Ibiza

Ibiza ist wirklich eine ganz eigene Insel, sehr klein, so 35x20 km, aber so vielfältig, dass man sich kaum vorstellen kann, dass das auf so engem Raum geht. Ist fast so wie die Vielfältigkeit einer Person, die unterschiedlichen Bedürfnisse, die alle Platz haben müssen.

Wir liegen in Sant Antoni in der großen Hafenbucht an der Westküste, hier ist der Ort der jungen Partytieger, Bodypainting, Tatoos, Schaumpartys und was sonst noch in ist, in der Früh dann überall Abfall und herumhängende Alkoleichen. So viele Rettungsautos sieht man sonst selten fahren. Und trotzdem ist es hier ab Mitternacht völlig ruhig am Wasser, auch die Musik, die man vom Land sonst hört ist dann verstummt. Was ein paar Meter Abstand schon ausmachen. Untertags spielt es sich dann am Wasser ab, Speedboote mit Bananen oder Schirmen die sie nachziehen, Skidos, Fähren und was sonst alles am Wasser unterwegs sein kann, alle flitzen sie zwischen den ankernden Booten herum, machen etwas Wellen, alles gut auszuhalten. Nur manchmal hat man das Gefühl, dass einer absichtlich knapp vorbeifährt, so zum Zeigen, dass die vielen ankernden Yachten den Platz verstellen. Dann schaukelt es einem wild auf, sodass schon mal was vom Tisch fällt. Geschäft machen Sie mit uns sicher am wenigsten und die ausgelegten durchnummerierten Bojen sind bei weitem nicht alle belegt. Um 30 Euro die Nacht sind sie auch nicht wirklich günstig. Es ist ein Urlaubsort, der so von vielen gesucht wird, weil hier ist was los, für uns wäre weniger natürlich mehr, aber wir haben die letzten Tage die Infrastruktur gebraucht, Busverbindungen, Leihauto, Flughafentransfer, Einkauf,... und es einmal erlebt zu haben ist schon auch was wert. Und Sant Antonio ist der sicherste Ankerplatz auf ganz Ibiza, bei Eivissa und Eularia kann man bei südlichen Winden gar nicht stehen. Wir sehen von unserem Boot aus den Sonnenuntergang und in der Nacht die Skyline der Stadt, bunt beleuchtet.
Morgen werden wir dann in eine Badebucht segeln, wobei hier fast überall Hotels und Ferienanlagen stehen, also ganz ruhig wird es nicht werden.
Die Hippies, für die Ibiza bekannt war, sind fast verschwunden, es gibt noch ein paar Kommunen, ein paar Märkte und in Eularia auch am ehesten noch das Flair und das chillige. Dort hat aber auch schon Reich und Schön übernommen. In den Marinas stehen Motoryachten und Segler mit Personal und die Hotels und Lokale passen weitgehend dazu. Damit man sich die Dimensionen vorstellen kann, da gibt es zum Beispiel die Highland Breeze eine Megasegelyacht, 112 Fuß, also über 40  Meter lang, da kostet ein Kojenplatz über den Atlantik 75 000 Euro, also ein echtes Schnäppchen und die Motoryachten sind mindestens dreistöckig.

An der Hafenzeile sind dann zwischendrin auch Vegie Oasen, Bars und Eissalons, dort findet man gemütliche Schattenplätze mit normalen Getränkepreisen. In Sant Antoni dann auch die ersten vergammelten Austeigerboote, zum Segeln nicht mehr geeignet, als schwimmendes Haus genutzt, alles beschädigt was man sich nur vorstellen kann und am Unterwasserschiff zentimeterdick der Bewuchs. Ob man hier und so leben möchte, wir nicht, sind wir uns einig.

Und dann ist da Eivissa, Ibiza Stadt, eine Unesco Weltkulturerbe Altstadt, echt sehenswert, schön, tolle Lokale für jeden Typ und Geldbörse und ein Publikum das bunter nicht sein könnte. Von superreich und gespreizt, bis Sandler, Dealer und Süchtige aller Art, eine sehr offene und aktive Homoszene und Sexschuppen für alle Geschmäcker. Abends spricht dich zum Beispiel eine Domina an, die echt zum Fürchten aussieht und wo wir uns nicht einig waren ob sie ein er war oder eh eine Frau. Also, hier wird einem nicht fad und der Jugend sicher auch nicht.
Es ist heiß, uns wegen der Sonne, für die Jugend wegen der Partys, man bewegt sich so ab fünf nachmittags und ist dann bis nach Mitternacht unterwegs, steht spät auf, badet und ruht. So schlecht soll es einem immer gehen!
Wir sind froh, dass wir in den großen Buchten ankern können. Immer frisches Wasser zum Abkühlen und genug Abstand zum Wahnsinn an Land. Und hin und wieder werfen wir uns in die Menge und kommen aus dem Staunen nicht raus, Klienten soweit das Auge reicht, da fahren die Rettungen und erzeugen fast einen Stau, und Psychodramen, Drogen und Ausnahmezustände. Die Luft riecht nach Alkohol, Gras und einer Duftmischung von Sonnencremes und Parfüms, etwas zu intensiv. Da kann man sich gut vorstellen dass manche mit Psychose zurückkommen und die normale Welt gar nicht einordnen können. Am Flughafen liegen sie dann auf ihren Gepäckstücken und warten auf den Heimtransport, so ein Urlaub scheint echt anstrengend zu sein. Und wir treiben an all dem vorbei, schnuppern ein bisschen hin, sind wirklich schon zu alt dafür, war aber nie unsere Welt, haben immer lieber mehr Natur und echte Gefühle gehabt, nicht so in der Masse produziertes.

Wir segeln Richtung Norden, Sant Miguel lässt sich mit dem Rest von Wind noch gut erreichen, eine schöne Bucht, klares Wasser, man sieht in 10 Meter Tiefe noch den Grund und steht in sicherem Abstand zum Strand. Ein kleiner ruhiger Ort, Familientourismus und gehobene Hotels an den Hängen, die sicher eher im Pool baden als den nicht allzu großen Sandstrand zu nutzen, rund um sonst nur Felsküste und eine vorgelagerte Halbinsel mit Anwesen drauf. Eine fast ideale Ankerbucht, wir bleiben zwei Tage, dann ergreift uns der Schwell der geradewegs in die Bucht steht und uns wieder einmal unangenehm schaukelt. Ganz im Norden wollen wir uns noch die Carla Blanca ansehen, auf dem Foto der Hit, in natura hält sie dann auch, was sie versprochen hat. Nur ein paar private Häuser an Land, einige Yachten vor Anker, türkises Wasser und sonst nichts. Eine Ruhe und dass auf Ibiza, zwanzig Kilometer von den Partys entfernt, exklusiv für Segler! Es gibt tatsächlich doch einsamen Buchten auf Ibiza, vereinzelt und heute zumindest nicht überfüllt. Hier könnte man länger bleiben, nur das in den nächsten Tagen angesagte Schlechtwetter mit starken Winden treibt uns wieder fort. Zur Sicherheit nochmals zurück nach Sant Antoni und dort die wechselnden Winde abwarten. Das Ankerfeld deutlich voller als zuletzt und ständig driften Boote durchs Feld, hektisch wird neu geankert. Wir bewachen unser Boot, die Jugend besucht Eivissa. Segeln vor Ibiza, es ist immer mehr Wind als angesagt, leider meist gegen an, trotzdem schöne Segeltage, wir kreuzen so gut geht vor uns hin und beobachten wie immer wieder ein Charterboot, meist mit Fender draußen, gegen uns  zu segeln versucht. Der Skipper erklärt sicher seiner Crew wie toll schnell er nicht ist, wenn sie langsam näher kommen, überholt hat uns noch keines, obwohl sie einen weit besseren Wendewinkel haben und wenig beladen leicht an uns vorbeiziehen müssten. Mein Regattaherz ist gefordert, ich bin stolz auf unsere Ovni. Und dann sind haufenweise Segelboote die bei tollen Bedingungen mit Vollgas unter Motor durchs Meer pflügen, wofür haben die Segel mit, fragt man sich. Die ganz schlauen haben dann noch ein Segel draußen was sie in Wind und Welle zermartern. Mir wird schlecht beim Gedanken an ein Kaufchartermodell, welches wir uns ursprünglich überlegt haben, wie kaputt bekommt man sein Boot dann wieder zurück nach den fünf Jahren in denen es sich abgezahlt haben soll. Auf das eigene Boot und Material, noch dazu wenn man alles selbst richten und zahlen muss, passt man weit besser auf. Und Segeln muss halt auch gelernt sein, so einfach ist es dann doch nicht mit Segel rauf und dahin geht's und Zeit muss man sich nehmen, man ist halt nicht schnell um die Ecke in der nächsten Bucht. Ein Tag ist schnell vergangen und man ist dann ca. 20 oder 25 Meilen weiter, bedenkt man, dass man erst am späten Vormittag loskommt und abends bei Zeiten ankommen möchte.

Nach unserem Zwischenstopp in Sant Antoni dann noch nach Formentera, die Traumstrände aus dem Hafenhandbuch locken uns, obwohl dort jetzt absolute Hauptsaison ist. Das Ankerfeld mit türkisem Wasser zieht sich von der flachen Durchfahrt im Norden der Insel bis zum Hauptort, Porto de Sabina, ca. 3 Meilen und es stehen hier tatsächlich geschätzte hundert Boote. Darunter auch einige der großen Yachten, in der Nacht ein Lichtermeer wie eine Kleinstadt. Einen Nachteil hat diese offene Ankerfläche, es entsteht erheblicher Schwell, sodass man immer wieder heftig aufschaukelt, dazwischen ist es dann erstaunlich ruhig, zum Glück haben wir zu mindestens einen Tag Ostwind und damit den Schutz im Lee der Insel. Wir bleiben zwei Tage, nicht nur weil es schön zum Baden ist, sondern weil wir mit dem Südwind zuletzt nochmals nach Sant Antonio müssen, Eularia ist zu ungeschützt. Ein letzter schöner Segeltag, fast die ganze Strecke unter Genacker, dann heißt es zusammenpacken. Die gemeinsame Zeit ist leider viel zu schnell vergangen, jetzt werden wir uns wahrscheinlich ein Jahr lang nicht sehen, wieder ein schwerer Abschied.
Wir sind jetzt auf halber Zeit und in Gibraltar etwas auf halber Strecke bis zu unserem Start in die Karibik, das verstärkt das Gefühl immer weiter weg zu sein, immer schlechter erreichbar.

Aufbruch nach Spanien, go west, wir haben den Nullmeridian schon hinter uns gelassen und westliche Längengrade, wollen mit einigen größeren Etappen rasch nach Gibraltar, vorerst Schluss mit urlaubssegeln und ankern in Badebuchten. Die nächsten Tage sind Fahrtensegeln, wieder mit Tag-Nachtfahrten und in den Häfen müssen wir uns um Ersatzteile, Wäsche waschen und Service aller Art für unser Boot kümmern, so ein Haus braucht Pflege.
Die Balearen im Juli, überfüllt, überteuert, wir hatten Glück mit dem Wetter, immer gute Ankerplätze, bis auf einmal Boje keine Liegekosten und da wir gerne selbst kochen, auch das Essen günstig. Eigentlich ein ideales Revier für Fahrtensegler, wahrscheinlich nicht so ideal für Charterwochen, Marinas gibt es wenige und die sind teuer und haben oft keine Plätze, billige Lokale muss man suchen, haben einige Touristennepp-Lokale gesehen, Spaghetti um 18 Euro und dazu ein Bier um 6, muss man nicht haben.
Wie gesagt, die Balearen und allen voran Ibiza ein Wunder, was hier alles Platz hat, hier ist ein Hippieleben noch möglich und ein Reisen mit kleinem Budget, uns hat es gefallen.