September

Mit September wird es in Griechenland deutlich herbstlicher. Jetzt merken wir wie rasch es am Abend wieder dunkel wird, in der Nacht feuchtelt es schon ein bisschen und tagsüber ist es nicht mehr so drückend heiß wie bisher. Die Luft flirrt nicht mehr so, manchmal bilden sich Wolken und in der Ferne konnten wir auch schon wieder ein Gewitter beobachten. Wir haben noch ein paar Regentropfen abbekommen und sind bei gutem Wind weiter. In Hydra war es wie erwartet übervoll, auch die nächste Bucht, mit aggressiven Seglern belegt. Die rauschen mit einem Affenzahntempo in die Bucht, zwängen sich zwischen schon ankernde Boote und hoffen, dass sie dem anderen nicht drauf rutschen, dabei wird wild gestikuliert und herumgeschrien, da fühlen wir uns nicht wohl und ziehen ab. Poros bietet genug Platz zum Ankern oder auch an den Stegen, wir bleiben zwei Nächte und genießen den wirklich sehr schönen Ort.

In den nächsten Tagen wenig bis gar kein Wind, da sollten wir noch einen der Orte erreichen, an denen wir uns Landausflüge ausgesucht haben. Die Fahrt ist wirklich ein Leichtwindherumgetümpel, aber aufregend wie noch fast kein anderer Segeltag. Zuerst, nicht weit vom Boot, ein riesen Schwertfisch der aus dem Wasser springt und mit einem Aufprall wieder verschwindet, wir sind fassungslos. Hier sind sie die großen Fische, von denen Robert als Anglerglück immer träumt, die Schleppangeln sind drin, aber wäre schon ein großer Zufall wenn da was beißt. Und dann, einige Stunden später, nicht weit von uns entfernt ein Thunfischschwarm beim Jagen. Einige kommen relativ hoch aus dem Wasser, zum Greifen nahe und so viele, rund ums Boot immer wieder jagende Fischschwärme, wir haben die Angeln draußen und hoffen auf unseren ersten Thuna. Aber allein das Schauspiel ist faszinierend und toll, das Wasser voll von Leben und man kann es erste Reihe fußfrei beobachten. Die Stunden vergehen wie im Flug auch wenn wir langsam unterwegs sind, gegen Abend kommen wir dann in Epidavros an, von hier aus wollen wir mit dem Rad zu den Ausgrabungen von Epidaurus.

Freitag Nachmittag geht's dann los, 17km bergauf nach Epidaurus, das Theater ist gut erhalten, bzw. gut ergänzt, 14.000 Besucher haben Platz und man hört wirklich in den obersten Rängen auf der Bühne Papierrascheln, so gut ist die Akustik. Wir sitzen lange, sind eh müde vom bergauf strampeln, beobachten das Treiben der Touristengruppen, genießen den Blick in die Berge aus denen wir gerade hierher gekommen sind und hängen so den Gedanken nach. Wie sind die Menschen früher zu den Veranstaltungen gekommen, von wo und wie lange haben sie gebraucht bis sie endlich hier oben waren? Faszinierend, beeindruckend, Geschichte zum erleben, besonders wenn man selbst langsam und mit eigener Muskelkraft unterwegs ist, da werden Distanzen neu definiert. Wo man heute ohne viel nachzudenken rasch hinfährt war man früher tagelang unterwegs, hat sich versorgen müssen, hat Quartier gebraucht. Eine andere Welt, die man hier an diesem besonderen Ort spüren kann und wir haben den Luxus hier verweilen zu können, die meisten Touristen werden rasch durchgeschleust, der Bus oder das Taxi wartet schon. Das gesamte Ausgrabungsgelände ist in einem Pinienwald und außerdem sind Wolken aufgezogen, die ohnehin Schatten machen. Wir wandern auch durch das Feld mit vielen unterschiedlichen antiken Steinen, teilweise schon wieder zu Mauern geschlichtet, sieht aus wie ein großes Puzzle oder Legospiel, welcher Stein könnte da passen. Ein eigens aufgestellter Kran mit Laufschiene hieft dann die Steine wieder aufeinander, so dass man sich gut vorstellen kann wie da die Kranken behandelt, Feste gefeiert und Götter verehrt wurden. Im kleinen Museum sind die Statuen, Gefäße und andere Dinge die hier gefunden wurden ausgestellt, zusammen ergibt sich ein sehr lebendiges Bild von Epidaurus seinerzeit, als hier eine florierende Stätte war.

Runter zum Hafen sind wir dahingeroolt, gerade rechtzeitig angekommen bevor es neuerlich zu regnen begann, und seither regnet es jeden Tag, kurz aber teilweise sehr heftig auch mit Gewitter, das ganze soll jetzt noch einige Tage so gehen. Abends braucht man schon was langärmliges, müssen wir erst suchen, hatten wir doch wirklich zweieinhalb Monate immer heiß und trocken. Als waschechte Österreicher lassen wir uns von ein bisschen Regen und schlechtem Wetter nicht gleich abschrecken und radeln und wandern, was sich eben bis zum nächsten Gewitter gut ausgeht. Auf den Inseln hat man den Vorteil dass man die Wolken lange beobachten kann und einiges sich schon vorher an einem anderen Inselberg abregnet, der Wind hilft auch mit und vieles verbläst sich wieder.

Eine Woche und vieles hat sich geändert, das Wetter, die Menge der Seglern und die Anzahl an Österreichern, die man hier trifft. Den ganzen Sommer haben wir nur vereinzelt und meist von der Ferne österreichische Yachten gesehen, jetzt liegen wir zu zweit oder dritt an einer Mole, treffen uns und tauschen Erfahrungen aus. Was Griechenland betrifft sind wir Neulinge und nehmen alle Tipps auf, hören auch ganz unterschiedliche Erfahrungen mit dem Wetter, wir hatten heuer im Sommer anscheinend wirklich Glück, hätten auch Stürme haben können. Zum Beispiel in Poros, wo wir ganz friedlich bei null Wind lagen hatte es unlängst 40 Knoten und fast alle Boote haben sich unfreiwillig bewegt, Chaos in der Bucht und einige erhebliche Schäden. Da sind wir immer sehr dankbar, dass wir bisher recht gut davon gekommen sind. Und immer wieder die Diskussion welche Bootstypen für welche Art zu Reisen am besten sind und ob man mit einer Ovni, so wie unsere gut bedient ist. Wir sind zufrieden, wäre auch schade wenn es anders wäre, aber auch da lernt man immer neues dazu, Ideen für Verbesserungen, fad wird uns nicht.

Die Halbinsel Methana ist auch eines der Ecken die wir hier im Saronischen Golf unbedingt besuchen wollen. Wir wählen Vathi, das kleine Fischerdorf an der Westküste um von dort unsere Landausflüge anzugehen. Wir nähern uns mit gemischten Gefühlen, denn oft ist der kleine Hafen so überfüllt dass man gar keinen Platz mehr bekommt, dann müssten wir uns auch noch wo anders hin verholen. Wir zwängen uns nicht gern irgendwo noch dazu, sind dann fast manövrierunfähig, behindern andere oder werden niedergefahren. Auf den letzten Meilen, wir trauen unseren Augen nicht, kommen aus dem kleinen Hafen mindestens 15 Boote raus, die meisten wieder von einer Flottille. So ein Glück, jetzt müsste der Hafen fast leer sein, ist er auch und wir legen ohne Probleme an. In den zwei Tagen, in denen wir hier bleiben, fallen auch keine weiteren Horden von Booten ein, jeden Tag drei oder vier, von Überfüllung zum Glück keine Rede und damit ist es hier wirklich ruhig und gemütlich. Zuerst radeln wir über die Insel nach Methana, dem Kurort der Insel, der mit seinem verblichenen Charme der alten Kurhotels und Badeanlagen einen Besuch wert ist. Eigentlich wollten wir ursprünglich hier in der Naturmarina anlegen, im grünlichen Schwefelwasser stehen und auch baden, soll gut gegen Rheuma sein, und die Algen am Unterschiff fallen vor Ekel auch gleich ab. Der Ort liegt aber jetzt nicht mehr auf unserer Route und der Wind ist zu schwach um noch mal rasch hier her zu segeln, also muss es der Radausflug tun. Orte erlebt man ganz unterschiedlich wenn man sie von Land aus besucht, oder ob man per See anreist, beides hat seinen Reiz. Wir genießen es beides zu haben, denn mit den Rädern sind wir wesentlich mobiler als die meisten Segler, die nur sehr umständlich von ihren Booten wegkommen. Am zweiten Tag dann die geplante Wanderung, nach dem starken Regen in der Nacht ist der Himmel in der Früh wieder blau mit vereinzelten weißen Wolken, nächstes Schlechtwetter kommt frühestens wieder am Abend. Los mit den Rädern bis zum Ort Megalo Potami, von dort den Pfad hinauf auf die Hochebenen und zu den Vulkangipfeln, den höchsten erklimmen wir auch, die Aussicht auf Ägina und das weite Meer ist toll, aber die Hitze macht jeden Höhenmeter zu Höhenkilometer und sogar der Rückweg zieht sich so, dass man glauben könnte, sie haben ein paar Serpentinen dazu geschummelt. Durstig und müde kommen wir wieder im Hafen an unsere Aufmerksamkeit auf unseren Kühlschrank und die Getränke gerichtet, erkennen wir unsere neuen Stegnachbarn gar nicht. Erst dann freudige Begrüßung, die Nestingers, der Vater des ÖSYC Cups mit Gattin, seiner Yacht "Sun Shine" und Gästen. Griechenlandkenner, wieder ein ausgefüllter Nachmittag und Abend, es gibt viel zu erzählen und wir holen uns gute Tipps für unsere weitere Reise. Die nächsten Tage lassen wir gemütlich vergehen, Mittwoch die längere Überfahrt bis zum Poseidontempel an der Südspitze der Landzunge auf der auch Athen liegt. Badetag, an dem Kleinigkeiten repariert werden, denn wir können nicht wie Charterer das Boot zurückgeben und die Mängel aufzählen, wird schon wer richten. Wir müssen selbst in den Mast und oben die Rolle für das Spifall neu montieren, sie ist ausgebrochen und auch das Genuafall gehört neu geknotet. Zuletzt wird ein kleiner Riss am Spi noch geklebt bevor er bei einem stärkeren Wind in die Länge reißt, Klopumpen geschmiert, Wäsche gewaschen und Haare geschnitten. Alles ohne Probleme erledigt, ein erfolgreicher Tag, wir sind zufrieden und müde. Morgen geht es dann nach Lavrion, von wo aus wir mit meiner Schwester und ihrem Mann die Kykladenrunde beginnen.