Guadeloupe
Wir sind nun zum dritten Mal in Guadeloupe und es gefällt uns immer besser. Genau genommen ist es überall so, man braucht Zeit und oft mal unterschiedliche Phasen
der Reise um die Vielfältigkeit, die man hier erlebt überhaupt aufnehmen zu können. Das erste Mal hat uns La Gosier als Ort nicht sonderlich zugesagt, hier überzeugt der sichere Ankerplatz und
der Bäcker ist auch gleich in der Nähe. Es ist etwas kompliziert zum Anlanden, der schmale Strand an den wir letztes Jahr unser Dingi gezogen haben scheint heuer nicht mehr benutzt zu werden,
dafür ist der Schwimmsteg, den die Fähre zur Insel benutzt, auch Dingisteg. Ist keine ideale Lösung, aber man kann wenigstens trockenen Fußes aussteigen. Für längere Ausflüge bevorzugen wir die
etwas kompliziertere Variante bei der unser neues Dingi, auf das wir besonders heikel sind, sicher am Schiff angeleint auf uns wartet. Robert muss dafür allerdings an Land schwimmen, damit hat
der Tag gleich mal zwei sportliche Einheiten. Der Ort besteht, wie die meisten Orte, aus ein paar Gassen, zieht sich an der Landstraße entlang und hat mehr oder weniger schöne Siedlungsgebiete.
Vom Ankerplatz aus haben wir den schönen Park vor uns, den öffentlichen Strand und dahinter am Hang den Ortskern. Der Markt, den es jeden Freitag hier im Park gibt, ist gar nicht so touristisch
wie ich ihn in Erinnerung hatte. Obst und Gemüse, aber auch Garküchen werden von Einheimischen angeboten und auch das Publikum ist sehr gemischt. Hier trifft man sich, tratscht und feiert, La
Gosier scheint auch ein beliebter Platz für Einheimische zu sein.
Der Strand ist sehr belebt, die Parkplätze immer voll, in der Nacht ist der Strand mit Flutlicht beleuchtet und in den Lokalen spielt teilweise live Musik. Oldies und Jazz, beides angenehm zu
hören, leider manchmal etwas mit Techno von der Insel vermischt und die sind leider lauter und aufdringlicher.
Warum hier so viel mehr Sport betrieben wird als sonst wo ist interessant. Hier trifft man zu allen Tageszeiten Läufer am Strand, teilweise geführte Laufgruppen,
genauso Schwimmer, da werden Kilometer gekrault und im Salzwasserschwimmbad werden Kinder unterrichtet, daneben gibt es Wassergymnastik mit Schwimmnudeln für füllige Frauen zu französischen
Chansons. Eine lustige Mischung, macht den Ort lebendig und angenehm, wir haben hier in Gehdistanz auch Wäscherei und Supermarkt gefunden und der Bus fährt um 1,20 Euro nach Pointe a Pitre, ganz
unkompliziert. Wir klappern mal wieder alle Marinageschäfte ab und besuchen die lokalen Märkte in der Stadt. Dort erstehen wir auch die schärfsten Pfefferoni die wir je hatten. Eigentlich sind es
kleine, eher runde Paprika, die Marktfrau hat sie uns empfohlen, warum haben wir nicht verstanden. Die erste damit gewürzte Suppe war ungenießbar und ich hatte, allein von der Schärfe, die in der
Luft lag brennende Augen. Jetzt trocknen wir die Teufelsdinger, man riecht die Schärfe beim Vorbeigehen, unglaublich. Mal sehen in welcher homöopathischen Dosis man die zum Würzen verwenden kann,
auf jeden Fall nicht als kleine Paprika, die sehen nur unschuldig aus.
Auch Deshaies hat uns diesmal viel besser gefallen, ist ein idealer Ort um am Westflügen einige Ausflüge zu machen, die lokale Autovermietung ist günstig und sehr
freundlich, hat uns sogar Sonntagvormittag ein Auto gegeben damit wir nicht zwei Tage zahlen brauchen und all das haben wir mit französisch ausgemacht, was wir ja eigentlich nicht
können.
Wettertechnisch beginnt jetzt, so scheint es die unstabilere Zeit, es regnet häufiger und es gibt fast durchgehend bewölkte Tage, stört nicht wirklich, denn es
ist warm und mit Wind angenehm. Nur unsere Gäste bevorzugen die sonnigen Tage, kommen sie ja aus dem Winter und wollen ein Stück Sommer mitnehmen. Jetzt ist Sabine an Bord, dann kommt länger kein
Besuch mehr, denn, wie gesagt jetzt wird es hier feuchter und zu Hause in Österreich schöner, da ist es nicht empfehlenswert unbedingt 16 Stunden und mehr hier her zu fliegen um Urlaub zu machen.
Für uns passt es gut auch mal die nicht Saisonzeiten zu erleben, vielleicht auch die Schattenseiten der Paradiese zu sehen, aber auf jeden Fall die Ruhe zu genießen, die hier ohnehin fast überall
ist. Wir wundern uns schon länger wie hier Tourismus läuft, denn in vielen Orten waren die Lokale zu oder nur selten offen und man hatte auch selten das Gefühl dass viel los ist. War mal mehr
Geschäft drin oder haben viele probiert ob was geht und es waren nie mehr als ein paar Laufkundschaften da? Überall scheinen Tages- und Partyausflüge beliebt zu sein, an jedem schönen
Schnorchelplatz tauchen tagsüber KATs oder Schnellboote auf, lassen scharenweise weiße Touristen ins Wasser und an den Strand und rauschen spätestens nachmittags wieder ab. Diese Ausflüge kosten
zwischen 60 und 80 Euro und so grob gezählt sind 20 und mehr Touristen an Bord, da lässt sich was verdienen.
So war es gestern auch hier, auf Petit Terre, einem kleinem Naturschutzgebiet, bestehend aus zwei Inseln geschützt von einem Riff. In der so entstehenden Lagune
steht man dann, an Moorings, sehr praktisch. Über Nacht sind mit uns fünf private Schiffe geblieben, es ist ruhig, Mond und Sterne kommen hier wieder ganz zur Geltung, da merkt man wie
lichtverschmutzt es um jeden kleinen Ort ist. Unser Bojenmanöver hatten wir bei Regen, starkem Wind und einigen ablegenden Schiffen, beim zweiten Anlauf hat es dann geklappt, etwas mühsam aber
wir haben niemanden gerammt und sind auch gut über die flachen Stellen, gerade mal 1,8m tief gekommen.
Um in dieser Woche auch ein bisschen zum Segeln zu kommen sind wir zuerst nach Marie Galant und von dort hier ins Naturschutzgebiet, alles immer gegen den Wind, aber zum Glück wenigstens Anleger, also kein stundenlanges kreuzen. Zurück geht es dann mit Rückenwind, wenigstens was. Marie Galant hat uns auch sehr gut gefallen, vor Port Louis steht man gut auf einer großen Ankerfläche, die wenigen Schiffe verteilen sich zwanglos und am Fähranleger haben sie einen wirklich brauchbaren und stabilen Dingisteg montiert. Wir erkunden die Insel mit einem Leihauto, so klein ist sie ja auch wieder nicht und auch wenn sie sehr flach ist, schaffen sie es extrem steile Straßen zu bauen, die man mit Schwung und im ersten Gang bewältigt. Hier wird noch viel Zuckerrohr angebaut und Rhum erzeugt, man könnte sich die Destillerien auch anschauen und Rhum verkosten, die erste, die wir besuchten hat um eins bereits geschlossen, die zweite hatte etwas später am Nachmittag auch schon die Rollläden herunten. Die Betriebe sehen sehr einfach aus, nicht so schön wie auf Martinique und auch viel kleiner. Überall stehen noch die alten Windmühlen herum, meist nur noch die Türme oder Teile davon, selten sind noch Flügel drauf, und in Betrieb scheinen sie nirgends mehr zu sein. Dafür haben sie neue Windräder aufgestellt und da und dort auch Solarkraftwerke. Die Ostküste ist wie immer rau und felsig, schöne Ausblicke von den Klippen und ein interessanter Weg zu verfallenen Resten einer Indigoproduktionsstätte, die es hier in größerer Zahl gegeben hat, laut Infotafel.
Zurück an Bord hilft Mr. Google nach, Indigo ist eine buschartige, rosa blühende Pflanze, die wie Bohnen angebaut werden kann, aber, und damit erklärt sich warum die an den entlegensten Stellen diese Wasserbehälter gebaut haben, sofort nach der Ernte verarbeitet werden muss. Also müssen die Behälter in der Nähe der Felder sein, Wasser muss verfügbar sein und dann ist es gut wenn sonst nichts in der Nähe ist, denn der Fermentationsprozess soll ziemlich stinken. Das fertige blaue Pulver, Indigofarbstoff wurde dann in Blöcke gepresst und transportiert. Und bis man auch diesen Farbstoff rein chemisch herstellen konnte war Indigoanbau ein gutes Geschäft, man liest, es war auch sehr praktisch weil man die Sklaven, wenn sie auf den anderen Feldern gerade Pause hatten dann an der Indigoproduktion arbeiten lassen konnte, also so richtig ausnutzen, nur keine Leerläufe. Man hat auch lange nicht gewusst ob die Dämpfe, die beim Stampfen der Brühe frei werden giftig sind, Arbeitsschutz war damals eh auch kein Thema. Da wird einem schon übel wenn man sich vorstellt wie viele Menschen hier geschunden wurden und wie viele hier elendiglich zugrunde gegangen sind.
Auffällig hier sind auch bullige Ochsen, die angepflockt neben den Straßen stehen und Leiterwägen, mit denen auch heute noch Zuckerrohr von den Feldern zu den Fabriken gebracht wird. Daneben stehen aber auch moderne Erntemaschinen, da wird dann wohl auch ein Traktor mit Anhänger dazu gehören. Die Hauptstadt Grand Bourg hat ein paar Gassen mit netten Lokalen und Geschäften, so zum rumschlendern, wir fahren dann weiter zu sehr schönen Stränden an der Südostküste, bzw. dann am Abend an der Nordküste. Dort gibt es auch einen Fluss mit Mangroven, den man ein Stück entlang spazieren, oder mit einem Boot befahren kann. Sieht nett aus, wäre einen eigenen Ausflug wert.
Die Segelstrecke nach Petit Terre beschert uns noch ein spezielles Schauspiel, Wale tauchen vor unserem Schiff auf und sind lange zu beobachten. Schon eindrucksvoll, wenn sie aus dem Wasser
kommen und ihre Schwanzflosse mit Krach aufschlägt. Dazwischen immer wieder die Wasserfontänen vom Ausatmen, Wale watching vom Feinsten.
Auf Petit Terre ist es unglaublich toll zum Schnorcheln. Robert entdeckt haufenweise, auch sehr große Langusten, unter unserem Schiff scheinen sich Tarpune und
andere über einen Meter große Fische sehr wohl zu fühlen, schon etwas unheimlich wenn dich gleich sieben solcher Kerle anschauen wenn du deine Zehen ins Wasser steckst. Man begegnet Schildkröten,
die sich überhaupt nicht stören lassen und vielen großen Rifffischen, Snapper, Jacks und wie sie alle heißen. Robert berührt sie sogar und sie schwimmen auf ihn zu und schauen ihn böse an. Ein
1,5 Meter langer Hai zieht auch seine Runden, schwimmt einige Male um uns herum, zieht dann zum Glück wieder ab. Diesmal hab ich einige davon auf der GoPro, toll sich die Bilder immer wieder mal
anzuschauen.
Freitag segeln wir weiter, La Desirade ist unser Ziel, eine kleine Insel, kleiner Ort, sehr ursprünglich und wenig besucht, soweit das Hafenhandbuch. Bei der Annäherung wird uns etwas mulmig, da rauscht die Welle auf die Einfahrt zu, bricht am Riff, sodass man scheinbar nirgends gut durchkommt. Dahinter ist dann ein fraglich guter, auf jeden Fall eher kleiner Ankerplatz, wir ersparen uns die letzte Meile hin und drehen ab, sicher ist sicher, segeln wir mit Wind im Rücken zurück Richtung Guadeloupe. An Saint François auch noch vorbei, denn rund um die Einfahrt stehen dicht an dicht Yachten, schaut schlecht aus da noch einen Platz zu finden, weiter nach Saint Anne, hier an den roten Tonnen entlang rein in die Bucht. Große Ankerbucht, nur ein Segler, auch wieder komisch, man steht etwas im Schwell, vielleicht der Grund, überfüllt ist es mal auf jeden Fall nicht und der Anker hält gut im Sand. Von den heutigen Gewittern haben wir nur eines abbekommen, kurzer, heftiger Regen, sonst blieb es etwas bewölkt aber durchwegs schön.
Saint Anne ist ein netter Touristenort, die Strände sind sehr schön, das Wasser klar, Sabine und ich genießen ein bisschen das Urlaubsfeeling an einer Bar am Strand, Robert mag sowas nicht so sehr und bleibt am Schiff. Mit den Landausflügen haben wir die Bewegung des Schiffes im Schwell nicht so extrem erlebt, Robert war am zweiten Tag schon recht genervt und froh den Anker wieder lüften zu können. In La Gosier steigt Sabine aus, die Woche ist rasch vergangen, schade, es war sehr nett zusammen. Wir nutzen den Ort wieder fürs Wäsche waschen und einkaufen und, weil wenig Wind, bewölkt und regnerisch auch nochmal für einen Ausflug nach Pointe a Pitre. Hier bekommt man alles, auch Segeltuch und Moskitonetze, wir wollen uns für die Regenzeit noch etwas rüsten damit uns die Gelsen nicht fressen und wir trotz Regen lüften können, also haben wir hier Arbeit eingekauft und wissen, was wir in nächster Zeit an Bord so tun werden.
Nachmittags nützen wir für den Besuch das Memorial ATC, schon alleine der Bau ist sehenswert. Die Ausstellung über die Geschichte der Karibik und der Sklaverei ist wirklich gut gemacht und mit Audioguide in Deutsch, viel Filmen und schön gestalteten Räumen sehr informativ. Genug Stoff zum Nachdenken, ein Mahnmal gegen Unterdrückung, wie aktuell doch das Thema ist.
Zuletzt marschieren wir noch über die Brücke zum alten Fort, leider geschlossen, der Ausblick auf die Bucht, Stadt und das Memorial sehr schön, die Sonne ist auch wieder zurück, fast zu hell ohne
Sonnenbrille.
Wir rüsten zum Aufbruch, leider mit wenig Wind aus Süd, dort wollen wir hin, eh klar, da müssen wir wohl noch ein bisschen warten und noch den einen oder anderen
Regenguss hier absitzen. Vielleicht sind wir da komisch, aber nach so einem heftigen Regen mit Wetterleuchten heute Nacht ist der friedliche Morgen in zartem blau mit weißen Wolkentupfen, klarer
Luft echt schön. Ein Blick in die Runde zeigt nirgends grau oder dunkelgrau, ein schöner, windstiller Tag uns gefällt’s.