Tuamotus

Sonntag werden nochmal die Wetterberichte verglichen. Nachdem  Gribfiles und unterschiedliche Berechnungsmodelle angefragt werden, gibt es auch Differenzen, Einigkeit besteht jedoch, Montag beginnt der Wind mit bis zu 25 Knoten. Fahren oder noch bis Dienstag bleiben, Rebell und Sweet Cheriot und viele andere wollen erst Dienstag starten, wir überlegen noch und entscheiden uns dann am Montag, nach einem abschließenden gemeinsamen Mittagessen bei Jojo noch am Nachmittag zu starten. Mazu ist flotter und verlässt schon um drei die Lagune, wir erst gegen vier. Wir wollen uns eine windige Nacht am Anker ersparen, würden wahrscheinlich schlecht schlafen und dann genervt in der Früh starten, so schaukelt es uns halt draußen und wir machen schon gute Strecke. Die Rechnung geht auf, es geht zügig voran und wir haben die erste Nacht schon fast 100 Meilen hinter uns. Dienstag ein anstrengender, aber schöner Segeltag mit einem 6kg Skipjack Thuna, endlich wieder Fisch!

Mittwoch lässt die Welle nach, außer einigen Regenschauern und einem kapital großen Fisch der mit einem Ruck das Schiff bewegte und die Angelleine abriss und mit unserem Köder verschwand, keine Besonderheiten. Die Nacht ist mit einigen Regenschauern und wechselnden Winden etwas durchsetzt, trotzdem kommen wir gut weiter und es bleiben uns für den Donnerstag noch 100 Meilen, die wir leicht bis Freitagfrüh schaffen werden. Der Tag beginnt mit einigen Regenbögen, dann setzt sich die Sonne durch und wir rauschen im "Genusssegelmodus" unserem Ziel, Amanu entgegen. Am Nachmittag, kurz bevor wir die Südostecke von Hao passieren erneut ein Squall, diesmal mit heftigem Regen und stark drehendem Wind. Wir segeln entweder genau auf Hao zu oder Richtung Nordost, also fast ein Stück zurück. Wir haben Glück, die Wolken ziehen rasch über uns hinweg und wir stehen in der Flaute, was uns die Gelegenheit gibt unter Motor ein paar Meilen nördlich gut zu machen. So kommen wir mit dem wieder einsetzenden, jetzt schwachen Wind gerade an Hao vorbei und über die Nacht auch an dem Atoll entlang. Mit dem Sonnenaufgang sehen wir schon Amanu und um sieben bewegen wir uns langsam auf den Pass und die wartende Mazu davor zu. Die Nacht war so gemütlich dass sie sogar Robert genießen konnte, wir haben beide abwechselnd gut geschlafen, der Windpilot und die Segel haben uns sanft durch die Nacht geschoben, hart am Wind, ohne Welle und maximal 10 Knoten Wind.

Nach unseren Berechnungen haben wir noch etwa eine Stunde Zeit, man sieht auch die sich drehenden Wassermassen vor der Einfahrt, noch ist reichlich Strömung. Mazu startet trotzdem   und wir beobachten sie mit dem Feldstecher und am AIS. Die Sonne steht noch tief und bald verschwindet das Schiff im gleißenden Licht, Robert am AIS - sie fahren mit 1,5 Knoten hinein- und jetzt machen sie 8 Knoten. Sie sind wieder da, ausgespuckt, keine Chance, nicht nur wegen der Strömung sondern auch wegen der Wellen die in der Passage das Schiff zur Seite drücken. Man kann dann schlecht steuern und die Riffe sind zu nahe um was riskieren zu wollen. Um halb Neun bewegen wir uns gemeinsam wieder zur Einfahrt, diesmal ist das Wasser deutlich ruhiger, jetzt könnte es gehen. Nach Absprache starten wir zuerst und fahren problemlos mit 4,5 Knoten durch, echt easy wenn man genau zum Slakewater fährt, also wenn aus- und einströmendes Wasser sich gerade ausgleichen. Die erste Hürde ist genommen, jetzt muss ein Ankerplatz gefunden werden. Die kleine Lagune vor dem Ort sieht verlockend aus, ist aber mit drei Yachten schon recht voll und im Zweifelsfall hätte man Probleme die kleine Einfahrt über das Riff wieder hinaus zu finden. Wir versuchen es vor der Küste außerhalb und fangen prompt einen Korallenkopf mit der Kette so ein, dass wir nicht wieder frei kommen. Robert muss ins Wasser und mit Brille und Schnorchel dirigiert er mich vorwärts, rückwärts, jetzt Kette einholen, mehr rechts, zurückfallen lassen, erneut versuchen,... so kommen wir frei, Lehrgeld für Tuamotus Ancorages. Für den zweiten Versuch schippern wir um eine Korallenbank herum auf den südlicheren beschriebenen Ankerplatz. Mazu hat schon ihren Platz gefunden ist aber auch nicht überzeugt wirklich gut zu stehen. das Problem ist hier ähnlich, es gibt zwei größere Sandflächen mit ca 10 Meter Wassertiefe umgeben von Korallenbänken die man knapp unter der Wasseroberfläche sieht. Innerhalb gibt es weitere Korallenstöcke, die man teilweise touchieren würde, oder gerade drüber hinweg kommt, auf jeden Fall sind es mehr wie genug um sich erneut die Kette zu verhaken. Auch wir  trauen uns nicht hinein und entscheiden uns außerhalb auf 15 Meter zu bleiben. Die Squalls die in der Nacht über uns hinweg ziehen bescheren uns erneut eine unruhige Nacht, die Kette schert und ruckt, da kann man nur hoffen, dass wir sie diesmal leichter wieder frei bekommen. Und weil wir gerade eine steile Lernkurve absolvieren dreht der Wind in den nächsten Tagen wieder auf Südost, da sollten wir hier im Atoll entweder auf einen Platz im Südosten wechseln um im Schutz einer Insel zu stehen oder weiter fahren, beides wollten wir eigentlich nicht.

Nachmittag, noch ist das Wetter schön und wir nutzen die Gelegenheit gleich vom Schiff weg zu schnorcheln und so sehen wir wie unsere Umgebung unter Wasser aussieht. Ich bin begeistert, eine Aquariumlandschaft in allen Farben, die Korallenköpfe stehen wie Säulen im Sand oder ergeben bizarre Gebilde mit Löchern und Überhängen. Überall wimmelt es von bunten Fischen, die rasch in den Korallen verschwinden wenn man sich nähert. Da ist so viel Platz, dass sich alle verstecken können, nur wenn man ruhig wartet trauen sich einige Mutige wieder hervor, selten so nah dass ich sie gut fotografieren kann. abgesehen von den Fischen  gibt es hier auch die großen Muscheln die in die Korallenstöcke hineingebacken sind. Man sieht nur den Mund in wunderschönen Blau, Türkis und Rosatönen, wenn man sich nähert machen Sie dicht und es bleibt ein kleiner Strich  der die Muschel verrät. Haie patrouillieren auch vorbei, ein Grund für Robert nicht zu jagen, denn Blut würde sie anlocken, dann werden sie gefährlich. Zum Glück sehen wir keine Langusten, Fische erwischt man eh nicht leicht und so erhöhen wir unsere Sicherheit ohne großen Verzicht enorm. Abends kommt eh noch der Rest vom Thuna in die Pfanne, gemeinsam mit Peter und Sandra von der Mazu genießen wir ein perfektes Essen in wunderschöner Umgebung. Die große Frage wie wir weiter tun vertagen wir auf den nächsten Tag, wir sind alle müde und gehen früh schlafen.

Um 18:00 versuchen wir, wie jeden Tag Toby am Funk zu erreichen, Rebell und Sweet Chariot sind noch unterwegs und kommen erst Samstag an. No Rehearsal, die bereits Montag früh aufgebrochen ist und alle über Funk ständig mit neuen Informationen und Fragen beschäftigt, ist bereits in Hao angekommen. Aus welchem Grund auch immer scheinen plötzlich alle der Meinung zu sein das Hao die bessere Einfahrt und den sichereren Ankerplatz hat und außerdem gibt es dort mehr Infrastruktur, Bäcker und Internet heißt das übersetzt. Samstag ist es dann gewiss, weder Rebell noch Sweet Chariot tauchen auf, sind nach Hao abgebogen. Für uns passt es so besser, wollen wir auf der Strecke eher entlegenere Atolle besuchen, Infrastruktur werden wir auf Tahiti und den Gesellschaftsinseln mehr wie genug haben, einsame Plätze werden dann eher rar sein. So trennen sich hier unsere Wege schneller als erwartet, mal sehn wo wir uns wieder treffen.

Samstag besucht uns Peter gleich in der Früh mit einem neuen Wetterbericht, ab Montag kommt  für zwei Tage stärkerer Südostwind, Mittwoch dann wieder Flaute und dann schiebt sich eine tiefrote Front über die Wetterkarte, Wind bis 30 Knoten, hoffentlich nur 20-25, aber egal, es ist auf jeden Fall sowohl fürs ankern als auch fürs segeln eher viel. Wir beschließen mit dem Dingi die Ankerplätze im Südosten des Atolls abzufahren und dann die Entscheidung zu treffen. Diese fällt eindeutig aus, denn wir sind dort besser geschützt und können auf sechs Meter in türkisen Wasser ankern, was bedeutet, dass wir unseren Anker sehen und gegebenenfalls leicht raustauchen können. Wirklich frei von Korallenköpfen ist aber kaum ein Platz und so gibt es hier eine eigene Technik seine Kette und die Korallen zu schützen, die wir auch gleich testen. Wir suchen eine möglichst große Sandflächen und lassen den Anker fallen, Kette raus und einfahren. Dann geht Robert Schnorcheln und begutachtet wo wir eventuell Korallen touchieren, bzw. wo die Kette um eine Koralle herum einen Bogen macht. Jetzt kommen die Bojen, welche hier für die Muschelfarmen benutzt werden und von denen jeder Segler einige eingesammelt hat, zum Einsatz. Ich hole so viel Kette ein bis wir über der kritischen Stelle stehen, Robert befestigt die Boje an der Kette, dann lassen wir die Kette wieder raus. jetzt schwebt sie über dem Korallenkopf und kann sich, auch wenn wir uns drehen nicht mehr verhaken. Wir sind mit dem Ergebnis unseres ersten "Bojenankerversuchs" sehr zufrieden, die Technik kann man sicher noch verfeinern, dazu werden wir hier ausreichend Gelegenheit haben.

Unser Besuch im Ort bestätigt, dass man hier die Einsamkeit genießen muss, denn der Ort gibt nichts her, vielleicht besonders ausgestorben weil Samstagnachmittag, der einzige Laden hat auch geschlossen und überall verbellen uns Hunde. Aber auch sonst ist es etwas irritierend, dass neben fast jedem Sperrholzaus mit Wellblechdach eine Steinruine eines alten Hauses steht. Es gibt auch eine alte und eine neue Kirche und einen polynesischen Gebetsraum, alles für die 200 hier lebenden Menschen. Der Kontrast von Verfall, neben den lieblos gebauten neuen Häusern, ausgerüstet mit moderner Solartechnik und teilweise schön gepflegten Vorgärten, lässt sich kaum einordnen. Die wenigen Menschen die man trifft sind freundlich aber nicht sonderlich gesprächig, man fühlt sich als Eindringling und zieht sich dann eher schnell wieder auf das Schiff zurück.

Sonntagvormittag, die Sonne steht schon gut, motoren wir die 5 Meilen auf die andere Seite des Atolls. Man passiert einige Korallenbänke, die dicht an die Oberfläche reichen, gleich daneben ist es 25 Meter tief, das bedeutet, man muss gut Ausschau halten, denn bevor einem das Echolot eine sinkende Wassertiefe anzeigen würde, sitzt man schon auf. Zum Glück sieht man sie als braune Flecken schon von weitem, vorausgesetzt die Sonne scheint einem nicht ins Gesicht oder es ist stark bewölkt, womöglich mit Regen. Damit wir auch bei schlechter Sicht sicher wieder zurückkommen, haben wir unseren Track mitgeschrieben und können ihn nachfahren. Das ist besonders wichtig, denn abgesehen von den Zeiten an denen der Sonnenstand fürs navigieren gut passt, müssen wir uns an die Zeiten mit Slackwater im Pass halten, sonst kommen wir nicht sicher wieder hinaus. In den nächsten Tagen ist das am späten Vormittag und schiebt sich, abhängig von den Mondzeiten immer weiter nach hinten. Eine weitere Hürde, denn wenn die nächste mögliche Passagezeit zu spät am Nachmittag ist, für unser nächstes Ziel Tahanea am Samstag um 15:30 gerade noch recht, finde man keinen guten Ankerplatz mehr. Der angesagte starke Wind scheint sich schon ausgeblasen zu haben, wir müssen mit 15-20 Knoten rechnen, was uns, für die 240 nm, die wir vor uns haben, gut passt.

Die Südostecke von Amanu ist wunderschön, besonders unter Wasser, die Inseln mit den Palmen haben leider keinen Sandboden sondern bestehen aus groben Korallenresten mit Sandalen aber gut zu begehen. Hier wird Kokos geerntet und verarbeitet, man sieht immer wieder Haufen von Schalen herumliegen, da und dort eine Feuerstelle und mehr oder weniger intakte Häuser und Unterstände. Dazwischen muss man sich im Unterholz seinen Weg bahnen, einfaches spazieren gehen funktioniert nicht. Trotzdem lohnt es mal zum Außenriff zu gehen und ein paar Trinknüsse frisch vom Baum runter aus zu trinken. Es gibt auch mehrere kleine Pässe die bei Hochwasser oder bei sehr starkem Wind durchgängig sind, jetzt sind es nur Rinnsale bzw. Buchten mit ruhigem Wasser. Man sieht vom Ufer aus Haie ihr Revier abschwimmen, nicht all zu groß, inzwischen haben wir uns an sie gewöhnt, bei jedem Schnorchelausflug begegnen sie einem mehrmals. Am Einfahrtspass konnten wir vier Rochen beobachten wie sie elegant mit der Strömung spielten und bei unserem Ausflug mit den SUPs, ich und Sandra von der Mazu, hatten wir einen Mantarochen ganz nah. Wir konnten ihm lange folgen und ihn beobachten.

Gleich am ersten Tag hatte Robert einen Oktopus harpuniert, der leider wieder abgekommen ist, oder vielleicht auch Gott sei Dank, denn Haie waren auch gleich da, deutlich nervöser als sonst, die riechen und spüren wenn sich was tut. Wenn man da seine Beute nicht gleich aus dem Wasser in Sicherheit bringt ist man eine Angriffsfläche, denn ob der Hai dann so gut unterscheiden kann, man möchte es nicht probieren. Der Jagdausflug wurde daher sorgfältig geplant, Peter und Robert sind mit Ausrüstung und Dingi ausgerückt und harpunierten zwei Grouper fürs Barbecue am Strand. So stellt man sich Südsee vor, wir sitzen unter Palmen, Blick auf den Sonnenuntergang und unsere Schiffe, Lagerfeuer mit den zwei Fischen vor uns und Reis und Gemüse in Boxen mit. Zum Sitzen konnten wir leider nur Kokosnüsse auftreiben und Tisch mussten wir auch entbehren, da gibt es noch Verbesserungsbedarf. Die Petroleumlampe ist nett für die Stimmung, als Lichtquelle taugt eine Solarlampe, an einem Palmzweig befestigt, mehr. Das Essen schmeckt vorzüglich und auch der Rotwein passt perfekt. Mit Moskitospray besprüht und wahrscheinlich auch wegen dem Rauch bleiben uns die Biester weitgehend fern, zumindest kein Grund zu fliehen. Trotzdem wird es nicht all zu spät, denn nach so einem sportlich aktiven Tag sind wir ohnehin alle müde und 21 Uhr, des Seglers Mitternacht, Zeit zum Schlafen gehen.

Wir haben neue Gribfiles und Peter auch wieder eine neue Vorhersage, wir vergleichen und entscheiden uns Donnerstag wieder zu starten. Nicht unbedingt wegen dem tollen Wind, der setzt erst Donnerstagnacht wieder ein, aber ab Sonntag sind die Einfahrtszeiten wieder so spät, dass man sie kaum brauchen kann und in der Früh wäre es auch noch dunkel.

In der Früh können wir erstmals wieder mit Toby und Bernd funken, beide sind gerade aus Hao gestartet und man glaubt es kaum mit 15 Knoten durch den Pass gerauscht, soviel zu Berechnungen des Slakwaters, das war wohl keines. Gut, wenn nichts passiert und man schön in der Mitte raus gespült wird, denn steuern kann man das Schiff in dieser Situation nicht mehr gut. Alle legen Tahanea oder Fakarava an, wir vereinbaren mit Toby wieder die tägliche Funkzeit und wahrscheinlich treffen wir uns bald wieder.

Die Strecke beginnt mit Squalls, zuerst rund um uns, wir schieben uns in einem schmalen Keil mit blauem Himmel und kleinen weißen Wölkchen dahin, rundherum dunkelgrau bis schwarz und überall die typischen Regenvorhänge die bis an den Horizont reichen. Erst gegen Abend legt auch bei uns der Wind merklich zu und in der Nacht erwischt uns ein stärkerer Regenschauer, kurz und erträglich. Mit dem zweiten Reff und fast keiner Genua geht's mit 6 Knoten dahin, der Freitag begrüßt uns dann mit Sonne auf blau mit weißen Tupfen, so soll der Himmel aussehen und es wird ein Traumsegeltag mit einem Skipjack Thuna und zwei Wahoo, insgesamt fast 13 Kilo, Robert hat wieder reichlich Arbeit hinten am Heck. Wir nehmen nur die Filets und vom Thuna ein bisschen was für die Fischsuppe, die Köpfe mit den Grätengerippen und den Innereien kommen gleich wieder zurück ins Wasser. Trotzdem eine Menge Fisch, die wir gerne mit unseren Freunden von der Mazu teilen. Am Abend fehlen uns noch 60 Meilen bis zur Einfahrt und in der Funkrunde, die diesmal auch mit Peter klappt besprechen wir, dass wir den Pass eventuell auch um 6:30 kurz vor Hochwasser nehmen könnten, dann bräuchten wir nicht noch den ganzen Tag herumtingeln oder warten.

Ein bisschen blöd, dass wir uns den ganzen Tag über nicht besonders beeilt haben, jetzt heißt es nochmals Gas geben damit wir die Strecke schaffen. Mit voller Besegelung sind wir um 6:15 vor der Einfahrt, die sich breit wie ein Scheunentor präsentiert. Das Wasser davor zeigt keine wesentlichen Verwirbelungen und Mazu ist auch gerade am Weg zum Pass. Ohne Stopp ziehen wir mit 4 Knoten hinein in die Lagune, es ist gerade hell, wir starten dem Track nach in Richtung südlichem Ankerplatz. No Rehearsal ist schon seit einigen Tagen hier und beobachtet auch nächtens, wer aller vorbei segelt bzw. herein kommt. Auch wir werden gleich angefunkt und begrüßt. Die 7 nm, die es quer über die Lagune auf die andere Seite geht können wir zum Großteil mit Genua segeln, zuletzt dann doch noch ein gutes Stück  unter Motor genau gegen an, Robert rechnet gleich mal ob wir eh noch genug Sprit bis Tahiti haben. Sollte sich schon ausgehen, längere Strecken haben wir in Fakarava, vorerst unser letztes Atoll der Tuamotus eh nicht vor und dann müssen wir auch nur mehr zum Anchorage in Tahiti. Eines sind wir uns sicher, die Tuamotus sind wirklich einen Besuch wert, hier findet man noch fast unberührte Natur, mit erstaunlich wenig Zivilisationsdreck und mit dem eigenen Schiff erreicht man auch die unbewohnten Orte. Hier lebt nur zeitweise jemand, Tahanea ist ein Naturschutzgebiet, damit kein Ort weit und breit und der Ankerplatz, 3 bis 6 Meter tief, wenig Korallenköpfe, man sieht jede Muschel am Sandgrund und findet leicht den perfekten Platz.

Angekommen, wir braten einige  kleinere Fischstücke fürs Frühstück, frisches Brot hab ich schon während der Fahrt gebacken, sitzen im Cockpit, Blick auf die Inseln rund um uns und genießen. Die weißen Korallensandstrände, satt grüne Palmen, die Blautöne des Wassers, die schäumend weißen Wassermassen an den Riffkanten, das Plätschern der sanften Wellen, .... etwas müde von den Nachtwachen, aber glücklich.

Der Wind heult inzwischen wieder recht heftig, ein Geräusch das wir nicht so mögen, hier liegen wir aber gut und können uns trotzdem entspannen. Daryl von No Rehearsal düst schon heran, vorerst bei uns vorbei zu Mazu, am Rückweg stoppt er dann bei uns. Nachdem wir genug Fisch haben laden wir alle am Abend zum Barbecue am Strand ein, für uns auch ganz praktisch, denn der Fisch ist ja schon fertig vorbereitet, gerade mal ein bisschen marinieren, für den Rest sorgen die anderen Crews. Ein tolles Lagerfeuer und ein Gasgrill von No Rehearsal, da wird der Fisch verlässlich perfekt, Couscous und Salat und ausreichend Getränke. Die Zeiten in denen man gerne angebranntes aus der Alufolie pellt und mit russigen Fingern isst, sind sichtlich vorbei und mit dem Alter kommen auch Campingstühle zum Einsatz, wir sitzen noch auf Nüssen oder Stämmen, mal sehn wie lange noch.

Auch dieser Abend perfekt, nicht all zu spät leuchten sich alle den Weg zurück zu den Schiffen, wir verstauen noch rasch die Reste vom Fisch im Kühlschrank und fallen ins Bett.

Die Tage im Paradies vergehen verdammt rasch, wir wandern ausgiebig auf den Inseln herum und gehen Schnorcheln, hier, direkt neben dem Ankerplatz ist es nicht so berauschend, weil die Korallenköpfe eher klein sind und weit auseinander stehen. Wir fahren mit Mike und Katie von der SY Adagio mit den Dingis zu größeren Riffköpfen in der Lagune. Die stehen im 15-25m tiefen Wasser und ragen fast bis an die Oberfläche. Zerklüftete Wände übervoll mit Korallen, Muscheln und Fischen, wirklich schön zum Anschauen, man schwimmt zwischen durch und außen rum wie in einem Garten voll mit Pflanzen und jedes Mal wieder Fische, die man noch nie gesehen hat. Hier gibt es auch wieder Doktorfische, die gab es haufenweise auf den Sechellen, seither sonst nirgendwo. Es dominieren die kleinen Fische, bunt oder gut getarnt, Grouper und selten mal größere helle Fische, könnte man hier essen, keine Baracuda, Tarpune oder andere von der Karibik Bekannte.  

Nach einem weiteren Lagerfeuer und Sundowner versuchen Mike, Katie und Robert ihr Glück beim nächtlichen Langustenjagen am Außenriff. Nachdem Langusten in der Nacht auf Jagd unterwegs sind sollte man sie mit der Taschenlampe im knietiefen Wasser spazieren sehen und fangen können, soweit die Theorie. Praktisch hat sich nicht ein Tier gezeigt und außer ein paar Schrammen von scharfen Korallen und Seeigelstachel in den Fingern, bleibt nur ein interessantes Erlebnis. Zumindest Fische haben einige neugierig ins Licht geschaut, anders als unter Tags, vielleicht sollte man doch auch nachts mal schnorcheln gehen.

Mittwoch geht's weiter, angeblich lässt der Wind jetzt für einige Tage aus, wir wollen mit dem letzten Hauch noch nach Fakarava. Ein Stopp zum Schnorcheln am Nebenpass, wurde uns als toll beschrieben. Der erste Versuch wäre beinahe ein Desaster geworden, viel zu weit in der Mitte, extreme Strömung hinaus und riesen Wellen, man kommt kaum wieder zurück ins Dingi und anschließend nur mit Mühe wieder in die Lagune hinein. Nächster Versuch am Rand, hier  treibt man entlang an Korallenbänken und Wänden, sehr schön, nur nicht sonderlich entspannend, weil man sich fast krampfhaft am Dingi anhält, gegen die Strömung schwimmend keine Chance hat und so über die Landschaft gezogen alles wie im Zeitraffer sieht. Zusätzlich ist man damit beschäftigt den sich rasch nähernden Korallen auszuweichen um keine Schrammen abzubekommen. Wir geben uns diese Drift zweimal, anstrengend genug und Zeit zusammen zu packen, noch vor Einbruch der Dunkelheit geht's raus aus dem Atoll und über Nacht nach Fakarava. Zuerst mühsam mit 2,5-3 Knoten, dann schon etwas besser mit bis zu vier Knoten und zuletzt, dann, wenn man es nicht mehr braucht über fünf. Wir bergen rasch alle Segel und treiben auch so im ersten Morgengrauen an der Südeinfahrt von Fakarava vorbei, bzw. darauf zu. Von der Strömung her ist es jetzt schon sehr gut, die Sicht ausreichend, also rein mit uns und Ankerplatz suchen, denn die sieben Bojen sind alle belegt. Bernd begrüßt uns, weist uns einen beliebten Ankerplatz aus und taucht dann auch gleich nach unserem Anker, liegt in Sand, passt so. Um neun geht's zum Driftschnorcheln, wollt ihr mit? Ja schon, da haben wir eh noch zwei Stunden um alles vorzubereiten, zumindest muss das Dingi wieder runter vom Deck, der Motor wieder montiert, Tank rein, Leitung verlegen, Paddel nicht vergessen,... Wir verständigen Mazu, die ebenfalls gerade fertig geankert haben und nehmen sie mit.

Großartig, überwältigend, wahrscheinlich einer der spektakulärsten Orte überhaupt. Die Riffwand entlang nicht zu starke Strömung, man kann sich aufhalten, umherschwimmen, runter tauchen, fotografieren, hier gibt es auch wirklich große Fische und Haie, hunderte, liegen am Boden, wie Kühe auf der Weide oder stehen in Scharen in der Strömung. Andere kreisen in einer kleinen Bucht herum, da wird einem ein wenig unwohl und ich trete rückwärts den Rückzug an, die Haie im Blick, da kommen Sie einem nicht zu nahe. Vorbei an einigen Bungalows folgt eine Korallenlandschaft, vielfältig und angenehm, weil nur ca. 5 Meter tief. Man kann sich gar nicht satt sehen, nur wegen Unterkühlung und Müdigkeit begibt man sich aus dem Wasser und zurück aufs Schiff. Das verlangt nach Wiederholung, gut, dass wir einige Tage hier eingeplant haben. Am Nachmittag wird eine Boje frei, die nehmen wir uns, also Anker wieder auf und Boje fangen. Für so ein Manöver hätten wir uns früher nicht so rasch aufraffen wollen, jetzt geht das alles recht zügig, denn sicher liegen hat Vorrang, da nimmt man schon einiges an zusätzlicher Arbeit in Kauf, auch das Herumgetue mit den Bojen, wenn es sein muss. Und weil sich hier die Ereignisse überschlagen wird am Nachmittag  ein geführter Tauchgang für Samstag vereinbart. Freitag laden wir alle zu uns zu meiner Geburtstagsparty. Der Tag ist zum Ausrasten, Essen vorbereiten, Schiff klar machen und ein bisschen Beauty mit Haare schneiden und färben geht sich auch noch aus. Das Schiff wird über Top mit dem Flaggenalphabet getakelt, so wie es sich für besondere Anlässe gehört, das beschert mir ein zusätzliches Geburtstagsgeschenk. Eine Leine reißt und ich muss in den Mast um die Reste der Flaggen zu bergen. Der Ausblick von oben auf die Schiffe und das Riff ist schön, ich versuche es auf Bild fest zu halten und genieße. Mit Maststufen ist man schnell und sicher oben und auch wieder zurück, den Klettergurt hat man als Sicherung angelegt, immer wieder stürzt wer ab, mit schlimmen Verletzungen oder gar Tod. Daher geht man auch nicht zum reinen Vergnügen hinauf, gut, wenn Arbeit anfällt.

Am Abend sind wir dann zu zwölft bei uns im Cockpit, neuer Rekord, Eintopf und Nudelsalat, lassen sich gut auch ohne am Tisch abstellen zu können essen. Sandra bringt eine Schokogeburtstagstorte und Inge einen Briosch zum Nachtisch, wir plaudern englisch und deutsch und haben viel Spaß mit kleinen Anekdoten und sprachlichen Besonderheiten, ein wirklich gelungenes Fest.

Dass ich wegen dem Tauchgang doch so nervös bin, ich schlafe schlecht, freu mich aber schon sehr darauf. Ich gehe immer wieder durch, was ich alles brauche und wie man sich unter Wasser verständigt und überlege ob sonst noch was wichtig ist, wie geht es mir in der Strömung?

Im Endeffekt klappt alles sehr gut und es ist ein überwältigendes Erlebnis. wir stehen tief unten auf 18-20 Meter an der Korallenwand und beobachten Scharen an Haien die an uns vorbeischwimmen, bzw. in der Strömung stehen. Wenn wir uns ruhig verhalten kann man sie lange aus der Nähe beobachten, sonst sind sie scheu und rasch davon geschwommen. Dieser Abschnitt wir auch Sharkwand genannt, 150-200 Haie dicht an dicht, zu viele um Angst zu haben. Ein kleiner Rochen posiert auch vor unseren Kameras und ein paar große Parotfische kann man aus der Nähe beim Zerlegen des Riffes beobachten. Fast wie Bagger brechen sie große Teile ab, verlagern und zermahlen sie und scheiden danach Sand aus. Die kleinen Fische gehen bei den Highlights fast unter obwohl sie so schön zu beobachten sind, ich bin von der Arten- und Farbenvielfalt begeistert und am meisten fasziniert mich, wie auf den Fotos alle Fische gut getarnt zwischen den Korallen und dem Hintergrund verschwinden. Eine in sich gut abgestimmte und funktionierende Welt, ein fressen und gefressen werden, gut, dass die Haie uns da nicht mit auf den Speiseplan nehmen. Man hat sich mehr Fürsorge bei einem geführten Tauchgang erwartet, dass wir erst kurz bevor wir vom Boot ins Wasser gleiten wollten bemerkten, dass bei Bernd das Jacket nicht funktioniert und Peters Regler, ist blöd, alle wieder zurück, Umbauen und neu starten. Und auch während des Tauchens findet man selten Kontakt zum Guide er ist immer vorne weg und man muss sich echt bemühen zu ihm zu kommen um ihm das Leerwerden der Flasche zu melden. Letztendlich steige ich einfach auf 5 Meter auf um dort ausreichend Zeit verbringen und jederzeit auftauchen zu können.

Auf jeden Fall möchte man kein weiteres Mal 75 Dollar fürs tauchen ausgeben, da trifft es sich gut, dass hier viele Yachties tauchen und sich selbst organisieren. Mike und Katie von  der SY Adagio sind auch wieder da und aktive Taucher. Peter von der SY Mazu möchte auch nochmal gehen und borgt mir seine zweite Flasche, gefüllt werden sie auf Adagio. Eine weitere Californische Yacht ist auch noch dabei und so erlebe ich meinen zweiten Tauchgang hier. Geht schon viel relaxter, einfach toll so schwerelos dahin zu gleiten und an all den Fischen so nahe dran zu sein. Es sind auch schon viele Grouper da, mit dem nächsten Vollmond findet hier das große Paarungstreffen statt. Tausende beim Groupersex und wie könnte es anders sein, auch ein reichlich gedeckter Tisch für die Haie. Wir haben einen Film über das Ereignis bekommen, unglaublich was sich da im Wasser abspielt. Jetzt haben wir den Beginn, Grouper die irgendwie schon im Hormonrausch sind und nicht mehr davon schwimmen, man kann sie angreifen, im Wasser schwimmen auch schon reichlich weiße Eier herum, hier wird Nachwuchs produziert.

Mein dritter Tauchgang, Thomas und Bernd gehen auch nochmal und Robert macht das Service, driftet die Dingis zurück und schnorchelt mit Toby, Sam und Birgit über uns. Robert kommt auch mal runter um Hallo zu deuten, Freediving auf 15 Meter unglaublich wie viel mehr Übung wir jetzt haben. Irgendwie ist man ganz schön müde von all der Aktivität, trotzdem treibt es einem noch mit Bord und Kajak eine Abendrunde zu drehen, wir haben ja nur noch ein paar Tage hier und wollen die Inseln und Lagunen um uns herum auch noch erkunden. Die Tage sind kurz, obwohl wir um sechs schon wach und meist aktiv am Funk sind, um die Zeit geht es am Besten, sind es nur 11 Stunden bis es wieder dunkel wird, um fünf fällt die orange Kugel hinter dem Horizont ins Wasser und kurz danach ist es dunkel oder wenigstens mondhell.

Peter und Sandra wechseln für zwei Tage zum südöstlichen Ankerplatz, auch so ein Traumplatz, sogar mit echtem Sandstrand und einem Lokal am Strand, für 20 Dollar das Abendessen gar nicht mal so teuer. Ich gehe nochmals mit Mike und Katie und den anderen Amerikanern tauchen, am letzten Tag mit Robert und Sandra nochmals Schnorcheln, dann heißt es Abschied nehmen. Schade, denn hier könnte man es noch lange aushalten und die anderen Plätze in dem 25nm großen Atoll sollte man auch besuchen. Wir wollen ohnehin im September, am Weg zu den Marquesas nochmals auf den Tuamotus Stopp machen. Ob Fakarava geht, wird vom Wind abhängen, denn gegen an wird man es nicht schaffen und dann muss man ein nördlicheres Atoll ansteuern, aber nächsten Frühling, wenn wir von Hiva Oa starten können wir nochmals einige Atolle der Tuamotus besuchen, wir kommen wieder!

 

Diese Ecke erfüllt alle Träume und Klischees von Segelreisen, besonders wenn das Wetter, wie derzeit so gut passt, nicht allzu viel Wind, selten Regen, Luft und Wasser angenehm warm.