El Hierro

Endlich mal eine Strecke mit Rückenwind, von Flaute, eine Brise für den Spi, die angenehmen 15 Knoten Wind für Genua und Groß und dann 25 Knoten mit hoher Welle zum Anlegen. So schaffen wir die etwa 100 Seemeilen in einmal Tag und Nacht, um 9 Uhr legen wir bereits an, so hätten wir die anderen Überfahrten auch berechnet und gerne gehabt.
La Restinga liegt ganz an der Südostspitze von El Hierro, hier hat es den Cupeffekt, hier bläst es immer deutlich mehr als sonst wo, seit wir angekommen sind immer so mit 50 kmh und mehr. Der Hafen hat zwei Schwimmstege an denen man etwas schaukelt, aber durchwegs sicher liegt. Strom gibt es auf unserem Steg gerade oder auch länger nicht, Wasser schon, Toiletten und Duschen nicht. Die Steganlage ist immer versperrt, der Marinero hilft beim Anlegen und gibt uns gleich einen Schlüssel. Anmelden und zahlen morgen dann, hier hat es niemand eilig. Insel am Ende der Welt, damals als man noch nicht wusste das hinter dem Horizont wieder Land kommt, Indien, Amerika, die Karibik oder was auch immer. Heute eine kleine Insel, gerade mal 278 Quadratkilometer groß, 10 000 Einwohner, davon die meisten in der Hauptstadt Valverde, am südwestlichsten Ende Europas. Die gesamte Insel ist also Scheibbs mit Umland, wahrscheinlich nicht mal so groß wie das Mostviertel, eher so wie unser NAW- Einsatzgebiet, um sich eine Vorstellung zu machen. Der Ort Restinga, drei mal drei Gassen, ist schnell erkundet, die Öffnungszeiten scheinen nur so ein Anhaltspunkt zu sein, erst beim dritten Anlauf erwischen wir das Touristenbüro offen und auch nur, weil es gerade eine Führung für eine Pensionistengruppe gibt. Nett sind hier alle, sie erklärt uns auch gleich was es hier zu sehen gibt und händigt uns Inselkarte und Busfahrplan aus.


Die wirklich bewegende Attraktion ist die Entstehung einer neuen Insel gleich vor dem Hafen, man kann sie von der Küste im Fernrohr sehen. Im Jänner hat es dort unter Wasser wieder vulkanische Aktivität gegeben, Gesteinsbrocken, sogenannte "bomba" sind ausgestellt und die seismographischen Messungen werden erklärt. So nah dran am aktiven Vulkan waren wir noch nie und das Thema Unterwasservulkane mit Gasbildungen und Strömungen sind für uns besonders interessant. Vor einiger Zeit war das Meer um den Hafen deswegen auch gesperrt. Restinga ist ein Tauchzentrum, mit vier Tauchbasen, hier in dem kleinen Ort, mehr als Lokale, angeblich eines der interessantesten Tauchreviere Europas. Höhlen und Vulkane unter Wasser, Fischreichtum, auch bunte Papageienfische, die hier auch häufig auf den Speisekarten stehen, sind zu sehen. Rund um uns im Hafen auch immer wieder Schlauchboote, voll besetzt mit adjustierten Tauchern, auffällig viele Pensionistengruppen und auch Schulklassen werden mit Bussen her gekarrt, dürfen neben der Führung auch hier am Ortsstrand, der ganz hinten im Hafenbecken liegt, baden, werden im Lokal am Hafen versorgt und verlassen nach einigen Stunden die Szene wieder. Das Ganze ist von einem, für diese Insel Großaufgebot an Rettungskräften begleitet, ein Einsatz- und ein Transportfahrzeug vom Cruz roja stehen im Weg herum, der verblichene Kontainer, ehemals Einsatzzentrale hinter der kleinen Werft ist verwaist, der nächste Stützpunkt zirka 10 km weit weg, oben am Berg. Freitags dann eine Einsatzübung mit dem orangen Schnellboot und einer Hubschrauberseilbergung draußen beim Riff, die Rettungskräfte im Hafen schauen zu, scheinen nicht involviert zu sein, reden mit dem Publikum und ziehen danach relativ rasch ab. Unsere Einsatzübungen in Österreich waren da schon aufwendiger und spektakulärer, aber technisch dürfte hier alles am neuesten Stand sein und was man so gesehen hat läuft alles ruhig ab, ist sehr beruhigend. Das Wochenende wird noch mit einem Event, Fiesta auf Plakaten angekündigt bereichert. Neugierig schauen wir natürlich auch vorbei, es ist ein Mistfest, man möchte Recycling bewerben, besonders bei Kindern und älteren Personen. Umweltschutz ist hier insgesamt sehr groß geschrieben, Mülltrennung zumindest an der Anzahl der aufgestellten Kontainer allgegenwärtig. Die Insel hat auch Windkraftwerke und eine Meerwasserentsalzungsanlage. Sie möchte in ein paar Jahren energieautark werden, ist jetzt schon ein Biosphärenreservat, viel steht hier unter Naturschutz. Das begeistert mich, träume ich doch davon dass endlich der Wachstumswahnsinn einer sinnvollen Nutzung der Ressourcen weicht, hier im kleinen geschützten Rahmen ist es vielleicht leichter möglich. Auch deswegen haben Inseln für mich eine starke Anziehung, sie sind mehr auf sich gestellt und oft nicht so vereinnahmt vom Wahnsinn der Welt. Wir bekommen hier per Nachrichten die Anschläge in Paris mit und bangen, was noch alles auf Europa zukommen wird. Da sind Ballungsgebieten natürlich wesentlich gefährdeter als entlegene Gegenden, hier wird sich wahrscheinlich kein Terror her verirren.

Soweit die ersten Eindrücke von dieser Insel, Robert meint der Ort hat etwas polnisches, mir kommt die Insel ein bisschen wie die Landschaft einer Kleinbahnanlage vor, jedoch ohne Zug, hier fahren 15-Sitzer Busse, teilweise auch größere, zwischen den Ortschaften und das überpünktlich, haben eine andere Zeitrechnung wie Geschäfte und Büros. 
Hier an der Südecke ist alles eher öd, schwarz, vulkanisch, weiter oben eine Hochebene mit Hügeln, Feldern, Almen und dem von La Palma schon bekannten Föhrenwald. Alles schaut so ordentlich arrangiert aus, das Grün wie Filz oder der Streusel mit braun- und Rotanteilen den man im Modellbau benutzt und hin und wieder stehen mal zwei Schafe oder Kühe herum. Mehr waren wahrscheinlich in der Packung nicht drin, vielleicht gibt's welche zum Nachkaufen. 
In La Restinga gibt es einen gut sortierten Supermarkt und ein "polnisches" Geschäft, übersichtlich bestückte Regale mit Dingen die zusammen kaum eine Mahlzeit ergeben würden, dazwischen ausreichend Platz, das Cola schon drei Monate abgelaufen. Wahrscheinlich ist es jetzt schon ganz anders in Polen, aber als wir dort waren, sah es dort ähnlich aus.

 
Wir nehmen gleich mal den Bus und besichtigen El Pinar, das Zentrum im Süden der Insel. Sind eigentlich zwei Orte, verteilen sich über eine weite Strecke oben am Hang, haben ein Zweisternhotel, ein paar Lokale, zwei Supermärkte, Bank, Post und was sonst noch zu einem Ort gehört. Nichts Wesentliches, was es nicht hier unten am Meer auch geben würde, aber von da oben gehen die meisten Wanderungen aus, wir streifen mal eine Runde durch den Wald, sammeln Pilze, gehen zum Aussichtspunkt und dann zu Fuß zurück nach La Restinga, zusammen dann doch recht anstrengend und zuletzt auch heiß. Dass ist vielleicht auch noch wichtig zu erwähnen, hier sind wir auf den Inseln des ewigen Frühlings, jetzt ist zwar Herbst, aber es ist warm, das Meer hat 22 Grad, es gibt einiges zum Ernten, anderes blüht oder ist frisch gesetzt. Das verwirrt ein wenig unsere Wahrnehmung, normalerweise wäre es jetzt feucht und kalt, kein Laub mehr auf den Bäumen, es wird früh dunkel und wir bereiten uns auf den Winter vor, Advent, Weihnachtsstimmung. Hier nicht, der strenge Wind pfeift unaufhörlich, es schlägt und kracht und das Schiff wird hin und her geschubst, dass nervt ein wenig, trübt aber unsere Stimmung nicht.

 

Der Sonnenuntergang geht hier schon recht rasch über die Bühne, so gegen sieben Uhr, um halb acht ist es dann schon stockdunkel. Heuer ist Weihnachten mit Osterwetter oder Sommerparty, wahrscheinlich aber einfach nur Wasser rundherum, ein Punkt mitten am Atlantik. Jetzt genießen wir aber noch die Inseln, El Hierro und dann die Kap Verden.
Auf Reisen kommt die Zeitwahrnehmung ohnehin durcheinander und da und dort mal warten, oder eine Stunde und mehr mit dem Bus fahren ist normal, es gibt ja auch immer was zu sehen. Für unsere Ausflüge müssen wir leider mal den Wecker stellen, denn der Bus fährt um 6:40 und dann erst wieder nach zehn Uhr, dann hat man Stress bis 16 Uhr wieder bei einer Busstation zu sein damit man wieder zurück kommt.

Ein Ausflug führt uns in die Hauptstadt Valverde und dort ein bisschen Umgebung. Hier gibt es alles, Werkstätten, Elektrohändler, Spital und ein paar mehr Geschäfte und Lokale, sonntags aber fast alles geschlossen. Wir sind alleine im Ort unterwegs, denn Stadt ist etwas übertrieben, so wie Scheibbs halt auch eine wirklich kleine Stadt ist, ist größenmässig vergleichbar. 
Bei einer Wanderung an der Südküste entlang kommen wir an Hippie Behausungen vorbei, sieht nicht gerade sehr wohnlich aus, ob man sich aussteigen so wünscht?

Einen besonders schönen Ausflug planen wir für Montag und Dienstag, wir fahren mit dem Bus nach El Golfo an der Westküste, Frontera mit dem Nachbarort Tigaday, ist dort das Zentrum, rundherum Landwirtschaft, Bananen, Ananas, Mangos, Papayas, Avocados, einfach alles. Wir nehmen dort ein Zimmer um Zeit für Besichtigungen und dann die Wanderung zu haben. Von hier aus kann man über den Berg wieder zurück nach El Pinar. 
Guinea ist ein Museumsdorf, ein Dorf, welches wegen einer Dürreperiode von den Einwohnern verlassen wurde und jetzt mit Hausrat und allem besichtigt werden kann. Die Führung wird von einer Nachfahrin einer dieser Auswandererfamilien gestaltet, echt super, denn sie gibt einen guten Einblick wie lange hier mit einfachen Mitteln gelebt wurde, die Auswanderung mit einem kleinen Koffer nach Kuba und Venezuela kann man sich lebhaft vorstellen. Viele sind wieder zurückgekommen und gestalten jetzt die Insel, man hat den Eindruck, dass man hier zufrieden leben kann und sehr aufgeschlossen ist für einen vernünftigen Fortschritt. Technisch ist alles am neuesten Stand und die ganze Insel hat „free wifi“, welches auch recht flott geht, da kann sich Teneriffa und so mancher Touristen Hot Spot was abschauen.

Nach der Dorfbesichtigung müssen wir zu Fuß etwa drei Kilometer zurück zum Quartier, Landstraßenhatscher zu Mittag, nicht gerade toll, dort packen wir die Badesachen und wandern, ebenfalls ca. drei Kilometer zur Charco Azul, einer der wenigen Badeplätze dieser Insel. Da hier alles felsig ist und die Brandung ungehindert heran rollt, ist es nicht einladend zum Baden. Hier gibt es Naturschwimmbecken in einer Höhle mit türkisem Wasser, unterbrochen vom weißen Schaum der hereinströmenden Wellen. Zusätzlich haben sie ein bisschen mit einer Mauer nachgeholfen und noch ein komfortables Becken etwas über Meeresniveau geschaffen. Die Wellen schwappen sanft über die Mauer und sorgen immer für Frischwasser, man sitzt wie in einem Thermalbad im Wasser, nicht so warm, dafür aber ein bedeutend eindrucksvollerer Ausblick raus auf das offene Meer. Zum Aufwärmen liegt man wie die Robben auf den umliegenden Felsen, im Hintergrund ragt die Felswand senkrecht auf, bis zum Grat, an dem man ein paar Bäume stehen sieht, sind es 1000 Höhenmeter. Ein wundervolles Ambiente, fast schöner wie Sandstrand.

Und angesichts dieser überwältigenden Kulisse recherchieren wir unsere Wanderung für den nächsten Tag nochmal und entscheiden uns dann doch gegen 1500 Höhenmeter Aufstieg und 700 im Abstieg, alles auf 15-20 Kilometer. Wir genießen den Abend bei gutem Gegrilltem in einem der wenigen Lokale, schlafen auch auswärts in der kleinen Pension, in einem richtigen Bett ganz gut und nehmen am nächsten Tag den Bus in die andere Richtung, fahren wieder auf die Hochebene und besteigen den höchsten Berg El Hierros, den Malpaso auf deutlich bequemerem Weg. Die Wartezeit auf den Bus zurück zum Hafen vergeht im Dorf- Cafe von El Pinar rasch, wir erledigen gleich ein paar Dinge im Internet und beobachten die nachmittags Dorfszene. Viele der Personen haben wir jetzt schon öfter gesehen, so zum Beispiel einen etwas ausgehungerten Verwahrlosten, der hier die Zeitung liest, was trinkt und dann wieder durch den Ort wankt, ein Spielsüchtiger füttert den einzigen "Einarmigen Banditen" mit Geld, ein paar Pensionisten teilen sich hier sichtlich ihr Wohnzimmer und Arbeiter kommen für ein Getränk oder Tapas vorbei und bleiben unterschiedlich lang, eilig scheint es hier ohnehin niemand zu haben.

Wir auch nicht, trotzdem drängt uns das angesagte Schlechtwetter am Wochenende zügig zusammen zu packen um noch bei gutem Wind auslaufen zu können. Und für acht Tage Überfahrt ist noch einiges zu tun.
Zurück am Schiff legen wir dann gleich mal los, Robert taucht noch mal und kontrolliert das Schiff von unten, ich wasch gleich mal das durchgeschwitzte Zeug und danach nehmen wir die Dusche aus dem Gartenschlauch am Steg. Frische Pilze von unserer Wanderung verarbeiten, heute Pilzsuppe und morgen ein leckeres Nudelgericht, dann haben wir sie auch gleich wieder verspeist, würden Lagerung ohnehin eher schlecht überstehen. Morgen ist noch einiges zu tun, dann geht's los, wir verlassen El Hierro und damit Europa und für die nächste Zeit auch mal den Internetcomfort und ab jetzt das recht günstige telefonieren. Das Satellitentelefon ist außerhalb der EU bei weitem günstiger als die Roaming Gebühren unserer österreichischen Handys. SMS kann man auf das SAT Telefon gratis senden, wenn man es über die Internetseite

http://connect.inmarsat.com/Services/Land/IsatPhone/SMS/sms.html

versendet, eine kleine einseitige Kommunikationsmöglichkeit, denn wir versenden unser SMS dann um 65 Cent.

Internet werden wir sicher in jedem Land mehr oder weniger nutzen können, während der Überfahrten haben wir unsere Kurzwellen- Mailadresse für ein wenig Austausch, die wir dann auch täglich abfragen werden, vorausgesetzt die Wetterverhältnisse lassen es zu. 
Jetzt mal eine Woche bis zu den Kap Verden, dann gibt's wieder Neuigkeiten.