noch fehlen uns 100 nm, für Freitag Früh haben wir uns mal bei den Behörden angemeldet. Das macht man entweder über ein Satelittentelefon- haben wir nicht aktiviert- oder über Kurzwelle. Gestern Abend hat es nicht funktioniert, heute Vormittag konnte Robert, trotz ziemlichem Rauschen unsere Daten durchgeben.

 

Seit gestern wird mir immer bewusster, dass jetzt für längere Zeit die letzten Tage auf See angebrochen sind. Von Opua nach Whangarai ist es noch ein Tagesschlag, dort stellen wir das Schiff ab und beenden das heurige Segeljahr.

 

Genau 10 Tage haben wir für die Strecke Tonga- Neuseeland gebraucht, etwa 14 Stunden haben wir den Motor genutzt, den Rest konnten wir gut segeln. Wir hatten Glück mit dem Wetterfenster und auch Samstag wäre noch kein zu starker Wind um anzukommen, angenehm nicht hetzen zu müssen.

 

Dieses Jahr haben wir den Großteil des Südpazifik durchsegelt, insgesamt 3600nm von Hiva Oa, Marquesas über die Tuamotus nach Tahiti, den Sommer mit der Jugend auf den Society Island verbracht und ab September über Maupiti, Niue nach Tonga gesegelt. Das waren die zwei langen Strecken, von Maupiti bis Niue 1055nm und jetzt von Tonga nach Neuseeland 1100 nm. Besonders im Frühling war das Wetter heuer sehr instabil, viele Maramus (das sind Südstürme, die einige Tage neben dem starken Wind auch Regen bringen), einen haben wir auf Kauehi ausgesessen, den anderen in Port Phaeton auf Tahiti. Allen weiteren sind wir ausgewichen, so gesehen haben wir auch heuer nicht allzu viel schlechtes Wetter abbekommen.

 

Uns gefällt die Südsee und von Neuseeland aus kann man den westlichen Teil mit Fiji, Vanuatu und Neukalidonien gut erreichen, sollte unsere nächste Segelsaison werden, vorher sind wir aber länger in Österreich.

 

Jetzt aber genug Bilanz, der letzte Segeltag sollte noch genossen werden und wir müssen die noch anstehenden Meilen besonders wachsam sein damit wir auch wirklich gut ankommen. In Landnähe ist mehr Schiffsverkehr und um die Nordspitze Neuseelands kann der Wind auch unerwartet heftig zulegen.

 

Den gesamten Donnerstag zieht uns der Gennaker über eine immer noch recht ruhige See und weil der Wind eher nachlässt als zulegt segeln wir so in die Nacht hinein. Wie das Schicksal so will haben wir um 9 Uhr einen neuen Riss im Gennaker, also rasch runter damit und doch wieder alle anderen Segel, inklusive aus baumen, setzen. So kommen wir auch mit guten vier Knoten voran und pünktlich mit Sonnenaufgang nähern wir uns dem Land, passieren Tikitiki Island und Harakeke und biegen in die Bay of Island ein. Über dem Land steht die lange weiße Wolke, so wie es früher die Maori beschrieben haben und was die ursprüngliche Namensgebung war. 10 Meilen, noch zwei Stunden braucht man bis man in der Fjordartigen Bucht ganz drinnen in Opua ist. Dort sind die Marina und auch der Zollsteg, den man als erstes anlaufen muss. Schon am letzten Tag sind vier Schiffe in unserer Nähe aufgetaucht und immer im gleichen Abstand auf die Einfahrt zur Bucht zugesteuert. Der Zollsteg ist noch vom Vortag voll belegt, auch die großen Gruppe (30) Schiffe die vom Minervariff gestartet sind, kommen der Reihe nach an. Die schnelleren sind vorgestern, die Hauptmenge gestern angekommen. Wir kreisen im Ankerfeld herum und warten bis um 10 Uhr ein Platz frei wird. Inzwischen bläst es mit 20 Knoten genau auf den Steg, anlegen daher ziemlich schwierig, weil einem der Wind entweder massiv hindrückt oder dran vorbei schiebt. Uns drückt er hin und leider auch an die Kante vom Steg- eine neue Delle wird uns an Neuseeland erinnern.

 

Außerdem hat es hier ganz schön Strömung. Auch ohne Gas ziehen wir mit lockeren 1,5 Knoten dahin, insgesamt erleichtert uns das die Entscheidung doch lieber zu ankern als uns in die enge Marina hinein zu manövrieren. Dass kein Platz mehr frei ist kommt uns da gar nicht ungelegen.

 

Am Vormittag kommt der Beamte vom Custom, die Formalitäten sind rasch erledigt und dann heißt es warten auf die Biosecurity. Die kommen erst nach der Mittagspause und dann arbeiten sie sich am Steg entlang, wir sind das letzte Schiff und so erst gegen vier Uhr fertig. Der junge Beamte war sehr freundlich, hat stichprobenartig sich Bohnen und Linsen zeigen lassen, alles ok, nur die Roh-Popcorn müssen entsorgt werden. Wir dürfen Sie noch machen, wir lehnen dankend ab, es sind einfach zu viel. Das Zelt, die Wanderschuhe und ein Fahrrad lässt er sich auch noch zeigen- ein wau, die sind sauber- vielen Dank- beendet dann rasch das ganze Prozedere. Ein kurzer Blick mit der Kamera unters Schiff und wir bekommen alle Stempel und sind in Neuseeland willkommen.

 

Am Abend besuchen wir noch Bernd und Birgit von der SY Rebell, ein freudiges Wiedersehen, dann fallen wir totmüde in unsere Koje und schlafen durch.