Angekommen

Griechenland, endlich erreicht, die Überfahrt war wirklich ein Genuss im Vergleich mit all den Tagen davor. So ein konstanter Wind und noch dazu von der richtigen Richtung ist wirklich ein Geschenk. Die Welle noch sehr ruppig, da hilft der gute Speed durch starken Wind, der hebt uns über die Wellen drüber und manchmal surft man mit einer Welle so richtig mit. Diese Beschleunigung fühlt sich super an, besonders wenn man das Boot per Hand steuert und den Druck der Wellen rasch ausgleicht. Das kann der Autopilot nicht so gut, er reagiert erst wenn der Kurs einige Grad abweicht und plagt sich dann, das Boot wieder zurück zu bringen. So vergeht ein Tag, sechs bis acht Stunden wie im Flug. Man beobachtet die Wellen, legt Kurs, steuert zeitweise eigenhändig, passt die Segelstellung an, nicht viel zu tun aber irgendwie ist man beschäftigt und im Rhythmus gefangen. Zuerst sieht man das Land hinter sich immer kleiner werden, dann eine Zeit lang nur Wasser, das Gefühl von Horizont, Überfahrt und Weite, erst nach und nach taucht die Insel die man ansteuert auf. Viel früher als in den Beschreibungen angeführt, normalerweise verstecken sich die Inseln im Dunst, diesmal klarer Himmel mit guter Fernsicht. Also können wir das Näherkommen einige Stunden beobachten. Auch das ist ein interessantes Gefühl, man hat ein Land zum Greifen nahe und braucht trotzdem noch einige Stunden bis man anlegen kann. Segeln ist eben eine beschauliche Art zu reisen. Wie schon einmal erwähnt könnte man bequem mitlaufen und wie Asterix noch ein paar Blumen pflücken, aber so ist Reisen mit einer Fahrtenyacht eben. Manchmal wünsche ich mir, dass es flotter geht, besonders wenn man gegen den Wind kreuzen muss wäre eine Rennyacht genau das Richtige, aber Fahrtensegeln bedeutet vor allem Sicherheit und mit unsere Seven Seas auch ein bisschen Bequemlichkeit, ist sie doch unser schwimmendes Haus. Bedächtig kommen wir der Insel Othonoi näher, zuletzt wieder mit unserem Spi, der eigentlich ein Gennaker ist, er ist fix vorne am Bug angeschlagen und wird ohne Spibaum gesegelt. Diese Infos sind für alle, die sich mit Segeln auskennen und in Gedanken gleich ein bisschen mit an den Leinen ziehen, denn die Arbeit mit dem Spibaum ist gar nicht zu unterschätzen und wenn man nur zu zweit ist, hätte man alle Hände voll zu tun. Damit ist es klar - auf eine Fahrtenyacht gehört ein Gennaker mit Bergesack, damit man ihn auch sicher und rasch wieder runter bekommt wenn der Wind auffrischt oder dreht. Wir sind da schon gut eingespielt. Robert ist rasch am Vorschiff und mit klaren Kommenden, bin bereit, klar zum Bergen, werfe ich hinten die Schot los und rasch ist der Druck aus dem Segel draußen, das Fall gefiert und das ganze Segel wieder an Deck, verstaut in seinem gelben Sack beim Mast. Diesmal sind wir mit dem Gennaker bis weit in die Bucht hineingefahren und haben ihn erst kurz vor dem Ankermanöver geborgen. Ein bisschen ans Limit segeln und ein Gefühl noch so richtig auskosten ist uns Beiden noch vom Regattasegeln geblieben, eine Segelschule die wir jetzt nicht missen wollen. So und dann rasch, alles geht wie am Schnürchen, der Ankerplatz ist gewählt, der Anker fällt, rückwärts Anker einfahren, hält, Motor aus und - angekommen. Türkisblaues Wasser, fünf Meter tief, einige Yachten liegen schon vor Anker, auch die Saphira, eine Sun Odyssey mit deutschen Eignern, die wir in Vieste kennen gelernt haben. So trifft man sich wieder, wechselt ein paar Worte und freut sich, dass sie unsere Rauschefahrt bewundert haben. Kindisch, aber so sind sie halt die kleinen Highlights des Alltags.

Angekommen, erst einmal rein ins Wasser, immer ein Genuss wenn man wieder in einer Bucht ist, denn draußen am offenen Meer geht man nicht so gerne schwimmen. Bei wenig Wind kann man sich an einem Tau nachziehen lassen, nur da muss es wirklich fast windstill sein. Sonst freut man sich eben aufs Anlegen, Ankommen und Schwimmen, Schnorcheln, mal schauen wo wir da sind und wie es da ausschaut und ob der Anker auch gut eingegraben ist. Ein erster Landgang, jetzt geht ja unser 5PS Mercury zum Glück wieder, rein in den kleinen Fischerhafen, raufklettern auf die Mole und dann zuerst einen Mistkübel suchen, denn Mist wird immer entsorgt wenn man an Land geht. Alles hier kein Problem und der Ort mit seinen paar Häusern ist auch überschaubar. In der ersten Bar in der wir einen Café trinken und wieder Internet nutzen, werden wir gleich sehr freundlich empfangen, die Kinder sprechen uns englisch an und die Erwachsenen geben uns ein kleines Präsent, ein kleines Päckchen von einer Familienfeier. Man fühlt sich echt willkommen, angekommen. Hier auf den Diapontischen Inseln gibt es fast keinen Tourismus, wenige Fahrtenyachten, ein paar Tavernen und Cafés. Zweimal am Tag kommen Fähren, die Tagesgäste bringen und wieder mitnehmen. Wir genießen den Abend, schlafen tief und sind für den nächsten Tag voller Tatendrang. Hier gibt es eine beschriebene Wanderung in unserem Wanderführer hinauf in den eigentlichen Hauptort der Insel Chorio und zu einigen Aussichtspunkten. Am Nachmittag, wenn es kühler wird geht's los. Der alte Karrenweg ist auch rasch gefunden, leider so verwachsen, dass wir uns durch die Dornen kämpfen müssen. Erst nach einer guten halben Stunde ist der Weg so wie wir uns Wanderwege vorstellen, doch scheint hier schon länger niemand gegangen zu sein. Alle paar Meter ein Spinnennetz über den Weg, alle mit dicker Spinne mittendrin, schön zum anschauen, aber trotzdem müssen wir die Netze leider zerstören um weitergehen zu können. Die Spinnen haben jetzt halt wieder ein schönes Stück Arbeit um sich ein neues Netz zu bauen, auch eine Schule des Lebens, Sisyphus lässt grüßen. Unsere erste Wanderung ein voller Erfolg, oben im kleinen Ort grüßen uns einige Leute die hier noch wohnen und ein freundlicher Einheimischer meint, er könne uns in einer Stunde mit dem Auto wieder zum Hafen fahren. Ein echt nettes Angebot, doch wollen wir uns ja bewegen und bergab ist man ohnehin viel schneller als bergauf. Angekommen in Griechenland, Urlaub, was steht jetzt auf dem Plan, wie lange bleiben wir hier? Wieviel Zeit haben wir? Was sind die nächsten Fixpunkte? Wir genießen das Gefühl die erste Etappe an der italienischen Küste entlang hinter uns zu haben, die restliche Zeit bis Oktober gehört jetzt dem gemütlichen Reisen von Bucht zu Bucht, von Stadt zu Ort, bleiben wo es uns gefällt, aber auch weiterfahren wenn es nicht passt. Aber ein paar Eckpunkte gibt es doch und Reisen bedeutet ja nie wirklich ankommen. Man ist mal da, mal dort für einige Zeit, aber irgendwie ist man immer auf Durchreise. Und jetzt sind wir noch so auf Entdeckungsreise, es gibt so viel zu sehen, sodass man kaum einige Tage an einem Ort bleibt. Einklarieren in Korfu, dann ist alles offen bis Zakynthos, da haben wir eine Verabredung und hoffen, dass wir meine Kollegin hier treffen können und dann am 10. August Kalamata, da kommen die Kinder an Bord, dann zwei Wochen gemeinsamer Sommerurlaub am Peloponnes, soviel zu unseren Fixpunkten.

Ein Gefühl der Freiheit stellt sich ein, Zeit ohne Ende und doch zieht es uns weiter, die nächste Insel Erikousa wurde uns sehr empfohlen, dort müsst ihr hin, also nächster Tag, Anker auf und rüber auf Erikousa. Die Bucht ist groß, der Ort etwas unscheinbarer, aber auch hier ein herzlicher Empfang. Wieder zwei Tage, eine Wanderung über die gesamte Insel, hat nur 4 Quadratkilometer, diesmal schöne Wege, kein Gestrüpp. In den Bergen wird viel gejagt, wahrscheinlich Hasen, von denen sehen wir auch einige. Einer hat das Pech flüchtet vor Robert und lauft mir genau in die Arme, also schlägt er verzweifelt einige Haken zwischen uns zwei, bis er sich an mir vorbeidrückt und rasch hinter den Büschen verschwindet. So intensiv hatte ich schon lang keinem Hasen mehr in die Augen geschaut, seine Angst war deutlich zu sehen. Genau diese Momente machen unsere Reise und unsere Landausflüge zu etwas Besonderem, Momente in denen man so nah an kleinen Lebendigkeiten ist, die sonst kaum sichtbar werden. Vielleicht sieht man so die Welt wieder mit Kinderaugen und lebt wie Kinder, die ja auch neugierig und planlos jeden Tag erleben, die Vorgaben kommen von außen, Erwachsene, Windbedingungen oder so.

Schöne Tage auf Erikousa, dann weiter nach Korfu, zuerst in die Bucht Agios Stefanos, die uns ebenfalls empfohlen wurde. Die Bucht ist voll mit Yachten, viele Urlauber düsen mit ihren kleinen geliehenen Motorbooten in die Bucht, sie kommen alle von ihren Ausflügen zurück, irgendwie sehr unruhig, gleich ein Touristenschock nach unseren zwei ersten Inseln. Korfu und die Ionischen Inseln begrüßen uns, vorerst scheint es vorbei mit der Einsamkeit, mal sehen was uns hier erwartet. Jedenfalls entfällt die geplante Buchtenwanderung, wir verholen uns am nächsten Tag in die ruhigere Nachbarbucht, es ist uns nach einem gemütlichen Badetag mit lesen und faulenzen. Spontan wie Reisen eben ist, beschließen wir um drei am Nachmittag doch noch die sieben Meilen nach Gouvia zu segeln, jetzt ist guter Wind und für morgen ist Flaute und Bewölkung angesagt. Wind muss man nutzen wenn man unter Segel weiterkommen will und in Italien haben wir ja genug oft erlebt wie man bei null Wind und Welle draußen am Meer überbleibt oder eben motort. Sieben Meilen genau gegen den Wind heißt kreuzen, wir haben 100 Grad Wendewinkel, so kommen wir zweimal sehr nah an Albanien ran. Albanien hat vom Meer aus etwas sehr Unnahbares. Man sieht nur kahle Berge, kaum Städte oder Ortschaften, man hat das Gefühl, Albanien hat das schlechteste Stück Küste bekommen, auch wenn sie wollten, wäre da wenig Platz für Touristen. Aber vielleicht hat das ja auch Vorteile. Jedenfalls betrachten wir die kahle Küste sehr genau, fotografieren sie auch, was natürlich ziemlich nichtssagende Bilder werden. Albanien lässt sich, wenn überhaupt nur in Worten einfangen und weil wir nicht dort waren, wissen wir nichts von den Schönheiten die das Land wahrscheinlich im Hinterland zu bieten hat. Eigentlich wäre Albanien durchwegs auf unserer Reiseroute gelegen, aber auch wegen der noch immer sehr aufwendigen Bürokratie zieht es uns einfach nicht hin, bleibt links liegen und weiterhin ein grauer Fleck auf der Landkarte. Vielleicht auch schade, aber man kann ohnehin nie alles haben im Leben, man trifft eine Auswahl und ist hoffentlich im Großen und Ganzen mit der Wahl zufrieden.

Trotz Kreuzkurs geht es gut voran, zuletzt dreht der Wind noch zu unseren Gunsten und wir segeln genau auf unsere Ankerbucht zu. Auch hier liegen schon einige Yachten, aber es ist genug Platz, Anker fällt, einfahren, hält, Motor aus. Die Bucht liegt schräg vis a vis der Marina vor dem Hotel Imperial. Wir genießen den Abend, zufrieden mit unserer Wahl, gehen noch spät schwimmen und hören erste Reihe fußfrei ein klassisches Lifekonzert vom Hotel, sehr stimmungsvoll. Hier in Griechenland gibt es unzählige schöne Buchten in denen man frei ankern kann, kassiert wird nur in Städten und Marinas. Genau so stellen wir uns Fahrtensegeln vor. Griechenland ist da ganz anders als Kroatien, uns gefällt es hier!