Über Grenada nach Bonair 

Der Abschied von Julian und Marisa war wirklich zu rasch, erst die Tage danach realisieren wir die kurze, schöne Zeit die wir miteinander hatten. Donnerstag waren sie in Trinidad in einem Hotel mit ausreichend Komfort um den Urlaub ausklingen lassen zu können. Wir starten gleich durch und verbringen fast zwei Stunden im Waschsalon, mit Internet, halbwegs angenehm klimatisiert. Haben wir uns in Österreich auch nicht vorstellen können wie froh man über diese Infrastruktur sein kann, wie Wäsche waschen ein wichtiges Thema wird und man jede Gelegenheit dankbar nutzt um nicht alles mit der Hand waschen zu müssen. Zurück an Bord laden wir noch Johannes von der Magic Cloud zu einem Tratsch ein, wir lagen jetzt einige Zeit neben einander vor Anker, jetzt trennen sich unsere Wege wieder. Freitag ein letztes Mal nach Scarborough, glauben wir, ummelden und am Nachmittag dann gleich mal los Richtung Norden.

 

Wir wollen jeden Tag ein bisschen segeln und den Rest in einer der schönen Buchten auf der Strecke schnorcheln und rasten, Montag in der Früh dann in Charlotteville wieder anmelden. Erster Stop Castara, ein sehr schöner, ruhiger Ort mit ein paar Fischerbooten und einigen Holzhäusern im Kolonialstil mit großen Verandas mit Blick aufs Meer. Hier könnte man es einige Zeit aushalten, wir brechen aber in der Früh auf und segeln bis zur Englishman’s Bay, die kennen wir schon von einem der Badestopps mit Leihauto. Ist die schönste Bucht die wir bisher hatten, perfekter Strand, einsam, schönes Riff mit reichlich Langusten, der Tag ist schnell um. Abends fährt die Coast Guard auffällig langsam an der Bucht vorbei, nimmt aber keinen Kontakt zu uns auf. Etwas seltsam kommt es uns vor, als in der Früh ein kleines Schnellboot der Coast Guard eine Runde in der Bucht dreht und knapp an uns vorbei schießt. Wir wissen, dass man, wenn man sich im Süden abgemeldet hat sofort bis nach Charlotteville fahren muss um sich für den Norden anzumelden. Maximal ein Stop haben sie uns zu Anfang erklärt. So sind wir mal der Meinung, dass das jetzt unser einer Stop war und wir gar nichts Verbotenes getan haben. Wir können es uns aber nicht verkneifen und bleiben die nächste Nacht noch in der Bloody Bay, schon alleine um nicht sonntags in Charlotteville aufzutauchen und womöglich noch Overtime Fee bezahlen zu müssen. Auch dort ist es sehr schön mit ausreichend Jagderfolg, angenehme Nacht und ganz unkompliziert Montag früh die letzten Meilen und schnurstracks zum Office.

Und man glaubt es kaum, der etwas pingelige Beamte spitzt gleich die Ohren als er unseren Bootsnamen hört und fragt sehr fordernd, ob wir in der Englishman’s Bay waren. Wir müssen bejahen, denn wir wurden ja gesehen und sichtlich auch gemeldet, also gar keine Rede von sich irgendwie rauswinden. Ob wir nicht wissen, dass wir das nicht dürfen, wir müssen am schnellsten Weg hierher. Pause, was sagt man da am besten- ein bisschen schuldbewusst und wir hätten es gerne eh anders gemacht, aber die Strecke war für einen Tag zu lang, wenig Wind, Strömung usw., wieder Pause und dann die erlösende Ermahnung ohne Strafe. Zum Glück haben sie nicht nachgerechnet und nachgebohrt wo dann die zweite Nacht geblieben ist, dann wären die Pausen wohl unerträglich lang geworden und unsere Erklärung ziemlich dünn. 

Erste Hürde hier geschafft, jetzt wollen wir noch einige Zeit bleiben bevor wir nach Grenada segeln. Einziger Wermutstropfen, hier bekommt man ganz schlecht Internet rein, wenn überhaupt im Touristen Office oder direkt davor, bedeutet jedes Mal mit allen technischen Geräten bewaffnet an Land zu pilgern und am Schoß arbeiten. Wir müssen jetzt doch einige Mails schreiben oder beantworten unsere What's app pflegen und im Internet ein bisschen recherchieren. Und ganz wichtig, der tägliche Wetterbericht und die Hurricanwarnung, denn man will ja nichts übersehen.

Täglich ändert sich das Bild, aus gelben Kreuzen vor der afrikanischen Küste werden in der Vorschau große Blasen wie sich der “tropical storm” ausbreiten wird, dann wird alles rot, am nächsten Tag ist alles weg und im Norden der Karibik geht grad was durch. Wir lernen gerade mit diesen bedrohlich auftauchenden Blasen umzugehen und aufmerksam aber nicht hysterisch unsere Route zu planen. Dienstag nächste Woche scheint günstiger Wind für die Überfahrt nach Grenada zu sein, davor geht hier noch ein Tief mit Regen durch, das werden wir aussitzen. Hier im Ort gibt es nur die ganz kleinen Läden und nahezu nichts Frisches zu kaufen, da plündert man am Donnerstag dann den fahrenden Gemüsehändler und nutzt den Schirm gleich um den Regenguss abzuwettern. Kurzer small talk mit einer Universitätslehrkraft aus Deutschland, die mit Familie hier bei Freunden Urlaub macht. Und sie erzählt, dass sie vielleicht die nächsten Jahre in Trinidad an der Uni unterrichten kann, nachhaltige Verkehrskonzepte, was immer man sich hier darunter vorstellt.

Verkehrsalltag hier ist, alle nutzen die Straße, besonders Tiere, Hunde, Kühe, Ziegen, Hühner um einige, mit regem Verkehrsaufkommen zu nennen, Autos fahren in der Mitte, bzw. dort wo am wenigsten Löcher in der Straße sind, ausgewichen wird dann nach links, was die ursprüngliche Vorgabe der Verkehrsregelung ist. Wenn zwei aufeinander zukommen bleibt man stehen und weicht aus, alles sehr entspannt und für uns auffällig rücksichtsvoll. Nachdem man nirgends Autoleichen liegen sieht, scheint der, noch eher geringe Verkehr ganz gut zu funktionieren, auf jeden Fall nicht vergleichbar mit den Rasern in Grenada und unserem Verkehrswahnsinn in Europa. Scheint ein spannendes Projekt zu werden, man kann sicher immer voneinander lernen, vielleicht auch wir von den karibischen Inseln. 

Wir stellen uns schmunzelnd vor wie in Zukunft Hühner und Kühe auf frisch gezogene Linien eingeschult werden.

Freitag müssen wir uns leider doch noch mal aufraffen um nach Scarborough zu fahren, Sammeltaxibus gleich in der Früh, denn nur dort im Public Health Center bekommen wir die Gelbfieberimpfung. Hier in Charlotteville impfen sie nur wenn mindestens zehn Personen zusammen kommen, wird nicht so schnell sein, daher die Empfehlung zu unserem Freitagausflug. Dort angekommen erklärt uns die nette Dame am Schalter, dass sie nur montags impfen, denn heute werden die Kinder untersucht und geimpft. Sie sieht uns aber unsere Enttäuschung, nochmal herkommen zu müssen, an und bemüht sich um uns. Wir warten insgesamt zwei Stunden, werden immer wieder informiert, dass die zuständige Ärztin bald kommt, jetzt da ist, Bescheid weiß und uns dann bald dran nehmen wird. Alle sind sehr nett, wir die einzigen Weißen, die Warteräume alle gesteckt voll mit Müttern, Säuglingen und Kleinkindern, aber auch mit Verletzten und älteren Leuten. Hygienisch stehen sie uns nichts nach, mit der Freundlichkeit würden sie uns sicher den Rang ablaufen und gekostet hat uns die Impfung auch nichts, weil sie hier eine freie Gesundheitsleistung ist, auch für uns, nett. Wir bekommen den Eintrag im Impfpass mit Stempel und Unterschrift und beste Wünsche für unsere Reise. Jetzt sind wir für Mittelamerika gerüstet, denn dort könnte es Probleme geben wenn man aus einem Gelbfieberendemiegebiet ohne Impfstatus einreisen will und hier ist eines der roten Gebiete auf der Karte. 

Abgesehen davon will man keine dieser Tropenkrankheiten bekommen und auch wenn man sich noch so gut vor Gelsen schützt, irgendwann hat wieder mal eine gesaugt und womöglich die Viren in uns rein gespeichelt, besonders jetzt in der Regenzeit. 

 

Unser Ankerplatz vor der Pirates Bay bei Charlotteville entpuppt sich diesmal als nicht so günstig. Wir stehen an der 10 Meter Wasserlinie und trotzdem nahe genug zum Strand um von einer ganzen Horde Jugendlicher geentert zu werden. Robert ist gerade auf Langustenjagd ich alleine am Schiff. Da schwimmen sie daher und setzen sich frech auf unsere Badeplattform, einer klettert sogar vorne rauf und springt dann wieder rein, ob der bei den offenen Fenstern rein wollte, weiß man nicht so genau, ich hatte auf jeden Fall ein Auge auf sie, versuchte sie auch in ein Gespräch zu verwickeln, was aufgrund fast unverständlicher und kurzer Antworten nicht gelang. Als sie Robert ran schwimmen sahen und ich Ihnen zu verstehen gab, sie sollen jetzt abhauen denn der Chef kommt, waren sie auf die Minute alle im Wasser und dahin. Es bleibt ein ungutes Gefühl, wir ankern um und stellen uns noch weiter weg vom Strand und in der Nacht wird die hintere Luke wieder dicht gemacht. 

Eine der letzten Aufgaben hier ist alle TTD auszugeben, denn die braucht man nirgends mehr und umtauschen kann man sie auch nicht gut. Wir haben schon eher knapp abgehoben damit nichts übrig bleibt, gönnen uns hin und wieder ein Bier und zuletzt kaufen wir Brauchbares im Minisupermarkt, also Mehl, Gewürze, oder Treibstoff, der hier sagenhaft günstig ist. Am Wochenende kommt Dash, ein Fischer mit einem Thuna vorbei, da können wir nicht nein sagen, 30 TTD umgerechnet etwas über vier Euro, müsste sich noch ausgehen. In letzter Zeit essen wir viel Fisch und Langusten. Beides gibt es hier im Überfluss, selbstgefangen oder eben sehr günstig und frisch. Robert gefällt es hier so gut, dass er am liebsten noch länger hier bleiben möchte, ein paar Tage, oder wenigstens Dienstag und nicht Montag gleich los von hier. Montag früh diskutieren wir noch über die Vor- und Nachteile, befragen nochmal den Wetterbericht und entscheiden uns noch Montag zu starten. Leider wird dann erst nichts daraus, denn Custom und Immigration sind beide zu Mittag abgeschoben und kommen erst Dienstag wieder. Hier ticken die Uhren eben anders und Amtszeiten sind “so ungefähr” oder “sollte so sein” Vorgaben, auf jeden Fall selten so wie angegeben. Dafür hat genau der Beamte einen Stress wenn man Wochenendes sich nicht gleich anmeldet oder einen Stop macht. Wir fügen uns dem Lauf der Dinge und starten wieder mal nicht nach unseren Wünschen, sondern wie es den Behörden so beliebt, Erinnerungen an Brava kommen auf.

Dienstag geht es dann problemlos, unser Beamter ist gesprächig und gut gelaunt, fragt uns übers Segeln und was wir so beruflich machen, da wir ja jetzt nichts arbeiten. Nebenbei füllen wir drei oder vier Formulare aus, alle mit Durchschlag, dann wird gestempelt, sortiert, geklammert und die 50 TTD für den zweiten Monat kassiert. Am 13.6. sind wir hier angekommen, fast genau vor zwei Monaten, so genau wussten wir das nicht mehr, gut, dass wir nicht grad noch einen dritten Monat begonnen haben. Danach zur Immigration und weitere Papiere ausfüllen, auch hier wird gestempelt und hingebungsvoll sortiert und geheftet und dann zurück zum Custom ein paar Durchschläge abgeben, den Rest dürfen wir behalten.

Noch eine letzte Pointe zu Tobagos Bürokratie. Frage: "wann wollen sie heute abreisen?” Wir “um 19 Uhr” der Beamte gleich völlig unentspannt, geht nicht, wir müssen jetzt nachdem wir das Büro verlassen quasi gleich weg, also er kann uns noch bis 15 Uhr Zeit geben, mehr geht aber wirklich nicht. Schon komisch, die Immigration erlaubt uns noch bis morgen Nachmittag zu bleiben- da fragt man sich schon wieso die ihre Bestimmungen nicht besser abstimmen und wieso sie so pingelig sind. 

Uns egal, es war schön hier, sehr schön und wenn man die wenigen Stunden als Kabarett absolviert, hat es noch einen humoristischen Wert. 

Die letzten Wege an Land, es ist wie immer sehr warm, auch die Regentage waren nicht wirklich verregnet, sondern etwas bewölkter mit insgesamt zwei heftigeren Schauern. Ich beobachte ein letztes Mal eine Henne mit ihren sieben Küken, alle wuseln ihr nach, die Hälfte schafft den Sprung über den kleinen Straßengraben, der Rest bleibt verzagt stehen, echt blöd, also wieder zurück, was die andere Hälfte der Küken wieder vor fast unlösbare Probleme stellt. Es dauert eine Zeit bis alle wieder beisammen ihren Weg, quer über die Straße fortsetzen. Übrigens, man könnte sich so ein Huhn mitnehmen, die gehören niemandem, müsste man aber rasch essen, denn sonst gibt es bestimmt Probleme bei der Einreise ins nächste Land.

 

Die Überfahrt nach Grenada ist genauso traumhaft wie wir gehofft haben. Vollmond, sternenklar, mäßiger Wind von hinten, bzw. Halbwind, na da zischen wir mit sechs Knoten dahin und sind tatsächlich mit dem Morgengrauen am Ziel. Rein in die David`s Bay, vorbei am den kleinen Markierungsbojen die den Weg an den Riffen vorbei weisen. Wir schnappen uns eine freie Boje und begeben uns nach dem Frühstück zum Marineoffice. Für uns ist es wie ein nach Hause kommen, unser Boot war letzten Sommer hier am Yard und wir haben letztes Jahr den ganzen November hier verbracht und unser Schiff wieder flott gekriegt. Das Lokal am Wasser ist jetzt fertig und in Betrieb und man kann so gemütlich mit Blick auf Strand und Palme mit kaltem Drink das Internet nutzen, vorausgesetzt man hat sich mit Antimückenspray für die Blutsauger ungenießbar gemacht. Für sechs Euro am Tag haben wir neben dem Internet auch Dusche, können Wasser nehmen und den Müll entsorgen. Hier liegt man gut und ruhig, wir treffen uns mit Silvio von der SY Barbarossa, der hier für einige Monate arbeitet, die Tage nutzen wir und fahren mit dem Bus nach St. George's zum Einkauf. Am Heimweg klauben wir noch Limetten, Mangos und Brotfrüchte auf und bei unseren Spaziergängen in der Gegend finden wir noch allerhand anderes Obst. Schon krass wie viel da am Boden liegt und verfault, wir freuen uns über jedes brauchbare Stück und schneiden schon mal was weg, so wie zu Hause beim Fallobst. 

Die Woche vergeht schnell und Montag, Dienstag ist Karneval, da wird nirgends gearbeitet, alles feiert, zuerst ist die große Schlacht mit Öl und Farbe, die wir uns nicht geben, dann der Umzug am Abend und am Dienstag der große Karnevalsumzug mit Kostümprämierung. Montagnachmittag holt uns Hans Peter von der SY Selivra ab, der ja letztes Jahr hier am Berg mit Blick über die Buchten ein tolles Haus gebaut hat. Wir trinken noch ein Bier in seinem Wohnzimmer, welches gleichzeitig eine Terrasse mit Pool und eben diesem traumhaften Blick ist und bewundern das Haus und den Garten, der schon recht große Pflanzen hat. Unglaublich was in einem Jahr hier wächst, echt fruchtbar diese Insel. Und abends, eher spät fahren wir gemeinsam nach St. George's zum Umzug. Laute Musik und viel buntes Licht, da ist sicher ein Chinesenkontainer ausgeräumt worden. Man sieht alles, bunte Stäbe mit wechselnden Farben, leuchtende Haarreifen, Blumenketten, Helme, Leuchtherzen. Gürtel, usw. Im Dunklen ist dieses bunte Lichtermeer, welches sich etwas zäh am Hafen entlang bewegt, schon eindrucksvoll. Trotzdem kommt nicht wirklich Stimmung auf, die Musik ist das übliche Einheitsgehämmer, zu dem ein wackeliger Gang am besten passt, als Tanz geht das nicht durch. Die Masse schiebt sich vorbei und wir staunen wie viele mit fadem Gesicht mit marschieren. Komisch, noch dazu bezahlten die umgerechnet 30 Euro für den Spaß. So wird die Nacht nicht lang und wir sind noch vor Mitternacht wieder zurück am Schiff.

Dienstag segeln wir dann nach St. George's gehen vor Anker und fahren mit dem Dingi zum bunten Umzug. Wirklich schöne Kostüme mit viel Federn und Bemalung alles farblich gut abgestimmt, sogar die ganz kleinen sind mit dabei, als Schmetterlinge, Nixen usw. Um eins soll es beginnen, um halb drei ziehen die ersten Gruppen vorbei, dann passiert lange wieder nichts. Echt schade, dass alles hier so unorganisiert ist und einem beim Warten irgendwie die Lust vergeht. Es ist heiß, man wird müde und es scheint dass auch die Kostümierten ihre Auftritte irgendwie über die Bühne bringen wollen, auch heute kaum Stimmung. Wir bleiben lange und hören nachher noch länger die Bässe der Musik. 

Hier in St. George's treffen wir uns nochmal mit Ulli und Kurt von der Miss Pezi, gibt es doch einiges zu erzählen aus der Zwischenzeit seit Martinique. Für unseren Aufbruch dürfen wir noch ihr Internet nutzen um die Wetterberichte zu studieren und den richtigen Zeitpunkt für den Absprung zu finden. Ist wieder mal super blöd, drei so Depressionen mit „tropical storm“ bis Hurricanpotential schieben sich gerade über den Atlantik, zwei gehen sicher nördlich drüber, der erste trifft uns mit starken Winden oder mit Flaute, na da such mal aus was dir lieber ist. Wir warten ab, also wird es Donnerstag nichts mit Aufbruch. Freitagfrüh dann der angesagte Regen mit Flaute, bzw. wechselnden Winden, vorerst aus Nordost und schwach. Die Wetterberichte bestätigen, dass das erste Tief nördlich, mit ca 35 Knoten über die Antillen zieht, jetzt brauchen wir nur noch warten bis der Wind halbwegs stabil und wenn geht wieder aus Ost kommt und, wenn wir uns was wünschen dürfen, soll der Regen aufhören. Hier auf dem offenen Ankerplatz vor St. George's schaukelt die Welle schon ganz schön auf, man hat schon Segelfeeling, nur ohne Arbeit, weil man ja noch am Anker hängt und keine Segel bewachen und Ausschau halten muss. Trotzdem, das Warten nervt und macht müde, alles ist vorbereitet, man hat sich hier verabschiedet und möchte bald am anderen Ende der Strecke ankommen. Und Robert würde sich am liebsten rüber beamen, er kann auf die langen Segelstrecken verzichten, freut sich primär auf die Ruhe und Entspannung nach dem der Anker gefallen ist oder wir sicher an einer Boje hängen. 

So gegen Mittag wird es dann schon heller, das mit dem Regen hätten wir mal geschafft, nur der Wind lässt auf sich warten und bläst uns einige Stunden sogar aus West auf die Nase. Jetzt stehen wir in der Bucht völlig offen und es wird zunehmend ungemütlicher, da ist uns die erste Stunde mit südlichen Winden gerade recht, wir flüchten raus auf die offene See. Zuerst muss der Motor ein wenig mithelfen, vier bis sechs Knoten Wind mit wechselnder Welle, die teilweise wie Wasser im Nudelkochtopf aussieht, lässt sich nicht vernünftig segeln, so kommen wir zumindest mit drei bis vier Knoten voran, besser als nichts. Die Nacht beginnt dunkel , nur die Sterne beleuchten ein wenig die Fläche, der Mond verweigert die Tage seinen Schein, kommt erst um vier über den Horizont und dann als hauchdünne Sichel. Man sieht aber ganz gut und weil wir doch recht knapp an der venezolanischen Küste entlang segeln, so ca 20 Meilen von den vorgelagerten Inseln und Atollen entfernt, nutzen wir den Schutz der Dunkelheit und lassen unsere Lichter aus. Erst gegen zehn segeln wir ohne Motor dahin, leider zu spät um die Windsteuerung anzupassen, wir hatten sie seit der Atlantiküberquerung nicht mehr gebraucht und wollen uns das ganze anschauen und nicht nur erfühlen, da muss der Autopilot aushelfen, geht aber ohne Probleme. In der Früh ist die Windsteuerung dann rasch installiert und in Betrieb, sie klackert mit ihren neuen Teflonscheiben leise vor sich hin und tut ohne Störung den ganzen Tag ihre Arbeit. Die erste Nacht vergeht ruhig, keine Schiffe weit und breit, rund um uns Wetterleuchten, kein Donner und nur einmal ein kurzer Regenschauer. Vormittag dann gleich eine schöne Goldmakrele an der Angel, die in ihrem Todeskampf das ganze Cockpit versaut, Robert filetiert hinten, ich putze das Blut weg bevor alles eingetrocknet ist, dauert über eine Stunde, dann steht der Kochtopf für den Fischfond am Herd und die Filets warten in der Box auf ihre weitere Verarbeitung. Auch der Tag vergeht rasch, wir schlafen abwechselnd, lesen und beobachten das Glitzern des Meeres in der Sonne, die uns ganz schön einheizt. In der Nacht ziehen wir eine Leuchtspur hinter uns her, Plankton, welches wir aufwirbeln, mir gefällt sowas, überhaupt die Nächte mit ihrer Sternenpracht und den Sternschnuppen, die hier zahlreich über den Himmel rasen. Ich versehe sie mit Wünschen, dass wir gut ankommen und keine Erlebnisse mit Piraten haben. Komischerweise träumen wir beide von Überfällen und wie wir uns wehren, obwohl wir auch in der zweiten Nacht nur drei Frachter und ein kleineres Boot mit AIS Signal sehen. Der Wind legt pünktlich nach Einbruch der Dunkelheit zu, wir versuchen es vorerst nur mit Verkleinerung der Genua, funktioniert nicht, denn dann läuft das Schiff ständig aus dem Ruder, geht mit Windsteuerung gar nicht. Robert, der die erste Schicht schlafen wollte ist auch wieder auf, wir bemühen den Autopilot der genau jetzt komische Geräusche von sich gibt. Fehlersuche und zwischendurch mal mit der Hand steuern und das Groß reffen, die Genua anpassen und die Windsteuerung wieder aktivieren. Wenn es reizt dann ordentlich, auch die will nicht so recht und ich brauch eine Zeit bis ich den Fehler gefunden hab, die Rutschkupplung war nicht fest genug angezogen und hat den Ruderdruck nicht aufgenommen. Nebenbei findet Robert den Fehler beim Autopilot, zu wenig Hydrauliköl im System, wie sehen zwar kein Leck wo wir es verloren haben aber im Gefäß sind wir unter dem Minimum. Man kann sich nichts Schöneres vorstellen als nächtens am schaukelnden Schiff nach dem Öl zu suchen, ist ja alles gut verstaut, sodass man rum schlichten muss um an die Öffnungen der Stauräume und ans Öl zu kommen. So gegen Mitternacht ist auch die Ölnachfüllaktion erledigt, entlüftet wird das Ganze dann bei Tageslicht. Aller guten Dinge sind drei, heißt es, und tatsächlich blinkt der Kühlschrank in allen Farben, was Fehler bedeutet. Wie lange ist das denn schon so? Weiß man nicht so genau, denn wir hatten schon länger keine Zeit dem Kühlschrank bei der Arbeit zuzusehen,  Re Set und ein bisschen an den Kabeln wackeln, scheint vorerst eine ausreichende Reparatur zu sein, na hoffentlich wird das nicht noch eine größere Baustelle. 

Die zweite Hälfte der Nacht teilen wir uns zum Schlafen und Rauschen mit über sieben Knoten dahin, das entschädigt für die Strapazen und am Abend das feine Essen auf Tellern die man nicht bewachen musste geht als Luxus in die Geschichte ein. Sonntag lässt der Wind wieder nach und wir reffen aus, so bekommen wir unsere fünf Knoten Fahrt zusammen, es geht gut voran und wir berechnen, dass wir Montagmittag, oder später ankommen werden. Nur noch eine Nacht und dann die letzten 20-60 Meilen am Montag, je nachdem wie rasch wir in der Nacht vorankommen.

Leider nicht so toll, denn der Wind schläft zunehmend ein und wir schaukeln recht unangenehm in der Welle. Die Segel fallen immer wieder ein, was sehr viel Geschwindigkeit kostet und auch aufs Material geht. Wir wünschen uns ein wenig mehr Wind, angesagt war deutlich mehr, hat die Vorhersage wieder mal nicht gestimmt. Kaum wird es dunkel erscheint ein Lichtermeer am Horizont, hier wimmelt es nur so von Fischerbooten und Frachtern, teilweise haben sie ein AIS Signal, viele aber auch nicht. Die ersten Lichter die näher kommen sind uns sehr unangenehm, was tun, wenn das jetzt Piraten sind? Zum Glück brauchen wir nicht lange drüber nachdenken, denn sie entfernen sich wieder und insgesamt werden die Lichter weniger und schwächer. Wir segeln wieder ohne Licht um nicht gesehen zu werden, die Nacht vergeht mühsam, aber ohne weitere Aufregungen. In der Früh haben wir konstant um die 10 Knoten Wind, ideal für den Gennaker, also weg mit der Genua und rauf mit dem leichten Segel. Jetzt geht's gleich mit acht Knoten dahin, super! Leider nicht lang denn plötzlich schlägt der Wind um und wir können den Dreher nicht aussteuern und bevor wir noch handeln können hat sich der Ballon x-mal um das Vorstag gewickelt. Wir brauchen zwei Stunden bis wir ihn wieder ausgewickelt und mit Riss zurück in den Bergesack bekommen haben, echt besch…. Bevor wir die Genua wieder ausrollen frag ich noch vorsichtig ob Robert sieht ob das Spifall frei läuft oder noch um das Stag gewickelt ist. Denn dann dreht es sich ein, wenn die Genua sich ausdreht, allerdings nur so lange bis alles festklemmt und nichts mehr geht. Zum Glück haben wir es noch bemerkt, jetzt bleibt nur noch eins, rauf in den Mast und das Fall freiwickeln. Der Klettergurt ist rasch angelegt und mit den Stufen ist man auch rasch oben, es wackelt schon ganz schön und im Nachhinein merkt man erst wie man sich anklammert, ich hab sogar blaue Flecken davon. Gut, dass ich früher gerne klettern war, so geht das auch noch irgendwie und wir können weiter segeln. 

 

Gewonnen haben wir mit der Aktion nichts, der Wind lässt noch weiter nach und wir müssen noch ein paar Stunden den Motor bemühen, laufen dann gegen 20 Uhr, bereits in Dunkelheit in Kralendijk ein. Zum Glück haben uns Gaby und Michael von der SY La Joya eine Boje gesichert, lotsen uns hin und helfen uns beim Anlegen. Kurzer Plausch und wir fallen müde ins Bett, morgen erledigen wir den Rest. Wir sind gut angekommen, werden hier länger bleiben, der Kontrast zu Tobago und Grenada könnte nicht größer sein, mal sehn ob es uns hier auch so gut gefällt.