Rapa Nui, Te Pito O Te Henua

Inmitten des großen Ozeans, in einer Region die keiner je passierte, liegt die geheimnisvolle Insel. Kein Land ist in der Nähe, sie ist umgeben von der unendlichen Weite des Ozeans. Sie ist bedeckt mit monströsen Statuen, ein Werk eines verschwundenen Volkes, welches viele Rätsel hinterlassen hat. So und so ähnlich wird die Insel von Entdeckern beschrieben. Die Insel fasziniert, ist sie ein Beispiel übertriebener Ausbeutung, Zerstörung durch Rivalitäten und Kämpfe, aber davor auch von Überlebenskampf und Einfallsreichtum um auf einem einsamen Eiland zu überleben und von seemännischem Können, sie mit den damaligen Schiffen oder Flößen erreicht zu haben.

Die Insel ist durch Vulkanausbrüche vor drei Millionen Jahren entstanden, 3 große und 70 kleine, heute alle erloschen, sie prägen das Landschaftsbild der nur 165 Quatratkilometer kleinen Insel.

Und sie war schon immer schwer zugänglich, hat keine natürliche Hafenbucht und damit geschützte Ankerplätze, was uns auch heute als Segler das Leben an Land schwer macht.

Man ankert auf freier Fläche auf 16 Meter Wassertiefe, jeweils auf der windgeschützten Seite, was bedeutet, dass man umankern muss, wenn der Wind dreht. Man muss dann um die Insel auf die andere Seite fahren oder segeln, wenn es der Wind zulässt und damit man das auch kann muss man an Bord sein, zumindest einer, steht geschrieben. Außerdem sollte man rund um die Uhr auf Kanal 16 am Funk erreichbar sein, die Behörden sind hier sehr freundlich aber schon genau. Hier ankern bedeutet genauso schaukeln wie unterwegs, zeitweise im Schwell sogar unangenehmer, aber wir nehmen es für dieses einzigartige Erlebnis gerne in Kauf.

Wir haben vorerst Glück, kein Wind für die ersten paar Tage, da können wir ohne Probleme auch beide an Land, dann kommen einige Tage mit 15-25 Knoten aus Südost, da können wir hier vor Hanga Roa bleiben, allerdings eher an Bord oder zumindest in der Nähe und dann sollten noch ein paar Flautentage kommen an denen wir wieder wandern gehen können. Soweit der Plan.

Für alle, die uns jetzt in einem geschützten und sicheren Hafen wähnen hab ich schon mal ein Bild von den Häfen, Hanga Roa und Hanga Pico auf die Homepage gestellt. Da passen wir gar nicht rein, da ist lediglich Platz für ihre kleinen flachen Schiffe die wie Spinnen in den gespannten Tauen hängen, sodass wir gerade mal mit den Dingis vorbei und an der kurzen Mole festmachen können. Alles was hier mit Schiffen geliefert wird, wird mit den kleinen Schiffen abgeholt und an Land gebracht. Man sieht die großen Frachter vor Anker und die Kleinen eifrig hin und her fahren. Die Insel hat inzwischen aber auch einen, für die Größe der Insel großen Flughafen mit guter Anbindung an Chile, da wird sicher vieles eher mit dem Flieger kommen.

Wir erfahren, dass Schiffe bis 13 Meter und 1,6 Meter Tiefgang prinzipiell in Hanga Pico rein dürfen, wenn die Behörde es genehmigt und dich jemand reinlotst und beim Fixieren in den Tauen hilft. Das Ganze soll aber sehr teuer sein und normalerweise wollen sie keine fremden Schiffe in dem kleinen Hafen, was auch sehr verständlich ist. Und wenn der Wind auf Südost dreht und sich starker Schwelle aufbaut, kann man nicht mehr raus und drinnen gibt's dann fast unvermeidbar Schäden, also keine gute Option.

Den Namen Osterinsel hat sie, wie kann es anders sein, wegen der europäischen Entdecker bekommen, Roggeveen, der für die Niederlande Australien erforschen sollte, ist am Weg hier am Ostersonntag 1722 drüber gestolpert und hat sich natürlich das, damals unbekannte Land, nicht entgehen lassen. Von ihm gibt es die ersten Berichte, obwohl er angeblich nur einen Tag an Land war und wie so oft in der Geschichte gleich ein Gemetzel veranstaltet hat. In den Zeitschriften der Insel werden die historischen Momente aufgearbeitet, die damalige Bevölkerung ohne vergleichbare Waffen war da ziemlich wehrlos und prinzipiell ankommenden Besuchern nicht feindselig gegenüber.

Erst 1770 segelt Felipe Gonzales für die Spanier auf den entlegenen Fleck um ihn zu spanischem Hoheitsgebiet zu machen. Unterstrichen wird das dann mit dem neuen Namen San Carlos und vertraglich abgesichert. Der Häuptling hat was unterschrieben, was er gar nicht lesen und verstehen konnte, also eine ziemlich linke Sache. Es scheint so, dass es auf Rapa Nui gar keine Schrift gegeben hat, erst sehr spät tauchen die Rongo Rongo Tafeln auf, die sich aber Bildzeichen bedienen, auf jeden Fall nicht aus Buchstaben bestehen. Es schert dann eigentlich keinen, weil es rein praktisch überhaupt keinen Sinn ergibt und so bleiben die Einheimischen auch weiter unter sich. Es scheint aber, dass die Bevölkerung über die Jahrzehnte deutlich zugenommen und Ressourcenknappheit die 12 Stämme in Rivalitäten und Kämpfe getrieben hat. 1774, also nur vier Jahre nach den Spaniern kommt James Cook, auch so ein alter Bekannter vorbei und will wegen Krankheit hier Halt machen. Keine so gute Idee, denn hier gibt es nichts was ihn heilen und helfen könnte, die Moai, die großen Statuen, sind zu diesem Zeitpunkt bereits gestürzt worden, die Bevölkerung schien ebenfalls krank und ausgehungert. Er zieht weiter nach Tahiti und lässt vielleicht noch ein paar weitere Keime da, mit denen die Einheimischen dann zu kämpfen hatten. Durch solche Besuche sind ganze Stämme ausgerottet worden.

Was in der Zeit seit 600 nach Christus, darauf wird die Besiedlung aus Polynesien datiert, sich wirklich auf der Insel abgespielt hat, wer die Kultur hergebracht und zu so einem Exzess befördert hat, ist in vielen Bereichen Spekulation.

Man nimmt an, dass die Moai zu Gunsten der Götter aufgestellt wurden und dass ihr Mana, die spirituelle Kraft, Dörfer und Menschen beschützen sollten. Als Ironie des Schicksals hat dieser Deal nicht funktioniert, wahrscheinlich hat der religiöse Wahnsinn mit der damit stattgefundenen Zerstörung der Insel den Untergang herbeigeführt. Eigentlich ist es wurscht, ob sich die Stämme nach Kämpfen die Statuen gegenseitig umgeworfen haben oder ob sie es jeweils selbst waren, weil sauer auf die Götter. Jedenfalls haben sie die Trümmer ihrer Kultur hinterlassen, die jetzt viele Generationen später den Einheimischen ein wenig Tourismus und Wohlstand bringen. Also vielleicht doch ein spätes Geschenk der Götter, man muss nur warten können.

Und wirklich wir staunen nicht schlecht, Hanga Roa, der einzige Ort auf der Insel ist sauber mit reichlich touristischen Einrichtungen, Lokalen, gar nicht so zusammengeschustert wie aus der Karibik gewohnt und preislich hohes europäisches Niveau. In der Touristeninformation meinte sie, keiner bleibt länger als eine Wochen, das kann man sich nicht leisten. Sie ging natürlich von Hotelgästen aus, wobei wir hier vor Anker gratis stehen, einkaufen im Market auch akzeptabel ist, wir Segler aber, wegen dem Wetter selten länger bleiben können.

Beim Einlesen in die Kultur der Insel ist die Namensgebung eines der interessanten Details, jedenfalls identifizieren sich die Nachfahren der ursprünglichen polynesischen Bevölkerung mit dem Namen Rapa Nui, was so viel wie "großes Rapa" bedeutet, das kleinere Rapa liegt in Französisch Polynesien und ist die südlichste der Australinseln, auch sehr entlegen.

Früher könnte die Insel Te Pito O Te Henua (der Nabel der Welt) oder einfach Te Kainga (das Land) geheißen haben. Das gefällt mir gut, denn es unterstreicht die besondere Sichtweise, wenn man wo lebt, wo man sich mit niemandem vergleichen muss und wie wir ja im letzten Monat ausführlich ausgekostet haben der Mittelpunkt, oder Nabel der Welt ist.

Wie die Geschichte so spielt haben andere, die bereits ausgedünnte und am Boden liegende Kultur nahezu endgültig zerstört. Zuerst kommen 1850 die Peruaner vorbei und entführen 1500 Rapa Nui als Landarbeiter für Peru, weil ihnen die Sklaven ausgegangen sind. Wegen internationaler Proteste bringen sie 15 wieder zurück, mit denen natürlich auch Erkrankungen wie die Pocken und so geht es weiter rasant bergab. 1877 waren es dann angeblich nur noch 111 Personen, in der Blütezeit vielleicht mal 12000. Chile reißt sich die Insel 1888 unter den Nagel, man weiß ja nie wofür man diesen Flecken mal brauchen kann und hat dann tatsächlich die nächste wahnwitzige Idee. Ein 25 jähriger Pachtvertrag für ein schottisch-chilenisches Unternehmen wird ausgestellt, es übersiedeln 70000 Schafe auf die Insel und die Bevölkerung muss natürlich wieder mal weichen. Ich stell mir vor, wie die ganze Insel zu einer Schafweide wird, was der Vielfalt der Landschaft natürlich überhaupt nicht zuträglich ist und der Kultur noch weniger. Aus den herumliegenden historischen Steinen wurden Mauern gebaut, so wie in Schottland üblich.

Es ist nicht eindeutig belegt, dass die Abholzung der Palmen mit dem Transport der Statuen zusammen hängt und dass dadurch das Ökosystem so geschädigt wurde. Eine andere Möglichkeit ist, dass von Anfang der Besiedlung an gerodet wurde um Ackerland zu schaffen und dass die mit eingeschleppte pazifische Ratte Exulans mit ihrer Vermehrung und Gefräßigkeit den Palmen den Gar aus gemacht hat. Auf jeden Fall war es zu dieser Zeit üblich weiter zu ziehen, wenn das Land nicht mehr genug hergab, so wurden schließlich all die Inseln Polynesiens entdeckt und besiedelt, nur, dass hier so eine Art Endstation war, denn im Westen war ja bereits alles vergeben und im Osten war nur das Festland, ebenfalls nicht frei zu haben.

Inzwischen bekommen die Rapa Nui ihre Insel wieder zurück, sind chilenische Staatsbürger geworden und es gibt Sonderrechte und Unterstützung, bei zunehmender Autonomie von Chile. Seit 1995 sind 40% der Insel UNESCO Weltkulturerbe, es wird restauriert und für Besucher aufbereitet, was uns jetzt zu Gute kommt, weil man wieder aufgerichtete Moai und renovierte alte Steinhäuser besichtigen kann. Wie immer hat die Sache natürlich ihren Preis, man löhnt 48000 Pesos, umgerechnet ca 80 Dollar Eintrittsgebühr pro Person, kann dann innerhalb von 10 Tagen alle historischen Stätten besuchen, die so viel auch wieder nicht sind. Übrigens dieser Preis ist vor ca. zwei Jahren von 40 auf 80 Dollar angehoben worden, kann man gut machen wenn Tourist eh nicht aus kann. Vielleicht entsteht hier so eine Art Exklusivresort, Freiluftmuseum auf Moai mit Folkloreeinlagen und Einheimischen die in Tracht den Touristen was vorspielen.

Noch bevor unser Anker fällt melden wir uns bei der Hafenbehörde, welche sich allerdings erst etwas später erreichen lässt und trotz Sonntag bereits drei Stunden später mit einem halben Dutzend Beamter anrauscht. Robert hat sich in Schale geworfen und muss auf das Coast-Garde Boot übersteigen und dort tausend Fragen beantworten und fast eben so viel Formulare ausfüllen. Danach kommt er mit einem Beamten der Gesundheitsbehörde an Bord. Ich muss ein Formular höchst persönlich ausfüllen und den netten jungen Herren in Kühlschrank, Regale und Mistkübel, den wir ja gar nicht mehr haben, blicken lassen. Er scheint sehr zufrieden mit unserem blank geputzten Schiff zu sein, ich hatte ja genug Zeit vor der Ankunft alles auf Hochglanz zu bringen und frische Vorräte haben wir soweit dezimiert, dass wir ihm gerade ein paar Zwiebeln zeigen konnten. Das erfreuliche an dieser Prozedur ist, dass sie relativ rasch, sehr freundlich und kostenneutral erledigt ist. Jetzt steht dem ersten Landgang nichts mehr im Wege, wir haben unser Dingi schon aktiviert und Bernd und Birgit fahren uns voraus um uns den Idealkurs in den kleinen Hafen zu zeigen.

Wieder eine neue Erfahrung, zuerst musst du dich weit genug draußen halten damit du nicht in die brechenden Wellen die Richtung Strand rauschen kommst und dir ein "Stell dich ein" bei all den Wellenreitern gibst. Dann ein rascher Schwenk und mit der nächsten Dünungswelle in den Hafen surfen, bist du zu langsam überholt dich die nächste und füllt dein Schiff mit Wasser, also immer konzentriert am Gashebel sein und Ausschau halten, denn auch im Hafenbecken schwimmen Einheimische und Schildkröten herum, die man nicht niederfahren sollte. Das Wasser ist überall perfekt sauber, wenig Plankton, daher auch wenig Fische erklärt man uns, dafür aber eine Sicht unter Wasser bis zu 70 Meter, vielleicht sollte man hier doch einen Tauchgang riskieren.

Wiedersehen im Hafen, ein schöner Moment und bei unserem ersten Spaziergang durch den Ort und später noch zu den Moais in der Nähe an der Küste (Tahai) gibt es genug zu erzählen. Internet nutzen wir in einer netten Kneipe mit kaltem Bier und Mineral, mir ist nur nach Flüssigem zumute, es bewegt sich auch ohne Rausch alles reichlich.

Hanga Roa, hier konzentriert sich alles, außer der historischen Stätten, 95% der 6000 Einwohner leben hier, davon sind die Hälfte Polynesier, die anderen Chilenen und ein paar Hundert andere Ausländer. Alle sind sehr freundlich und wenn sie uns nach unserer Herkunft fragen, jauchzen sie immer begeistert "oh Austria". Alle kennen Österreich, weil es gibt auf der Insel einen Österreicher der hat eine Polynesierin geheiratet und ein Spross aus der Beziehung ist heuer die Inselqueen geworden. Die wird immer beim großen Fest im Februar gewählt, daher kennen seit einigen Wochen alle Österreich, welch Werbung.

Vor dem Ökohotel, was prinzipiell nett aussieht stehen Protesttafeln, die, soweit wir das übersetzen können Unzufriedenheit mit dem ausländischen Investment kundtun. Hier besteht sicher eine ganz spezielle Situation wem gehört was, wer soll, darf, muss investieren, wieviel Sonderrechte bekommt ein Teil des Landes, ist ja jetzt Chile. Kann man Chilenen hier eine Ansiedlung untersagen und wieviel bleibt von der polynesischen Kultur über, wenn es keine Schutzbestimmungen gibt. Und dazu kommt noch die prekäre Frage wieviele Menschen und Tiere verträgt die Insel, wie kann man sie vor der nächsten Umweltzerstörung schützen, sollte sich die Geschichte, wenn geht nicht noch einmal wiederholen.

Nach so einer langen einsamen Zeit sind wir richtig aufgekratzt, Adrenalin drängt nach ersten Ausflügen und so passt es uns gut, dass Bernd und Birgit für Montag auf den Rano Kau und nach Orongo wandern wollen. Vier Stunden hin und retour, 300 Höhenmeter, ein wunderschöner Kratersee, in dem übrigens ein Bakterium gefunden wurde welches Rapamycin, ein Immunsupressivum produziert, ein medizinischer Exporterfolg der Insel, und dann weiter, den Krater entlang nach Orongo.

Orongo ist jener historische Ort an dem flache Steinhäuser gefunden wurden, in denen die Häuptlinge und ihre Wettkämpfer während des Vogelmannwettbewerbes gewohnt haben. Dieser Wettkampf wurde eingeführt um jeweils für das nächste Jahr den dominierenden Stamm zu wählen, der dann die Insel regierte. Jeder Stamm schickte einen Sportler ins Rennen, zuerst ging es die Klippen hinunter, dann mit einem Schwimmbrett hinüber nach Moto Nui, der vorgelagerten Insel auf der haufenweise Seeschwalben brüteten und mit einem ihrer Eier zurück nach Orongo. Wer als erster mit der Trophäe zurück war hat seinen Stamm ein Jahr Regentschaft gesichert, vielleicht würde sich dieses System jetzt auch wieder bewähren, unser erster Blick in heimische Nachrichten hat uns die neuesten Wahldesaster in Europa frei Haus geliefert.

Wir genießen hier ein angenehmes Klima, nicht zu heiß und deutlich trockener als in Panama, angenehm kühlender Wind und wunderbares Panorama. Die Farben sind überwältigend, tiefes Blau, sattes Grün, überall dichte Wiese, scheint ein Erbe der Schafe zu sein und jetzt bevölkern einige tausend Pferde, die weitgehend frei herumlaufen, die Insel, auch etwas zu viele, da braucht es dann auch wieder Geburtenkontrolle.

Unser nächster Ausflug beginnt in Ahu Akivi, wir lassen uns mit dem Taxi, welches für die 7 km 20 Dollar nimmt hinbringen. Anders kommt man dort ohne organisierte Tour nicht hin, also so gesehen die günstigste Variante. Der Fahrer hält an einer Straßengabelung zwischen Pferdekoppeln und einem Kassahäuschen, dass verheißt nichts Gutes. Hinter dem Zaun stehen die Moais die hier bewacht werden, nähern darf man sich natürlich nur wenn man die Eintrittsgebühr von 80 Dollar bezahlt hat. Blöd ist nur, dass auch der Wanderweg auf den Berg, bzw. zurück zur Küste und diese entlang an diesen Barrieren vorbei führt und sie auch fürs bloße wandern kassieren möchten. Wir nehmen die Straße ein kurzes Stück zurück um dann beim nächsten Gatter, welches gerade offen steht und ihr Bewacher schwer beschäftigt uns den Rücken zuwendet, ohne Probleme vorbei zu marschieren. Und danach fragt uns keiner mehr, wir wandern, so wie geplant an einigen der Höhlen, die man auch besichtigen kann vorbei, entlang der wunderschönen Küste zurück bis Hanga Roa. Ein paar Souvenirgeschäfte, ein Gemüsestand und ein paar der kleinen Supermärkte und Bäcker abgeklappert, mit Empanadas und Bier das Kaloriengleichgewicht wieder hergestellt und dann ist es schon wieder Abend. Zurück zum Schiff und rein ins Wasser, wunderbare Abkühlung, so schön kann das Leben sein.

Wie angesagt beginnt es Donnerstag heftig zu blasen, der Wind nimmt stetig zu und wir sitzen zwei Tage mit Böen bis zu 30 Knoten am Schiff und lauschen besorgt dem Knarzen der Ankerleine. Zum Glück hat es keine Dünung mehr und die Welle, die der Wind vom Land her schiebt ist auch moderat, es schaukelt sogar weniger als bei Flaute, weil Wind und Welle jetzt zusammen passen, aber trotzdem fühlt man sich so nicht wirklich wohl. Die ständige Anspannung macht einem müde obwohl man an diesen Tagen nur kleinere Arbeiten am Schiff erledigen kann. Ich wasche die Wäsche, auch die Bettwäsche erstmals mit der Hand, weil die einzige Wäscherei im Ort für eine Waschmaschine ca. 5 kg über 30 Euro haben möchte, wir konnten es fast nicht glauben. Etwas mühsam alles in der Lauge durcharbeiten, auswinden, Spülen, auswinden usw. Ein kleines Fitnessprogramm, welches blöderweise ganz schön viel Wasser braucht, welches wir auch nicht mehr im Überfluss haben. Wasser nachtanken wird hier auch noch zum Event, weil mit einem Schiff liefern lassen scheint auch astronomisch teuer, bleibt nur uns mit Kanistern vom Land aus zu versorgen. Inzwischen sind auch wieder einige technische Reparaturen angefallen, Robert muss sie sich nacheinander vornehmen, was seiner guten Laune nicht gerade zuträglich ist. Mit jedem Tag gibt es neue Informationen, Wäsche könnte man auch am Campingplatz waschen, wäre so um 10 Dollar pro Maschine, vielleicht kommt dann noch eine fiktive Übernachtung dazu, ist jetzt eh schon egal. Und in der Hauptstraße gibt es noch eine Wäscherei, wir fragen gar nicht mehr was es kosten würde, wollen uns nicht frustrieren. Wasser können wir mit Kanistern, wir haben 50 Liter und Toby 40, damit geht es recht flott, direkt beim ersten Tauchshop neben dem Hafen nehmen. Die Schlepperei hält sich so in Grenzen und verlangen tun sie dafür auch nix.

Samstag beginnen wir gleich in der Früh und zerlegen die Steuersäule um das defekte Kabel unsere Windanzeige zu finden. Das Ende im Schiff ist natürlich ganz hinten in der Staukoje, also alles ausräumen damit Robert am Bauch liegend zu den Anschlüssen kommt. Und dann wird gemessen, halt mal auf rot, ist ok, jetzt grün, ist auch ok, usw., bis die braune Litze als Defekt enttarnt ist. bloß lässt sich der Knick, irgendwo auf der Strecke nicht finden, am liebsten würden wir ein neues siebenpoliges Kabel einziehen, welches wir aber nicht als Ersatzteil mithaben. Ich krame noch unsere Kabelvorräte hervor, welche auch im hintersten Winkel hinter all den Pölstern verstaut sind, Robert überbrückt den Fehler mit einem zusätzlichen Kabel, alles funktioniert. Jetzt noch das Chaos im Schiff wieder beseitigen, alles zurückstauen, dann ist diese Baustelle abgeschlossen. Mit gutem Gefühl begeben wir uns an Land, Shoppen und Internet und die erste Lieferung Wasser organisieren. Wir bekommen auch einen heftigen Regenguss ab und an den Straßen bilden sich rasch braune Bäche, wir waten mit unseren  Flipflops durchs Nass, die haben ganz schön viel Boden verfliest, absolute Rutschgefahr!

Abends ist es bis halb zehn hell, wir kommen erst um sieben zurück zum Schiff, alles erledigt, inklusive erste Partie Wasser.

Heute haben wir den ganzen Ort bis zum Flughafen und zurück abgeklappert und uns einen guten Überblick verschafft. Unglaublich was man auf der Insel alles bekommt, man muss nur suchen und preislich gar nicht so astronomisch wie befürchtet. Einige Produkte sind sogar günstiger als in Panama, Fleisch, Käse und Schinken so wie überall, Gemüse, kommt drauf an was und vom Obst ist die Auswahl insgesamt eher mäßig. Es gibt auch nicht immer das Gleiche, heute gab es zum Beispiel gute Melanzani, die hatte es die Tage davor nicht, dafür ist der Salat von vorgestern schon wieder aus. Wird spannend sich vor der Weiterreise mit Frischem zu versorgen, auf jeden Fall sollten wir ein paar Tage einplanen.

Sonntagnachmittag lässt der Wind schon deutlich nach, wir begeben uns wieder an Land, kleine Runde durch den Ort, nachdem fast alle Geschäfte geschlossen haben ist man rasch durch und trifft sich mit Bernd, Birgit, Sam und Toby im Stammlokal. Internet nutzen und Neuigkeiten austauschen. Mit Bernd und Birgit planen wir die nächsten Ausflüge, ab Montag lässt der Wind wieder nach und wir können uns unbesorgt den ganzen Tag an Land aufhalten und die Schiffe alleine lassen, obwohl das hier gar nicht erlaubt ist. Eigentlich muss einer immer am Schiff bleiben, die Beamten sehen aber ein, dass das bei zwei Personen etwas unrealistisch ist und drücken ein Auge zu wenn ruhiges Wetter ist, irgendwie vernünftig. Mit Toby tauschen wir Kanister, wir bekommen seine Wasserkanister um flotter füllen zu können, er nutzt unsere leeren Dieselkanistern und bringt sie uns voll wieder zurück, so haben wir in ein paar Tagen alle Füllaktionen abgeschlossen. Und damit wären wir auch wieder startklar, außer einkaufen, versteht sich. Eine Woche wollen wir aber noch bleiben, noch ein paar Ausflüge, eventuell einmal umankern nach Anakena, wir haben unheimliches Glück, das Wetter meint es gut mit uns.

Abgesehen von den kleinen Reparaturen gibt es wie immer genug zu putzen. Das Heck ist grün von Algen, denn ständig mit Wasser umspült hat sich ein dicker Belag, sehr hartnäckig zu entfernen gebildet. Und das Unterwasserschiff möchte man sich am liebsten gar nicht ansehen, wir sind voll mit Entenmuscheln und Pinacles. Jeder Zentimeter ist belegt, wenn noch irgendwo Platz gewesen wäre hätte sich sicher noch wer dazu gesellt, aber so haben sicher einige nicht mehr mitfahren können. Interessant wie die sich auf der Strecke bei Fahrt anhaften und dann ihren neuen Platz in der Strömung genießen und wachsen und gedeihen, womöglich auch vermehren, man sieht ja nicht was die da unten so treiben. Wieviel uns das gebremst hat? Zuträglich war's auf jeden Fall nicht und alles wieder runter zu schaben bedeutet drei bis vier Stunden schnorcheln und schrubben. Robert macht das auf mehrere Etappen, mir war der obere Rand schon fast zu fest klebend als dass ich ihn runter gebracht hätte und eine Fieberblase begleitet mich durch die erste Woche, da tut ein Schnorchel im Mund höllisch weh.

Für Dienstag vereinbaren wir den nächsten Ausflug, mit den Rädern, geliehen im Ort um ca. 11 Euro den Tag, geht's die Südostküste entlang. Um neun wollen wir starten, um acht schüttet es in Strömen, was soll das? Kurz überlegen wir ob wir den Ausflug verschieben sollten, entschließen uns aber, nachdem der Regen rasch wieder aufgehört hat und sich durchwegs auch blaue Flecken am Himmel zeigten, einmal zu starten. Wir haben auch da gut gepokert, zuerst fahren wir zwischen zwei Regenwolken trocken dahin, etwas bewölkt, damit nicht so affenheiß, ein schöner, trockener Platz fürs Picknick mit Blick auf die Küste, an der die Wellen nur so schäumen und große Brecher sich türkis gegen das Land werfen. Schwarzes Vulkangestein trotz ausgewaschen in bizarren Formationen den Gewalten. Rund um uns weiden überall Pferde und man sieht erstaunlich viele Falken (Chimangokarakara) kreisen und nach Beute Ausschau halten. Die Landschaft auch hier grün, besonders die Vulkankegel ragen als giftgrüne Gebilde, wie Sandkastenberge aus der Landschaft, vereinzelt stehen Bäume und eine große Palme als Andenken an frühere Zeiten steht auch noch rum, gibt ein schönes Fotomotiv.

Überall an der Küste sieht man Plattformen mit umgestürzten, schon sehr verwitterten Moais, vereinzelt so rumliegende, die den Transport zum Bestimmungsort nicht geschafft haben und einige wieder Aufgestellte. Alle sind eingezäunt, aber nicht alle mit Eintrittshäuschen bewacht, man kann sich frei bewegen. In Aka Hanga nutzen wir das Eintrittshäuschen zum Unterstellen, ein Regenguss kreuzt unseren Weg und weil wir die Plattform von der Straße aus schon gut gesehen haben, radeln wir gleich weiter. Wirklich toll ist Ahu Tongariki, die 15 Moais, die auf einer gut restaurierten Plattform majestätisch in die Landschaft blicken. Ein schönes Tal am Fuße des Pö Ike, dem östlichsten Vulkan, dahinter die Bucht von Hotuiti bei Ostwinden unbrauchbar, bei Westwinden eine der möglichen Ankerbuchten. Wobei der Hafenmeister gemeint hat dort soll man nicht hin, da liegen schon drei Segelschiffe auf Grund, sehr beruhigend.

Am Rückweg besuchen wir noch Rano Raraku, den Steinbruch in dem auch noch einige ganz große halbfertige Moais in der Wand liegen und unglaublich viele nach einem Hangrutsch halb eingegraben mit den Köpfen aus der Wiese schauen. Kurze Pause im Café und dann die 25km wieder zurück radeln. Gut müde und leicht durchnässt, ein Regenschauer hat uns doch noch erwischt, geben wir noch vor sechs Uhr die Räder zurück, zum Glück ohne Schäden, die müsste man zur Gänze selbst bezahlen, hier haben sie nichts versichert und mit dem Service haben sie es auch nicht so.

Wir genießen ein Abendessen in einer netten Kneipe, dann zurück aufs Schiff und ab ins Bett, Muskelkater inklusive.

Die Zeit vergeht wie im Flug, hier könnten wir länger bleiben, abgesehen von der Schaukelei  am Schiff, die schon sehr nervig ist und dem Problem, dass man sein Schiff nur mit schlechtem Gewissen alleine lässt. An Land ist es aber immer sehr entspannt, eine angenehme Mischung von Alltag der Bewohner, Tourismus und Urlaubern. Die Surferszene ist hier sehr aktiv und Einheimische fahren mit Rad oder Mofa, Brett quer unter den hintern geklemmt herum, hier kann man auch nach der Arbeit noch schnell mal ins Wasser. Ist ja alles nah beisammen und hell ist es bis halb zehn, weil sie ihre Zeit an Chile angepasst haben und damit die geographische Zeitverschiebung von zwei Stunden minus nicht zählt, sonst wäre es wie überall um kurz nach acht dunkel. Diese langen Abende sind für uns wie bei uns im Sommer, man sitzt lange draußen, genießt das Essen bei Sonnenuntergang, plaudert und schon ist es spät. Meist nutzen wir die Nacht auch noch um im Freien Internet die wichtigste Kommunikation, Bürokratie und die Updates der Hompage zu erledigen, untertags ist das Netz überlastet und man bekommt keine vernünftige Verbindung zusammen, in der Nacht funktioniert es zumindest so stabil dass Netbanking geht. Wir leben nach Sonnenauf- und untergang und so wird es in der Früh jetzt später, um um neun wo zu sein, müssen wir schon fast hetzen.

 

Wir beobachten das Wetter, im Süden ums Kap Horn bilden sich Stürme, die hierher meist Flauten und drehende Winde bringen, alles im grünen Bereich, aber es zeichnet sich ab, dass wir ab dem Wochenende stabilen kräftigen Wind für die nächste Passage bekommen werden. und schon beginnt der Count down, was wollen wir alles noch erledigen? Was geht sich noch aus?

Wie immer bestimmt einen Teil die Behörde, wir müssen Freitag unsere Leuchtfeuergebühr von 9 US Dollar zahlen, am Wochenende ist kein Kassier da, Ausklarieren können wir am Samstag, bleiben können wir bis Sonntag, vielleicht uns auch noch nach Anakena verlegen und dann von dort aus starten.

Wir streifen durch den Ort und werden mit den Einkäufen unserer letzten Pesos los, nutzen nochmals ausgiebig Internet und erledigen an Bord die letzten Vorbereitungen zum Ablegen.

Schade, dass wir schon wieder weiter müssen, aber den guten Wind hier am Boot aussitzen ist keine Alternative, also Anker auf und Abschied nehmen. Es war auf jeden Fall ein Highlight unserer Reise, wir sind voll von Eindrücken und dankbar, dass wir so lange bleiben konnten.

 

Viele der Informationen über die Insel und gute Ausflugbeschreibungen haben wir aus dem Buch „Die Osterinsel entdecken“ von James Grant Peterkin, ein Schotte der die Insel liebt und hier seit langem lebt und auch als Guide zur Verfügung steht. Für alle, die hier mal vorbeischauen wollten ein guter Buchtip!