Las Palmas, La Palma

Vier Tage Las Palmas auf Cran Canaria. Eine 400 000 Einwohnerstadt ist für österreichische Verhältnisse schon groß, wir vergleichen ja gerne mit Graz und Scheibbs, weil wir da zuhause waren. Graz kann man mit seinen nicht ganz 300 000 Einwohnern vergleichen, nur sind südliche Städte immer anders gewachsen und organisiert. In Las Palmas sind auf verschiedenen Hügeln in sich geschlossene Stadtviertel, an den Hängen mit Meerblick auch sehr schöne Villenviertel. An der Waterfront, die sich einige Kilometer nördlich und südlich des Hafens erstreckt, stehen einige Hochhäuser hinter der Stadtautobahn, davor ist noch ein Streifen Geh- und Radweg. Es gibt Chinesen und Inderviertel mit Spezialitätenlokalen und den üblichen Geschäften und es gibt die lange Playa de las Canteras mit Flaniermeile. Auch direkt neben der Marina gibt es einen Stadtstrand vor dem man auch ankern kann, da stehen immer so an die 20 Boote, wird von der Marina mitbetreut und kostet angeblich so 1-2 Euro pro Tag. Wir konnten nach der ersten Nacht in die Marina verholen, mit 8 Euro die kostengünstigste bisher. Gleich hinter der Marina sind sämtliche Geschäfte, die man als Segler so braucht angesiedelt, Rolnautic, eine Volvovertretung, ein Laden mit Hafenhandbüchern, die Münzwäscherei und weitere Yachthändler und Tauchzubehörgeschäfte. Wir sind ja eigentlich auch nur wegen unserem Wassermacher, den wir hier bestellt haben, hier gelandet. Haben auch alles bekommen und Robert hat Sonntag und Montag die Installation vorgenommen. Haben auch schon einen Probelauf gestartet und das Wasser verköstigt. Tolle Technik, kein Salz mehr drin, schmeckt ganz neutral, also nach nichts, so wie gutes Wasser eben schmeckt. Und weil hier alles recht günstig ist und wahrscheinlich die letzte Stadt mit größerem Angebot haben wir uns auch so einiges gekauft. Jetzt haben wir die Hafenhandbücher der Karibik und fast alle Flaggen, denn jede Insel, jedes Land hat ja seine eigene, die auch gehisst werden muss. Das sind gleich mal 10 bis 15 Flaggen, schön bunt, bisher noch nie gesehen, aber langsam kennt man sie dann schon auseinander und zum Glück steht das Land ja drauf, Verwechslung ausgeschlossen.

Neben all den Arbeiten versäumen wir es aber nicht mit dem Rad in der Stadt herumzufahren. So kommt man bequem in die Altstadt, sonntags war auch viel los und das Schifffahrtsmuseum war auch geöffnet, ein Muss auf so einer Reise. Überhaupt sind wir seit Spanien, aber besonders in Portugal auf den Spuren der Entdeckung der Karibik, mit all ihren Schattenseiten, unterwegs. Kolumbus und Co haben ja nicht als Touristen die Inseln besucht, es ging immer um Eroberung, Unterwerfung und Ausrottung, wenn die Einheimischen nicht gespurt haben. In Lagos ist der ehemalige Sklavenmarkt jetzt ein Museum und auch die Kanaren waren ein wichtiges Sprungbrett für die Eroberer. Da haben die Guanchen, die hier Einheimischen auch das Nachsehen gehabt, haben sich lange und tapfer gewehrt, aber es letztendlich nicht geschafft. Und wenn man das alles so liest, sind die Kanaren und auch die Karibik so ab dem 15. Jahrhundert völlig neu besiedelt worden, die heutige Bevölkerung sind Zuwanderer, heute würde man sagen Wirtschaftsflüchtlinge, Wirtschaftsbarone, heute Konzerne und Sklaven, die dorthin verschleppt wurden. Die Vorteile, die Europa und die reiche Welt damit lukriert haben, hat auf der anderen Seite viel Leid und Konfliktpotential geschaffen. Vielleicht sind die vielen Flüchtlinge zurzeit ein Teil dieser Geschichte. Man kann nur hoffen, dass jetzt einmal ein menschlicheres Kapitel geschrieben wird.

Das nächste günstige Wetterfester nutzen wir um nach La Palma, "die grüne Insel" zu segeln. Wir wählen die Route südlich an Gran Canaria vorbei, zwischen Gomera und Tenariffa Richtung Nord und auf Santa Cruz zu. Im Windschatten der Inseln ist es dann wirklich fast ganz windstill, damit sind wir noch eine zweite Nacht unterwegs obwohl es zwischendurch mit sieben Knoten dahin geht, so schnell sind wir gar nicht gewöhnt. In Küstennähe muss man viel aufmerksamer sein, einmal unaufmerksam rammen wir auch glatt eine Boje einer weit draußen ausgelegten Fischfarm. Kostet uns eine unserer Schleppangeln, der Schreck sitzt tief. Die Abendstimmung, die Nacht und das Tageserwachen ist vom Teide bestimmt, ein imposanter Berg, den wir ja beinahe umrunden und der sich stolz aus den Wolken hebt. Auch die Steilküste von La Gomera haben wir lange an Backbord, Agulo, dicht an den Hang geschmiegt, jeder Zentimeter landwirtschaftlich genutzt, ein Meisterwerk. Ob man hier wohnen und arbeiten möchte? Ist schon sehr entlegen. 
Santa Cruz, die Hauptstadt von La Palma begrüßt uns im Sonnenschein, unsere Freunde von der SY Toroa, Walter und Caroline liegen auch hier, der Tag beginnt mit Bier und Tapas und allerhand was es zu erzählen gibt. Wir sind gleich mal unterwegs, die Touristeninformation, nahe beim Hafen besuchen wir gleich öfter, weil wir immer wieder neue Fragen haben. Samstags fotografieren wir ein Plakat von einem Fest und lassen uns in der Information den Weg dorthin erklären. Sie meint, es ist ein lokales Nachbarschaftsfest, "noches de brujas", wir sind dann auch wirklich die einzigen Touristen. Es entpuppt sich als Art Sonnwendfeier mit Hexen, die Kinder verzahn und mit Stöcken und Besen herumtoben. Ein paar Bestien haben sie auch mit und alles wird von einer eindringlichen Trommelmusik begleitet. Ein schaurig schönes Spektakel, den Kindern gefällt es, uns auch und die Gruppe, die ab elf Uhr spielt, hört man noch lange bis zum Hafen runter. Das Fest war hoch oben in einem Reihenhausviertel mit Meerblick. 

Etwas aufwendig war auch die Vorbereitung zu unserer großen Calderawanderung. Die Genehmigung für das Campen im Nationalpark konnten wir wegen fehlender Reisepässen beim Informationszentrum nicht lösen, mussten wir später im Internet machen und uns um Ausdrucke kümmern. In der Marina war das gut möglich und wir starteten unsere Zweitagestour mit Zelt und vollem Equipment, haben wir doch einen der 182 Genehmigungen fürs Zelten im Nationalpark ergattert. Um zum oberen Einstieg zu kommen benötigt man noch ein Taxi, wir hatten Glück und konnten uns eines mit zwei sehr netten deutschen Wanderern, Martin und Christine teilen, wird dann gleich erschwinglicher. Sie haben uns schon beim langen Straßenhatscher aufgegabelt, die Strecke von Los Lanos bis ins Tal ist auch nicht zu unterschätzen. Hier spürt und sieht man, dass La Palma die steilste Insel weltweit ist, also, überall geht's fast senkrecht rauf oder runter und zwar gleich 1000 oder mehr Höhenmeter. Wir sind müde und überwältigt von dieser abgeschiedenen Natur, der Ranger der uns sichtlich erwartet hat, nimmt uns das Schreiben ab und kontrolliert die Pässe, dann meint er, wir können unser Zelt hier irgendwo aufstellen, unten am Fluss oder in der Toilettenanlage gibt es gutes Quellwasser, Feuer heizen verboten, Mist mitnehmen. Dann ist er dahin und wir alleine, keine anderen 180 Camper, nur wir, das Rauschen des Flusses, Geräusche von Tieren und wieder erwarten sehr warm hier auf über 1000 Höhenmeter, wir können bei offenem Zelt schlafen und den Sternenhimmel beobachten. Der Abstieg von diesen 1000 Meter ins Flussbett und dann die Wanderung an den Flüssen entlang, denn da unten kommen einige aus den Seitentälern zusammen, ist lange und anstrengend, aber immer sonnig, was hier im Kessel ein richtiger Glücksfall ist. Normalerweise bildet sich über Tags Wolken und Nebel der sich erst in der Nacht wieder auflöst und durch die Thermik am nächsten Tag wieder entsteht. In Santa Cruz hatte es diese Tage Wolken und Regen, auch das ist typisch auf dieser Insel, alle paar Kilometer ein anderes Wetter und weil Sonne und Regen so knapp beisammen sind auch immer wieder Regenbögen.
Wir haben noch viel vor, studieren den Wetterbericht und versuchen so die stabileren Tage für Wanderungen zu nutzen. Den verregneten Donnerstag nehmen wir für die Inselumrundung im Norden. Die Buslinie 100 fährt diese Strecke, zwei Euro zehn Cent pro Person, das rentiert sich, wir sind insgesamt viereinhalb Stunden unterwegs. Gut, wenn man da schwindelfrei und kurvenfest ist, denn teilweise sind die Straßen einspurig, extrem steil und nahe am Abgrund. Besonders die Zufahrten zu den Dörfern, die etwas abseits der Hauptstraße liegen sind abenteuerlich, zwischen Barlovento und Villa de Garafia fährt nur ein Kleinbus, der kommt gerade noch durch. Diesmal ist die Westküste nebelig und es schüttet in Strömen, so sehen wir von Tazacorte nicht viel, die Fahrt vermittelt aber trotzdem einen guten Einblick in den zerklüfteten Norden der Insel, ein würdiges Schlechtwetterprogramm. Man durchfährt verschiedene Regionen, den Lorbeerwald, Kiefernwälder und Bananenplantagen überall wo man nur was anbauen kann. Viele Hänge sind terrassiert, man sieht die Wege kaum auf denen man zu den Plantagen hin kommt, jeder Fleck wird genutzt. Auf der Insel wächst so ziemlich alles, sie haben auch Zuckerrohr und eine bescheidene Rumproduktion, Tabak und Zigarren, die sich angeblich mit den kubanischen messen können, Avocados, Mangos, Maroni, Wein und vieles, was wir noch nicht erkennen wenn es so rumsteht. Aber mein Vater wird uns da schon wieder mit biologischem Wissen auf Vordermann bringen, kommen uns ja nächste Woche besuchen.

Wieder zurück am Schiff erleben wir den ersten wirklich beängstigenden Sturm, mehrmals stehen wir in der Nacht auf um unsere Sprayhood wegzuklappen, das Beiboot besser festzubinden, zusätzliche Leinen anzubringen, alles dicht zu machen, es zerrt und rüttelt, das Wasser kommt waagrecht daher, in den Böen hat es 45 Knoten. Im Hafen hat es die Mülltonnen verweht, alles ist dunkelgrau bis schwarz, es schüttet immer wieder, Weltuntergangsstimmung. Da bleibt man am Boot und sitzt es aus, ab Mittag lässt der Wind nach und man glaubt es kaum, es ist nahezu windstill, warm, die Sonne kommt manchmal durch und es nieselt nur noch, was wieder einen schönen Regenbogen ergibt und fast ist alles vergessen. 
Vormittags konnten uns noch Martin und Christine am Weg zum Flughafen am Schiff besuchen, bei angeregter Unterhaltung ist es Christine zu verdanken dass sie doch noch rechtzeitig Richtung Flughafen aufgebrochen sind, da übersieht man die Zeit recht rasch.

Das Wetter bleibt instabil, jetzt wären die Wanderungen in den Schluchten lebensgefährlich. Die kleinen Bäche verwandeln sich in reißende Flüsse die sich braun ins Meer ergießen, hier ist alles extrem. Wir erkunden den Süden, geprägt vom letzten Vulkanausbruch der, 1971 geologisch gesehen gestern war. Soweit das Auge reicht schwarze und braune Lava, Vulkankegel in die man hineinschauen kann, wenig Vegetation, fast wie eine Mondlandschaft. An der Küste dann der alte und der neue Leuchtturm mit Meeresschutzmuseum und die Saline in der noch handgeschöpft das Salz geerntet wird. Jetzt ist Ruhephase, die Saline wird als Brutstätte von Zugvögeln benutzt, wird gepflegt und für die nächste Saison, die im Mai beginnt vorbereitet. Der Weg ist dick gesalzen und auch am Rand der Becken kann man ganz grobes Salz finden. Zurück nach Fulocaliente nehmen wir wieder mit Autostop, denn das wären dann wieder so 600 Höhenmeter ohne Schatten und im Süden scheint die Sonne beständig, es ist heiß. Wenn es regnet, dann immer nur kurz, dafür heftig, meist über den Bergen im Zentrum und im Norden, also bleiben wir an der Küste und unternehmen Radausflüge, die sich dann als Wanderungen mit Rad entwickeln, denn bergauf schaffen wir die Steigungen oft nicht, bzw. verliert sich die Straße in einen Fußsteig oder Stiegen. Bergab kommt man mit dem Bremsen kaum zurecht, Serpentinen soweit man sehen kann, kein ideales Gebiet fürs Radeln, Konditionstraining allemal.

Dienstag ist die Schlucht von La Galga am Programm, dort ist Urwald, also ohnehin immer feucht, da ist es fast wurscht wenn es auch noch regnet, was es kurz auch tut. Etwas gatschig, dafür wenig besucht durchstreifen wir die Gegend, genießen die Ruhe und finden die ersten reifen Maroni. 
Einmal Berg geht sich auch noch aus, La Palma hat unendlich viele Wanderwege, da fällt einem die Auswahl schwer, neben dem Wetter ist ein Kriterium wo man mit dem Bus hinkommt und von wo man auch wieder wegfahren kann. Wir entscheiden uns für die Überschreitung des Passes "El Paso", die alte Verbindung zwischen Ost und West. Kaum zu glauben, dass sie früher über diesen Weg alle Güter transportiert haben. Vielleicht aber der Grund warum die zwei Inselseiten wenig Kontakt miteinander hatten, so zum Spaß geht man da nicht mal schnell was holen oder wen besuchen, wir wanderten sechs Stunden und das war etwa die Hälfte der Strecke von einer Küste zur anderen. An der Passhöhe wieder herrliche Ausblicke, das Refugio del Pilar, ein beliebter  Ausflugsplatz und Ausgangspunkt der Wanderungen über die Cumbre, ist auch wochentags gut besucht, nur die luxuriösen Grillplätze sind verwaist, hier grillen und feiern die Palmeros am Wochenende, ein großer Spielplatz ist auch eingerichtet. Hinunter nach Santa Cruz sind es dann 1500 Höhenmeter, das geht ganz schön in die Knie. Wieder durchstreifen wir verschiedene Vegetationszonen, Nebel zieht sich ins Tal, Regenschauer, Sonnenschein, Regenbogen. Wir sammeln frische Kräuter, finden wieder Nüsse und allerhand anderes Essbare. Eine tolle Wanderung, für mich könnte es noch so weitergehen, ich genieße es.
Donnerstag ist Hafentag, zusammenpacken, Schiff klar machen, abends laufen wir aus, nächstes Ziel Teneriffa, Freitag lässt der Wind aus, da sollten wir dann schon in Los Gigantes sein.

Die Marina von Santa Cruz de la Palma war unser Wohnort für die letzten zwei Wochen, sie liegt am Ende vom Hafenbecken, gut geschützt, trotzdem immer etwas Schwell, wenn nicht gerade Sturm ist aber durchaus erträglich. Die Fähren sind nur nachts etwas unangenehm weil sie lange den Motor laufen lassen, ein tiefes Wibrationsgeräusch erzeugen von dem man einfach wach wird. Lustig sind auch immer wiederkehrende Ansagen wie am Bahnhof mit Signalton vor der Durchsage, deutlich mehr als Fähren ankommen und auch zeitlich nicht dazupassend. Zug gibt es keinen, vielleicht Touristenbummelzüge, so oft können die aber auch nicht fahren. Walter klärt für uns das Rätsel, das Bierlokal an der Hafenzeile ruft jeden Gast per Namen auf damit er sich seine Bestellung holen kann, man könnte diese Information in dem kleinen Lokal locker mit zurufen erledigen oder die zwei Schritte gehen und die Portion servieren, aber so geht's natürlich auch. Die Marina ist nicht gerade günstig, wir zahlen mit Transoceanermäßigung (10%) knappe 20 Euro, aber es ist ein sicherer und guter Platz um La Palma zu erkunden und Santa Cruz eine sympathische Stadt.